Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
um genau zu sein. Mein Name ist Emilia, aber hier in Amerika nennen mich alle Emily.«
Ich entspannte mich ein wenig. Radomila und ich unterhielten eine professionelle und einvernehmliche Beziehung. Sie war die Anführerin des Tempe-Zirkels, der aus dreizehn Hexen bestand, die allesamt etwas von ihrem Geschäft verstanden. Radomila war ziemlich mächtig, und ich wollte sie nicht gerne zur Feindin haben. In einem direkten Zweikampf könnte ich sie möglicherweise sogar besiegen, aber anschließend würde mich ihr gesamter Zirkel jagen, und gemeinsam würden die Hexen mich zum Frühstück verspeisen und der MORRIGAN den Stinkefinger zeigen, denn höchstwahrscheinlich hatten sie eigene Todesgötter auf ihrer Seite.
»Warum brauchen Sie meine Hilfe, Emily?« Ich schüttelte ihr nur einmal kurz die Hand, weil ich wusste, sie würde den Körperkontakt nutzen, um meine Kräfte abzuschätzen. Doch das funktioniert bei uns Druiden nicht allzu gut. Wir beziehen unsere Kraft aus der Erde, wenn wir sie benötigen, dahernahm Emily vermutlich nur die niedrige Energie wahr, deren es bedurfte, um Oberons Tarnung aufrechtzuerhalten. Dieser Umstand hatte schon mehr als einen Gegner dazu verleitet, mich zu unterschätzen, daher war es in Ordnung für mich. Ich hielt es nicht für sinnvoll, mich mit meinen Fähigkeiten zu brüsten wie ein eitler Pfau. »Ist Radomila nicht mehr imstande, sich selbst um ihren Zirkel zu kümmern? Außerdem können Sie dieses Problem doch sicher sehr gut alleine lösen. Dazu brauchen Sie mich nicht.«
»Das ist richtig«, sagte sie. »Aber Radomila möchte sich nicht an der Zubereitung dieses speziellen Trankes beteiligen. Ebenso wenig wie ich. Daher suchen wir … Hilfe von außen.«
»Aber wieso kommen Sie ausgerechnet zu mir? Ich bin nur ein freundlicher Apotheker, der weiß, dass es tatsächlich Hexen gibt.«
»Ich ersuche Sie höflichst, dergleichen Spiegelfechtereien zu unterlassen. Ich weiß sehr wohl, wer und was Sie sind, Druide.«
Gut. Jetzt lagen die Karten also offen auf dem Tisch. Ich studierte erneut ihre Aura, die überwiegend rot leuchtete und förmlich vibrierte vor Machthunger. Womöglich war Emily doch älter als ein Jahrhundert. Collegestudenten beginnen ihre Sätze heutzutage nicht mit: »Ich ersuche Sie höflichst«, noch dürfte ihnen der Ausdruck »Spiegelfechtereien« geläufig über die Lippen kommen.
»Und ich weiß auch, was Sie sind, Emily von den Schwestern der Drei Auroras.« Ihr Mund formte ein kleines, überraschtes O , weil ich den wahren Namen ihres Zirkels verwendete. »Wenn Sie diesen Kerl nicht selbst demütigen wollen, will ich es auch nicht.«
»Wenn Sie diese Angelegenheit für uns übernehmen, dann stehen Radomila und ihr Zirkel tief in Ihrer Schuld«, sagte Emily.
Ich hob eine Augenbraue. »Besitzen Sie die Vollmacht, in Radomilas Namen eine solche Zusicherung zu machen?«
»Ja, die besitze ich«, erwiderte sie und schob mir über die Theke einen Zettel zu. Die Worte darauf waren in Radomilas Handschrift geschrieben. Und der Fleck darunter war Radomilas Blut – selbst in getrocknetem Zustand konnte ich die Kraft darin spüren. Oh ja, sie besaß die Vollmacht.
Ich schnappte mir den Zettel von der Theke und schob ihn tief in meine Tasche. »Nun gut«, sagte ich. »Ich willige ein, diesen Tee zu brauen, im Austausch für einen Gefallen, den Ihr Zirkel mir ab sofort schuldet – vorausgesetzt, Sie befolgen meine Instruktionen peinlich genau und zahlen mein übliches Honorar.«
Sie zierte sich zunächst ein wenig, denn offensichtlich war sie davon ausgegangen, mit der Übergabe des Zettels wäre alles geregelt. Aber schließlich nickte sie knapp. »Einverstanden«, sagte sie.
»Ausgezeichnet.« Ich lächelte. »Wie lange wünschen Sie für diesen Mann unattraktiv zu bleiben?«
»Eine Woche sollte ausreichen.«
»Dann werden Sie morgen um die gleiche Zeit hier erscheinen, und von da an eine Woche lang jeden Tag, um den von mir zubereiteten Tee zu trinken. Bei Nichterscheinen wird unsere Vereinbarung automatisch hinfällig, ohne Rückerstattung des gezahlten Honorars.«
»Ich verstehe und willige ein.«
»Morgen bringen Sie mir einen Verrechnungsscheck über zehntausend Dollar mit.«
Sie riss die Augen auf. »Unmöglich!«, fauchte sie und hatte damit gar nicht mal so unrecht. Normalerweise berechne ich für meine pharmazeutische Tätigkeit nie mehr als zweihundert Dollar. »Das ist niemals Ihr übliches Honorar!«
»Wenn der Tempe-Zirkel sich nicht um
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