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Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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Nirgendwo führte. Nachdem er noch mehrere Kurven genommen hatte, fand er sich vor einer größeren offenen Höhle wieder. Die Felsendecke war hoch und durch mehrere Öffnungen fiel Licht herein. Es war das letzte, matte Tageslicht, doch nach der völligen Dunkelheit des Felsengangs, den Will gerade durchschritten hatte, war er froh darum. Er sah sich um und spielte mit dem Gedanken, eine Fackel zu entzünden, entschied sich jedoch dagegen. Die Dunkelheit war sein Schutz, sein Freund und sein Schild. Und im Finstern würde das plötzliche Aufflammen eines Feuersteins Hunderte von Schritten weit sichtbar sein.
    Er trat hinaus in den offenen Raum. Seine Augen waren bei dem Dämmerlicht nicht von großem Nutzen, also schaltete er seine anderen Sinne ein: sein Gehör, seinen Geruchssinn und diesen besonderen sechsten Sinn, den zu entwickeln er gelernt hatte  – ein instinktives Bewusstsein für den Raum um ihm herum und die Anwesenheit von anderen Menschen, was ihn schon so oft vor möglicher Gefahr gewarnt hatte.
    Die Luft war überraschend frisch. Er hatte erwartet, dass es hier drin feucht und erdig wäre.
    Plötzlich hörte er Stimmen.
    Viele Stimmen, in einem steigenden und fallenden Tonfall.
Gesang. Er kam von weiter vorne, aus dem Inneren des Felsens, und Will ging sofort darauf zu. Er tastete sich entlang, bis seine Finger einen weiteren Spalt entdeckten. Dieser war niedriger, nicht einmal mannshoch. Will bückte sich und schlüpfte hindurch.
    Vorsichtig tastete er sich weiter. Es dauerte nicht lange, da wurde die Höhlendecke wieder höher und er konnte aufrecht gehen. Anders als der erste Tunnel verlief dieser gerade und ohne Kurven. Und nach einigen weiteren Schritten öffnete er sich zu einem bequemen Durchgang.
    Zumindest nahm Will das an. Er blieb stehen, eine Hand an der Felswand und streckte die andere Hand in die Dunkelheit. Er ertastete nichts.
    Der gedämpfte Gesang wurde lauter  – und hörte dann unvermittelt auf. Will blieb stehen. Hatte er irgendein Geräusch gemacht? Hatte er die Sänger alarmiert? Hatte man ihn entdeckt?
    Dann war eine einzelne Stimme zu hören. Will konnte die Worte nicht verstehen, denn sie wurden vom Echo verzerrt. Aber er hörte den Tonfall und den Klang der Stimme. Es war die Stimme eines geübten Redners, eines Redners, der daran gewöhnt war, seine Ansichten widerspruchslos vorzutragen.
    Will kannte die Stimme. Sie gehörte Tennyson.
    Er stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    »Also doch«, flüsterte er leise in der Dunkelheit.
    Er schlich weiter und die Stimme wurde deutlicher, sodass er in der Lage war, einzelne Worte zu verstehen. Eines wurde immer wiederholt: Alseiass .
    Alseiass, der falsche Goldene Gott der Erwählten.
    Jetzt schien Tennyson seinen Anhängern Fragen zu stellen. Dann kam eine Pause, darauf folgte eine laute Antwort aller.
    »Alseiass!«, riefen sie im Chor.
    Der Tunnel verlief nun leicht nach rechts  – und dann sah Will einen Lichtschimmer.
    Er ging schneller, seine weichen Stiefel verursachten auf dem sandigen Untergrund kein Geräusch. Noch weitere zehn Schritte, und das Licht wurde mit jedem Schritt heller.
    Dann stand er vor einer Felsöffnung. Im Licht von fünfzig oder mehr Fackeln sah er den Mann, den sie seit Wochen verfolgten. In einer weißen Robe, stämmig und mit langem grauem Haar, stand er auf einer natürlichen Felsplattform inmitten der riesigen Höhle, die sich aus dem schmalen Tunnel heraus öffnete. Um ihn herum scharten sich etwa zwanzig seiner Anhänger, die ebenfalls in Weiß gekleidet waren. Und dahinter waren mindestens hundert Leute versammelt  – Männer, Frauen und Kinder, die meisten in das raue, selbst gesponnene Leinen der Landbevölkerung gekleidet. Alle lauschten voller Aufmerksamkeit den Worten aus dem Mund ihres Propheten.
    »Wer wird uns aus der Dunkelheit führen? Wer wird uns zu einem neuen goldenen Zeitalter von Freundschaft und Wohlstand führen? Nennt mir seinen Namen!«
    Die Antwort kam aus hundert Kehlen, von Jung und Alt.
    »Alseiass!«
    Will schüttelte traurig den Kopf. Die gleiche alte Scharade. Der gleiche alte Hokuspokus. Und wieder waren die Leute bereit, dem Mann zu glauben, wie sie es schon in Hibernia gewesen waren. Menschen sind wirklich leichtgläubig,
dachte er, besonders, wenn man ihnen erzählt, dass sie sich Glück erkaufen können.
    »Ihr wisst, meine Freunde, die Zeiten waren schlecht, bevor Alseiass zu euch kam.«
    Zustimmendes Gemurmel.
    »Euer Vieh starb oder verschwand.

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