Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)
friedlichen Treffen mit seinen Eltern sah das jetzt aber gar nicht mehr aus.
Er hörte, dass von dort, wo die Stimmen herkamen, nun die knirschenden Geräusche von lauten, stampfenden Schritten auf ihn zukamen. Es mussten mindestens drei Personen sein. Dem Echo nach zu urteilen waren sie nun in einem Korridor und kamen immer näher. Ein Schlüssel wurde in das Schloss der Tür zu Petes Raum gesteckt und mit quietschendem Geräusch umgedreht. Die Tür knallte gegen die Wand und die Schritte kamen näher zu ihm. Dann war es ruhig.
„Das ist er also, unser Erdling. Ich dachte, der Wicht ist größer!“, hallte dieselbe laute Stimme, die vorher draußen Befehle erteilt hatte.
„Herr Bordan, er wird sicher noch wachsen, soweit wir wissen, ist er über zehn Jahre alt“, ertönte eine weichere Männerstimme.
„Hmm, ich hoffe es für ihn. Sonst wird das ein kurzes Leben im Kampf.“
Petes Gedanken rasten. Kampf? Kurzes Leben? Wo war er hier bloß hineingeraten? Er hätte nie gedacht, dass er jemals so was auch nur denken würde, aber im Vergleich dazu war es bei Marcy nicht mal so übel gewesen; zumindest würde er bei ihr nicht sterben. Er schluckte seine Angst hinunter und fragte mit heiserer Stimme:
„Wo bin ich? Wer seid ihr?“
Bordan, wie er genannt wurde, antwortete ihm: „Du bist auf dem Planeten Gonran, Pete. Erst mal müsste ich dich wohl willkommen heißen. Ähm, nun denn, willkommen!“, räusperte er sich und spuckte eine geballte Ladung grünen Schleim auf den Holzboden. Pete konnte noch nichts sehen, doch alleine Bordans Grunzen beim Hochziehen seines Schleims ließ ihn zumindest etwas Dankbarkeit verspüren, dass er noch nicht alles sehen konnte.
Weiter erzählte Bordan: „Also, Pete, hör gut zu. Wir haben dich aus zwei Gründen hergebracht. Erstens, damit du deine Eltern nun … ähm, wiedersehen kannst. Zweitens, dass du dich dafür auch etwas erkenntlich zeigst …“ Und er fügte hastig hinzu: „Uns gegenüber, den Gondranern, meine ich.“
Pete lauschte Bordans Worten mit größter Aufmerksamkeit. Als er hörte, dass Bordan von einem Wiedersehen mit seinen Eltern sprach, glichen seine Gefühle einem gnadenlosen Sturm, der über die Wüste hinwegpeitschte, überall Sand aufgriff und diesen wieder nach Belieben ausspuckte.
„Ich will meine Eltern unbedingt wiedersehen!“, brach es förmlich aus Pete heraus.
„Kleiner, wir bestimmen hier immer noch, wann du wen sehen kannst. Natürlich wollen wir dir dabei helfen. Wer will schon alleine, ohne Eltern, all die Jahre in einem Waisenhaus verbringen?“
Auf Bordans Worte zuckte Pete unmerklich zusammen.
„Bordan …, was wollt ihr von mir, dass ich meine Eltern wiedersehen kann? Kann ich sie nicht einfach so sehen? Ich dachte, ihr wolltet mir helfen? Meine Eltern hatten mir doch die Nachricht geschickt, dass ich hierherkommen soll.“
Die Fragen sprudelten nur so aus Pete heraus. Verwirrt tastete er hastig um sich und richtete sich auf der Holzpritsche auf.
„Nur ruhig, Pete“, murmelte Bordan. „Du bist müde, alles zu seiner Zeit. Der Beamerstrahl hat einige, sagen wir, Nebenwirkungen auf deinem Körper hinterlassen. Eine davon ist, dass du ein paar Stunden nichts sehen kannst. Du brauchst erst mal Ruhe. Wenn du ausgeruht bist, wirst du bereit sein, deine Eltern zu treffen. Außerdem sind deine Eltern zwar in der Nähe, aber sie brauchen mindestens bis morgen früh, um hier bei uns einzutreffen.“
Die warme Stimme Bordans beruhigte Pete etwas. In sich hineinhorchend bemerkte er erst jetzt, wie unendlich müde und bleiern sich seine Glieder anfühlten. Bordan hatte wohl recht. Er würde sich erst mal ausruhen, damit er gestärkt seine Eltern wiedersehen konnte. Pete nickte zustimmend und ließ sich erschöpft auf die Holzpritsche fallen. Sekunden später fiel er in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Bordan grinste zufrieden, hob seine rechte Faust auf Schulterhöhe, worauf seine Männer, danach er, den Raum verließen. Polternd fiel die Tür ins Schloss, dann herrschte Ruhe.
Als Erstes nahm Pete das fröhliche Zwitschern eines Vogels wahr. Langsam drehte er sich zur Seite, seufzte zufrieden und versuchte noch etwas zu schlafen, bis Marcy durch den Korridor polterte oder … Marcy? Langsam ließ ihn sein noch schläfriges Gehirn wieder klare Gedanken fassen.
Schnell setzte er sich auf. Er war nicht mehr im Waisenhaus und hier gab es bestimmt keine Marcy. Nur diesen spuckenden Bordan. Gesehen hatte er den zwar noch
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