Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
warf sich mit einer blitzartigen Bewegung herum, vollführte eine halbe Drehung und schien sich regelrecht aus dem Wasser herauszukatapultieren, um des Mädchens doch noch habhaft zu werden. Es war etwas Persönliches, begriff Andrej, wie immer das auch möglich sein mochte. Er wusste, er würde nicht schnell genug sein, um Murida noch einmal aus der Reichweite der schnappenden Kiefer zu bringen.
Deshalb versuchte er es erst gar nicht, sondern warf sich der Bestie mit weit ausgebreiteten Armen entgegen. Im allerletzten Moment drehte er Kopf und Schultern weg und entging so den schnappenden Zähnen, so lang wie Abu Duns Daumen, aber um etliches breiter. Das Ungeheuer begrub ihn mit seiner schieren Masse unter sich und presste ihn erneut in den weichen Schlamm des Flussgrundes. Doch im letzten Moment warf es sich herum, und es gelang Andrej tatsächlich, die Bestie zu überraschen. Ohne das heftig zappelnde Krokodil loszulassen, stemmte er die Füße in den Morast, richtete sich auf und mobilisierte jedes bisschen seiner gewaltigen Kraft, um das Ungeheuer hochzureißen. Nicht einmal seine übermenschliche Stärke reichte aus, um es mit einer solchen Bestie aufzunehmen, aber das musste er auch nicht. Die Überraschung des Ungeheuers hielt nur einen halben Atemzug lang an, dann warf es sich abermals herum und jagte mit seiner ganzen monströsen Kraft auf die freche Beute zu, die es gewagt hatte, sich zu widersetzen. Statt diesen aussichtslosen Kampf aufzunehmen, warf sich Andrej zurück und herum und unterstützte den gewaltigen Satz des Krokodils auf diese Weise noch. Das Ungeheuer schoss an ihm vorbei und aus dem Wasser heraus und versetzte ihm einen weiteren gewaltigen Hieb mit seinem peitschenden Schwanz, doch für den Moment hatte seine Wut über seine Instinkte gesiegt, und mehr hatte Andrej nicht gewollt. Die gepanzerte Bestie landete genau in der Lache aus brennendem Öl und ging in einer gewaltigen Woge aus schlammigem Wasser und spritzenden Flammen unter. Taumelnd vor Schwäche wankte Andrej zurück, musste sich plötzlich anstrengen, um auch nur die Füße aus dem schlammigen Morast zu ziehen und hätte um ein Haar laut aufgeschrien, als er nur wenige Schritte neben sich Murida entdeckte, die mit dem Gesicht nach unten im Wasser lag und sich nicht rührte. Schwäche und Schmerz und das brennende Schiff hinter ihm waren vergessen. Mit einem einzigen Satz war er bei ihr, drehte sie auf den Rücken und hob sie weit genug aus dem Wasser, um ihren Arm über seine Schulter legen zu können. Murida war zu schwach, um zu gehen, aber ihr Herz schlug, sie war wach, und sie atmete, wenn auch in flachen, hektischen Zügen, die kaum genug Sauerstoff in ihre Lungen pumpen konnten, um sie bei Bewusstsein oder wenigstens am Leben zu erhalten. Andrej lud sie sich auf die Arme und watete weiter. Als er das Ufer fast erreicht hatte und ihm das Wasser nur noch bis zu den Hüften ging, ließ ihn ein Gefühl innehalten und über die Schulter zurücksehen. Hinter ihm raste ein Albtraum heran. Es war eine persönliche Angelegenheit, dessen war er nun gewiss, eine Fehde, die das Schicksal ganz allein mit ihm austrug. Das Krokodil brannte. Ein Auge war erloschen, und aus seinem weit aufgerissenen Maul züngelten Flammen, wie um es endgültig zu dem Feuer speienden Ungeheuer aus der Legende zu machen.
Ihm blieb keine Wahl. Er hatte keine Waffe mehr, und selbst wenn es anders gewesen wäre, wäre ihm nicht die Zeit geblieben, sie zu ziehen. Ihm blieb nur, das Mädchen in hohem Bogen in Richtung des Ufers zu werfen, wo es sich im Schilf mehrmals überschlug, bevor es reglos liegen blieb. Dann stellte er sich dem Ungeheuer mit weit ausgebreiteten Armen entgegen. Im letzten Moment tauchte das Krokodil und schoss unter Wasser weiter auf ihn zu. Sein Maul klappte noch weiter auf, und es kostete Andrej nun all seine Schnelligkeit und jedes bisschen Kraft, dem gewaltigen Zuschnappen ein zweites Mal zu entgehen. Prompt warf sich das Ungeheuer herum und rammte ihn nicht nur mit seiner gepanzerten Flanke, sondern versetzte Andrej zusätzlich einen Schlag mit seinem Hinterlauf, der ihn nur deshalb nicht von den Beinen riss, weil er noch immer fast hüfttief im Wasser stand, aber eine heftig blutende Wunde in seinem Knie hinterließ. Andrej wankte, entging durch mehr Glück als Verstand einem weiteren Peitschen des geschuppten Schwanzes, das heftig genug gewesen wäre, ihm mehrere Knochen zu brechen, und musste schon wieder einen ungeschickten
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