Vorstadtkrokodile 3 - Freunde für immer
1
»Jetzt«, sagte Maria.
Hannes nahm die Hand von den Augen und lächelte verlegen. Er war sehr gerührt, als er die Überraschung sah.
»Wow!«
Maria hatte eine Decke auf dem Steg ausgebreitet und rote Rosenblätter darauf gestreut. In der Mitte stand ein Kuchen! Ein Schokokuchen für Hannes. Mit dreizehn Geburtstagskerzen. Und obendrauf das Abzeichen der Vorstadtkrokodile. Aus giftgrünem Zuckerguss.
»Happy Birthday«, wünschte Maria leise.
Hannes drückte ihr einen Kuss auf die Lippen, auf die sie ein zartes Rosa aufgetragen hatte. Der Lidschatten und die Wimperntusche ließen ihre Augen größer erscheinen. Statt eines ihrer üblichen Tanktops trug sie ein rotes Trägerkleid mit weißen Punkten. Sie sah einfach toll aus!
Der Steg am See gehörte ihnen ganz allein. Am Ufer lagen Pärchen und knutschten. Von der nahen Wiese untermalten romantische Gitarrenklänge die Stimmung. Das waren die Typen, die kein Mädchen, stattdessen aber eine Gitarre in den Armen hielten. Auf dem Wasser waren gelbe Tretboote unterwegs.
»Und noch was«, sagte Maria und überreichte Hannes lächelnd ein Geschenk, das sie liebevoll verpackt hatte.
Er schüttelte das Päckchen.
»Na, was kann das wohl sein?«, fragte Maria.
»Hauptsache kein Buch«, meinte Hannes. Er lachte und riss das Papier auf. Sein Lachen erstarb.
»Geil. Ein … Roman!«, sagte er ohne große Begeisterung.
Er betrachtete das Cover – ein Vampir-Liebesroman. Für ihn?
»Biss ins Herz …«, sagte er und grinste.
»Das ist die Fortsetzung von dem Film, den wir gesehen haben«, half ihm Maria auf die Sprünge, schien sich ihrer Sache aber nicht mehr so sicher zu sein. »Den du so gut fandest …«
»Transformers?«
»Nein, der mit den Vampiren! Die Liebesgeschichte!«
»Ah ja, der«, erinnerte Hannes sich endlich. »Wow! Geil!«
»Der zweite Teil soll noch romantischer sein. Wenn du’s durchhast, musst du’s mir ausleihen, weil ich unbedingt wissen muss …«
Aber da hatte Hannes schon die letzte Seite des Romans aufgeschlagen und las vor: »Er nahm ihre Hand. Sie war tot. Tot. Tot. Tot.«
»… wie es mit den beiden ausgeht«, vollendete Maria den Satz und schaute ihn fassungslos an.
»Yeaah! Damit hab ich dir jetzt 456 Seiten gespart«, sagte Hannes leichthin.
Maria schluckte, meinte dann aber trocken: »Vielleicht hätte ich dir lieber eine Portion Romantik schenken sollen …«
Hannes wollte gerade etwas erwidern, als wummernde Bässe ihn ablenkten und jemand lauthals »Happy Birthday!« brüllte. Maria blickte verstört auf. Die ganze Umgebung war auf einmal von dumpfem Gedröhne erfüllt. Die umliegenden Pärchen hörten sogar auf zu knutschen und sahen sich um.
Das Wummern kam aus einem Gettoblaster, der mit Riemen an einem Fahrradlenker befestigt war. Und gebrüllt hatte – Jorgo. Er kam gerade an der Uferpromenade zum Stehen und trug sein übliches Disco-Outfit: ein grässlich buntes Polohemd und im gleichen Stil ein Sun Cap. Beides so hässlich, dass es fast schon wieder schön aussah. Die Lederjacke, die so etwas wie eine zweite Haut für ihn war, hing heute über der Rückenlehne seines Bonanzarads.
Flink stieg er ab und schulterte seinen Gettoblaster.
Hinter ihm erreichten jetzt auch Frank, Peter und Kai die Uferpromenade. Gleich konnte die Show beginnen. Frank und Peter hievten einen Vita-Malz-Träger aus Peters Fahrradanhänger und liefen hinter Jorgo her. Frank bewegte sich lässig zu den Klängen, die aus dem Gettoblaster schallten. Peters Hip-Hopper-Gesten – oder das, was er dafür hielt – wirkten dagegen eher verkrampft, obwohl er sich echt viel Mühe gab. Aber wahrscheinlich gerade deshalb.
Kai, der inzwischen den Rollstuhl von seinem Handbike entkoppelt hatte, rollte seinen Freunden hinterher und schien sich köstlich zu amüsieren. Er war glücklich, dass er zu den Krokos gehörte. Anfangs war er für sie immer nur der »Spasti« gewesen, mit dem sie nichts zu tun haben wollten. Nur Maria stand auf seiner Seite. Und natürlich Hannes. Dem hatte er das Leben gerettet. Aber das war jetzt auch schon wieder ganz schön lange her und eine andere Geschichte.
Die langhaarigen Gitarrenjungs guckten entgeistert, als Jorgo wippend mit dem brüllend lauten Gettoblaster an ihnen vorbeizog. Ein erstklassiger Auftritt, dumm nur, dass er im nächsten Augenblick volles Rohr gegen einen Mülleimer rannte.
Da mischte sich das Knattern eines Mopeds zwischen das Bass-Gewummer. Der Fahrer war niemand Geringeres als Olli. Er trug
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