Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
bot Baden auch einen geflickten, aber brauchbaren Sattel an, den der Eulenmeister ebenfalls gerne annahm. Im Austausch dafür setzte Baden seine Magie ein, um mehrere Holzzäune zu reparieren und eine Brandwunde zu heilen, die der Bauer sich zwei Tage zuvor zugezogen hatte. Es schien ein gerechter Tausch zu sein, und Baden machte sich nach kaum mehr als einer Stunde auf den Weg.
Bevor er allerdings in Richtung Amarid aufbrach, kehrte er noch einmal zu dem felsigen Strand zurück, von wo aus er sich so oft im Geist mit seinen Freunden verbunden hatte, um ein schützendes Netz vor der Küste zu errichten. Dichter Nebel hing über der See und verdunkelte den Himmel, aber die Luft war ziemlich warm und brachte ein zögerndes Versprechen von Frühling mit. Vor zwei Wochen hatte es endlich aufgehört zu regnen, und die dicken Knospen der Ahornbäume und Eichen, die nahe der Küste wuchsen, begannen sich bereits zu öffnen. Baden ritt fast bis zur Wasserlinie, stieg ab und setzte sich auf einen Felsvorsprung. Und wie schon so oft zuvor tastete er mit seinem Bewusstsein nach Norden und nach Süden, zum Oberen Horn, wo sich Mered im vergangenen Sommer niedergelassen hatte, und nach Jaryds und Alaynas Heim in der Südbucht. Wie er schon angenommen hatte, war im Norden niemand mehr zu finden; Mered hatte sich bereits auf den Weg nach Amarid gemacht. Jaryd jedoch war noch im Süden. Wartest du noch auf Alayna?, fragte der Eulenmeister seinen Neffen.
Ja, sendete der junge Magier. Sie sollte bis morgen Abend hier sein. Wir machen uns dann am nächsten Morgen auf den Weg. Aber es fällt mir schwer zu warten. Jedes Mal, wenn ich meinen Ceryll ansehe, habe ich das Gefühl, ich müsste mich aufs Pferd schwingen und losreiten.
Baden grinste. Es kam ihm immer noch seltsam vor, dass Jaryd inzwischen ganz selbstverständlich davon sprach, quer durchs Land zu reiten. Bei seiner ersten Versammlung vor beinahe fünf Jahren hatte sein Neffe mehr Angst davor gehabt, in den Sattel zu steigen, als vor der Aussicht, dem unbehausten Geist Therons gegenüberzutreten. Ein oder zwei Tage werden nicht viel ausmachen, sagte Baden. Ich bin sicher, dass ihr vor mir eintreffen werdet.
Gehst du zu Fuß?, fragte Jaryd.
Nein, ich werde reiten, aber mit dem Pferd ist nicht viel Staat zu machen.
Pass bloß auf, dass Trahn dich nicht so reden hört, meinte Jaryd. Baden spürte das Lachen des jungen Mannes. Er wird behaupten, dass du einfach nur undankbar bist.
Er wird noch viel Schlimmeres behaupten, erwiderte Baden. Jaryds Gedanken wurden wieder ernst. Hast du irgendeine Ahnung, was passiert ist, Baden?
Nein. Ich nehme an, dass Sonel versuchen wird, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Deshalb bin ich zur Küste zurückgekehrt - hier sucht sie für gewöhnlich nach mir. Ich denke, es geht um Orris, sagte Jaryd. Wahrscheinlich hat jemand herausgefunden, dass er Baram aus dem Gefängnis geholt hat.
Baden zuckte die Achseln. Mag sein. Wahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich, gab er resigniert zu. Wir werden es bald genug herausfinden. Der Eulenmeister seufzte tief. Wenn sein Neffe Recht hatte, dann würde diese Versammlung noch schlimmer werden als die letzten. Kein angenehmer Gedanke. Ich wünsche euch beiden eine gute Reise, Jaryd, übermittelte Baden schließlich.
Ich dir ebenfalls, Baden. Bis bald.
Dann war Jaryd aus seinem Geist verschwunden, und Baden war wieder allein in dem dünner werdenden Nebel an Aricks Meer. Es wurde langsam heller, je mehr sich die Sonne durch die Wolken kämpfte. Der Nachmittag würde warm werden. Baden blieb weiter auf dem Felsvorsprung sitzen und lauschte den Wellen, die an den Strand rauschten. Er betrachtete seinen Ceryll und wartete auf das Zeichen, von dem er wusste, dass es früher oder später kommen würde: das Flackern von Sonels grünem Licht in all dem blinkenden Orange. Er brauchte nicht lange zu warten. Ich habe schon damit gerechnet, von dir zu hören, übermittelte er, als er die Verbindung zu ihr hergestellt hatte. Für jemanden, der nie gerne mittels des Ceryll-Var kommuniziert hatte, weil es einfach zu anstrengend für ihn und seinen Vogel war, hatte Baden diese Technik in den letzten paar Jahren häufig verwendet.
Das dachte ich mir schon, erwiderte sie. Ihre Gedanken fühlten sich reserviert und distanziert an, wie sie es seit dieser Nacht im Spätherbst immer gewesen waren, in der er ihr erzählt hatte, dass Orris mit Baram nach Lon-Ser gegangen war. Es tat immer noch weh, dass sie sich so kühl gab.
Weitere Kostenlose Bücher