Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
bezichtigen«, antwortete Baden. »Was er danach plant, kann ich nicht mit Sicherheit sagen.« »Er kann doch nicht wirklich glauben, dass er damit durchkommt«, warf Jaryd ein. »Niemand würde ihm glauben.« Baden grinste. »Bei den Beweisen, die er hat, würde sogar ich ihm glauben. Vergiss nicht, Jaryd, er geht davon aus, dass Theron dich und Alayna getötet hat. Soweit er weiß, ist Orris der einzige überlebende Zeuge dessen, was er bei Therons Hain getan hat. Und er hat außerdem drei Zeugen, die gesehen haben, wie Orris mich aus dem Gefängnis holte.«
»Aber du hast Freunde im Orden«, sagte Alayna. »Glaubst du, er wird sie ebenfalls überzeugen können?«
»Das ist schon möglich«, erklärte Orris. »Verschwörungen erschrecken die meisten Menschen und machen ihnen Angst, und wir alle haben irgendwann einmal den einen oder anderen Magier gegen uns aufgebracht. Wir haben ebenso viele Feinde wie Freunde.«
»Ich fürchte, Orris hat Recht«, bestätigte Baden. »Diese Angriffe und der Anschlag auf die Große Halle haben viele verängstigt. Und Sartol kann sehr überzeugend sein; er hat uns alle viele Jahre lang getäuscht.« Alayna wandte den Blick ab, und Baden verspürte tiefes Mitgefühl. Sie gibt sich selbst die Schuld, begriff er. Sie glaubt, sie hätte es wissen müssen.
Er dachte daran, etwas dazu zu sagen, aber dann sah er, wie Jaryd sich zu ihr beugte und ihr kurz etwas ins Ohr flüsterte, und er stellte erleichtert fest, dass sie daraufhin lächelte und nickte. Die beiden bauen da etwas auf, dachte er, etwas ganz Besonderes. Wieder bewirkte der Gedanke, dass er in sich hineinlächelte. Trotz der Warnungen, die er Jaryd gegenüber bei der Versammlung ausgesprochen hatte, trotz seiner eigenen, schmerzlichen Erfahrungen mit Sonel freute er sich für die beiden jungen Leute und war gerührt darüber, wie glücklich Jaryd aussah. Und beim Anblick der beiden grauen Falken, die auf ihren Schultern hockten und einander so ähnlich sahen, dass sie Spiegelbilder hätten sein können, fragte sich Baden, ob die Lehren, die er in seiner eigenen unglücklichen Beziehung erhalten hatte, diesen jungen Menschen wirklich etwas bedeuten konnten. Es kam ihm beinahe so vor, als hätten die Götter ihnen ein Zeichen aufgeprägt, so dass sie einander erkannten, und er merkte, dass seine Freude für sie von einem anderen Gefühl getrübt wurde, einem, das er absolut nicht erwartet hatte - einem, das er lange nicht mehr empfunden hatte. Er war neidisch. Er hätte beinahe laut gelacht, als er das begriff. »Ich verstehe schon, dass wir es nicht mehr allzu eilig haben, nach Amarid zurückzukehren«, sagte Orris und riss Baden damit aus seinen Überlegungen, »aber ich würde gerne so schnell wie möglich aus der Umgebung von Wasserbogen verschwinden.« »Das ist nur klug«, stimmte Trahn ihm zu. »Ihr beide habt euch da gestern Abend ein paar Feinde gemacht. Ich würde gerne eure Seite der Geschichte hören.«
Baden grinste seinen Freund an. »Da bin ich sicher.« Rasch beschrieb er Trahn, Jaryd und Alayna die Ereignisse der vergangenen Nacht, obwohl er zunächst die seltsamen Vögel und Waffen, die die Angreifer mit sich führten, nicht erwähnte. Das konnte noch warten.
»Ich habe das alles nur aus der Ferne beobachtet«, fügte Orris hinzu, nachdem Baden seine Geschichte beendet hatte. »Ich war immer noch nicht sicher, ob ich Baden trauen konnte. Und da Pordath ... nicht mehr bei mir ist, hätte ich ihm im Kampf wenig helfen können.« Es war dem Falkenmagier deutlich anzusehen, wie unbehaglich er sich fühlte, aber er sprach trotzdem weiter. »Ich bin der gleichen Ansicht wie Baden«, erklärte er. »Der Fremde hat Sartol erkannt und wollte gerade mit ihm sprechen, als Sartol ihn tötete.« Orris wollte noch mehr sagen, aber dann hielt er mit einem Blick zu Baden inne.
»Ist das denn den Leuten in der Stadt nicht auch aufgefallen?«, fragte Jaryd, und es schien, als hätte er den Blickwechsel zwischen Orris und dem Eulenmeister nicht bemerkt.
»Das mag sein«, sagte Baden, »aber selbst wenn, dann hätte es ihnen nichts bedeutet. Sartol hat die Männer getötet, die ihre Häuser zerstört und ihre Verwandten und Nachbarn umgebracht haben. Er hat sein Geheimnis bewahrt und sich zu einem Helden gemacht. Es ist ihm auch gelungen, es so darzustellen, als hätte ich die Fremden schonen wollen.« »Wie du das erzählst, klingt es, als hätte er alles geplant gehabt«, sagte Alayna. »Aber er kann doch höchstens das
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