Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
auch?«, erwiderte er.
»Ihr habt diesen Mann gesehen?«, fragte Trahn rasch. »Sicher. Das ist der Verräter. Wir sind auf der Suche nach ihm und seinem Freund.«
»Was für ein Freund?«, wollte Trahn wissen, und sein Tonfall wurde immer drängender.
»Auch er war ein Magier«, erklang eine andere Stimme. Ein schlanker Mann mit dunklen Augen und wirrem, dunklem Haar trat aus der Menge hervor. »Er war groß und muskulös. Sein Haar war lang und hell, und er hatte einen Bart.« Orris, dachte Alayna. Er hat die Begegnung mit Sartol überlebt. Arick sei gelobt.
Trahn wandte sich wieder Wenfur zu. »Ihr glaubt, dass auch dieser Mann ein Verräter ist?«
»Wir wissen es«, erwiderte der Mann. »Er hat den großen, dünnen Magier aus dem Gefängnis befreit.«
Trahn seufzte. »Wann ist das alles geschehen?«
»Heute Abend, vor nicht einmal einer Stunde«, sagte Wenfur. »Als euer Freund - Sartol war sein Name, nicht wahr? - als er hörte, dass der Verräter geflohen war, sagte er uns, er müsse rasch zur Großen Halle zurückreiten und den Rest des Ordens alarmieren. Aber er hat uns angekündigt, dass er Magier schicken würde, die den Verräter holen und die Zeugen mit nach Amarid nehmen würden. Wir haben angenommen, dass es länger dauern würde, aber als wir euch sahen, glaubte ich, dass ihr vielleicht -« »Selbstverständlich«, unterbrach ihn Trahn. »Wir verstehen. Aber von welchen Zeugen sprichst du?«
»Von uns allen«, erwiderte Wenfur und breitete die Arme aus. »Obwohl ich annehme, dass man für den Prozess gegen den Verräter nur einige brauchen wird.«
Jaryd schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er gehört hatte. »Ihr habt gesehen wie Baden ... ihr habt gesehen, wie er etwas tat?«
»Wir haben gesehen, wie er das Land verriet«, sagte Wenfur kühl. »Der Eulenmeister hob den Stab, um unsere Angreifer zu töten, und der Verräter versuchte ihn aufzuhalten. Zum Glück war der Eulenmeister zu stark für diesen Baden, und er hat die Abtrünnigen trotzdem umgebracht.«
Jaryd setzte dazu an, etwas zu sagen, aber Trahn legte ihm warnend die Hand auf die Schulter. »Ihr sucht jetzt also nach dem Verräter und seinem Freund?«, fragte der dunkelhäutige Magier ruhig.
»Ja, Falkenmagier«, antwortete Wenfur und betrachtete Jaryd etwas reservierter als zuvor. »Der Eulenmeister war der Ansicht, wir hätten nichts zu befürchten. Der Verräter hat keinen Stab mehr; der Eulenmeister hat ihn mitgenommen, als wir ihn ins Gefängnis brachten. Und der Eulenmeister sagte uns auch, dass der Vogel des blonden Falkenmagiers tot sei.«
Trahn warf Jaryd und Alayna einen Blick zu. Seine Miene war grimmig. »Was hat er euch noch gesagt?«, fragte er, als er sich wieder Wenfur zuwandte.
Wenfur sah die drei Magier stolz und trotzig an. »Er hat uns befohlen, die Abtrünnigen zu finden und sie ins Gefängnis zurückzubringen«, erwiderte er. »Und falls sie sich wehren sollten, sagte er, dann sollten wir sie töten.«
5
A ls Baden das tiefe Blau von Jaryds Ceryll sah, empfand er eine Erleichterung, von der er vor kurzer Zeit noch nicht geglaubt hätte, dass sie möglich wäre. Seit Tagen hatte schon der kleinste Gedanke an seinen Neffen ihm nur Schmerz und Trauer verursacht. Er hatte versucht zu glauben, dass Jaryd und Alayna Sartol irgendwie entkommen waren und danach auch Therons Hain überlebt hatten, aber mit jedem weiteren Tag, an dem er nichts von Trahn hörte, war ein wenig mehr von seiner Hoffnung vergangen. Als er nun spürte, wie ihm Freudentränen über die Wangen liefen, begriff er, dass er offenbar irgendwann in den letzten Tagen jede Hoffnung aufgegeben hatte.
»Komm schon«, drängte Orris, dessen Züge von einem seltenen Lächeln erhellt wurden. »Wir müssen sie irgendwie auf uns aufmerksam machen.«
In sicherem Abstand zu dem Suchtrupp, der wohl ebenfalls die drei Reiter bemerkt hatte und nun auf die Steinbrücke zueilte, schlichen sich Baden und Orris zum Fluss zurück. Dann zogen sie nach Norden und folgten ihren Freunden unentdeckt auf dem Weg durch die Stadt. Sie beobachteten, wie die Leute aus der Stadt sich den drei Magiern näherten, und einen Augenblick fürchtete Baden, die Menge würde sie ebenfalls für Verräter halten. Das schien allerdings nicht der Fall zu sein, und nach einiger Zeit kehrten die Bewohner von Wasserbogen wieder zum Marktplatz zurück und ließen Jaryd, Alayna und Trahn allein.
Als er sicher war, dass der Suchtrupp weit genug entfernt war, schloss
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