Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
die Art mehr davon.«
»Aber wenn wir sie offen auslegen, kann man sie viel leichter klauen.«
Ich zuckte mit den Achseln. »Darüber mache ich mir keine Sorgen.« Was zutraf. Alles im Laden war mit dem gleichen Bindezauber belegt, den ich auch auf Fragarach in meinem Garten gewirkt hatte. Nichts konnte die Tür passieren, ohne dass man es zuvor auf die Theke neben eine der Kassen gelegt hatte. Schon mehr als ein Möchtegern-Dieb war von den Gegenständen in seiner Tasche kraftvoll zurück in den Laden gezogen worden.
»Okay, ich schalte dann mal die Musik ein. Keltische Flöten?«
»Nö, mir ist heute Morgen mehr nach Gitarren – dieses mexikanische Duo, Rodrigo y Gabriela.«
»Alles klar.« Perry schlenderte in den hinteren Teil des Ladens, wo die Anlage stand, während ich über der Spüle einige Kessel füllte und auf die Kochplatte stellte. Kurz nach der Öffnung des Ladens würden die ersten Stammgäste eintreffen, daherwar es gut, kochendes Wasser parat zu haben. Ich spähte hinüber zu den Zeitungsregalen, aber Perry hatte sie bereits bestückt.
Aus den Boxen drangen spanische Gitarrenklänge, World Music, die den Kunden verriet, dass sie hier Ruhe vor werbeverseuchtem Privatradio finden würden, ebenso wie vor allem anderen, das denaturiert, konfektioniert und sämtlicher Geheimnisse beraubt war. Perry schlenderte zur Eingangstür, schwenkte seinen Schlüsselbund und fragte: »Soll ich aufsperren?«
Der Erste, der durch die offene Tür spazierte, war mein Tages-Anwalt Hallbjörn Hauk – der sich in Anpassung an den modernen amerikanischen Sprachgebrauch kurz Hal nannte. Er trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd und eine blassgelbe Krawatte. Sein kurzes Haar war wie üblich makellos frisiert, und das tiefe Grübchen in seinem Kinn wirkte wie ein senkrecht stehendes Lächeln. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er ein Werwolf ist, hätte ich ihn glatt zum Präsidenten gewählt.
»Schon die Morgenzeitung gelesen, Atticus?«, fragte er ohne Vorrede.
»Noch nicht«, gab ich zu. »Übrigens, guten Morgen, Mr. Hauk.«
»Richtig. Also, dann solltest du besser gleich mal einen Blick reinwerfen.« Er griff sich eine Ausgabe der Arizona Republic , klatschte sie vor mir auf die Theke und deutete auf die Überschrift der Spalte rechts auf der Titelseite.
»Jetzt verrat mir doch eins, Kumpel«, sagte er mit einem aufgesetzten irischen Akzent, gewürzt mit einer Prise altem Isländisch, »du hätt’st wohl nicht zufällig ne Idee, was es mit diesen Unerquicklichkeiten hier auf sich haben könnte?«
Die Schlagzeile lautete: RANGER TOT IM PAPAGO PARK AUFGEFUNDEN.
Ich legte meinen amerikanischen Akzent ab und entgegnetein gleicher Weise: »Hab ich mehr Ahnung von, als mir’s recht ist, das jetzt nur mal so zwischen mir und meinem Anwaltsgeheimnis.«
»Hab fast so was vermutet. Letzte Nacht hab ich Coyote lachen hören, und der amüsiert sich ja nicht über die harmlosen Späße, stimmt’s?«
»Nein, Sir, das tut er gewiss nicht. Kann sein, dass ich deine Hilfe brauch, und zwar eher früher als später.«
»Richtig. Seh’n wir uns zum Lunch im Rúla Búla?« Er meinte den Irish Pub am nördlichen Ende der Mill-Avenue, der so was wie mein Stammlokal war. »Schätze, es ist höchste Zeit, dass wir einander mal so richtig das Herz ausschütten, und warum sollten wir das nicht bei den besten Fish and Chips tun, die in dreißig Staaten zu kriegen sind.«
Ich nickte und sagte: »Punkt zwölf Uhr mittags, Sir.« Dabei hatte ich keine Ahnung, wie er auf die Zahl dreißig kam. In welchen der übrigen zwanzig amerikanischen Bundesstaaten gab es bessere Fish and Chips als im Rúla Búla? Offensichtlich hatte er der Fish-and-Chips-Kochkunst mehr Aufmerksamkeit gewidmet als ich, und ich verspürte zugegebenermaßen ein leichtes Schuldbewusstsein. Die besten Fish and Chips im Land, das war für mich mehr als nur ein müßiger Zeitvertreib, und ich hatte meine diesbezüglichen Recherchen schon längere Zeit sträflich vernachlässigt. Die meisten Lokale taten sich in dem einen oder dem anderen hervor, aber man fand nur selten Etablissements, die beiden Zutaten dieser kulinarischen Köstlichkeit dieselbe Liebe und Sorgfalt angedeihen ließen. Das Rúla Búla war einer der wenigen Irish Pubs, die sich sowohl auf die Zubereitung der Kartoffeln als auch auf die des Fisches verstanden, was für mich mit einer der ausschlaggebenden Gründe gewesen war, in Tempe Wurzeln zu schlagen.
»Richtig. Bis dann
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