Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
den Mundwinkeln. Mit weit aufgerissenen Augen ging auch er zu Boden. So richtig in Fahrt gekommen, wirbelte der Dämon locker herum und suchte nach den verbliebenen Soldaten. Seine Augen funkelten böse. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. Zumindest interpretierte Snip dies so; denn keiner hier hatte wohl jemals einen Dämon lächeln gesehen. Die anderen Soldaten hatten inzwischen ihre Armbrüste fallen gelassen und standen im Begriff, die Flucht zu ergreifen . Mit der rechten Hand griff sich der Dämon ganz lässig einen der schweren Felsbrocken, holte kurz aus und warf ihn den flüchtenden Menschen hinterher. Sekunden später schlug der Brocken ein. Einer der Soldaten wurde direkt getroffen und von dem Felsen regelrecht zermatscht. Die umhersausenden Steinsplitter trafen einen anderen hart am Kopf. Auch er brach zusammen. Der dritte hatte mehr Glück; denn ihm gelang es tatsächlich, den Tunnel an die Oberfläche zu erreichen. Teilnahmslos schaute der Dämon ihm hinterher, als ob er sagen wollte: „Lass ihn laufen!“ Auch Lord Cedric hatte sich anscheinend aus dem Staub gemacht. Zumindest war er nirgends mehr zu sehen . Snip und seine Gefährten hatten das ganze Schauspiel wie gebannt betrachtet, unfähig sich zu rühren oder auch nur etwas zu sagen. Die Faszination war einfach zu groß. Jetzt drehte sich der Koloss langsam zu ihnen um. Nur noch sie und der Dämon waren übrig. Da trafen sich ihre Blicke. Der Dämon und der Goblin blickten sich tief in die Augen, und für einen winzigen Moment war es Snip, als ob sie etwas miteinander verband. Er konnte nicht sagen, worum es sich handelte. Und so schnell, wie es gekommen war, verschwand es auch schon. Dennoch wirkte es noch lange in ihm nach. Für den Augenblick fühlte Snip sich sonderbar ruhig. Er hatte keine Angst vor der Bestie und schaute sie selbstbewusst an . „Durch eure Hilfe wurde ich aus meinem Gefängnis befreit.“, sagte der Dämon plötzlich zu ihnen. Seine Stimme klang tief und unwirklich, so als wäre sie nicht ganz von dieser Welt. „Deshalb werde ich euer wertloses Leben großzügig verschonen. Nehmt euch ruhig von dem Schatz hier, was ihr wollt. Ich brauche nichts davon. Aber seid gewarnt: Ihr lauft mir besser nicht noch einmal über den Weg; denn dann kann ich für nichts garantieren.“ Snip nickte langsam. Sie sollten also tatsächlich noch einmal mit dem Leben davonkommen. Der Dämon spannte seine Flügel aus und wand sich um. „Ihr Sterblichen seid solche Narren!“, rief er und brach in schallendes Gelächter. Dann lief er los und schlug mit den Flügeln. Sekunden später hob er ab und flog elegant durch den seitlichen Schacht in den Krater hinaus.
Kapitel 38
Es war ihr letzter gemeinsamer Abend. Am nächsten Morgen wollte Bikka Tramor verlassen und zu seinem Stamm zurückkehren. Die Gefährten würden ihm sicher fehlen, andererseits freute er sich aber auch auf seine Familie und seine Freunde unter den Wolfsreitern. Mit besonderer Spannung erwartete er ihre Blicke und Reaktionen, wenn er ihnen von seinen Abenteuern erzählen würde. In den letzten Monaten war Bikka gereift. Aber das traf letztlich auf sie alle zu. Sie waren nicht mehr dieselben wie zu Beginn ihrer Reise . Snip hatte seine innere Ruhe und Bestimmung gefunden und sich zu einem echten Anführer entwickelt. Seine Stärke war es, Pläne zu schmieden und Aufgaben und Rätsel zu lösen. Er besaß eine gute Portion Verstand und Cleverness. Das zeichnete ihn gegenüber nahezu allen anderen Grünhäuten aus. Und das gefiel ihm. Gerne würde er auch in Zukunft etwas mit diesen Fähigkeiten anfangen. Zum wiederholten Male stießen sie mit den Bierkrügen an. Seit gut einer Stunde saßen sie nun schon in dem Wirtshaus und schwelgten in Erinnerungen . So manche Erfahrung saß noch tief. Und es würde sicher noch eine Weile dauern, bis sie alles vollständig verarbeitet hatten. Snip hatte sich entschieden, in Tramor zu bleiben. Von seinem Anteil des Drachenhortes hatte er sich ein schönes Haus gekauft. Darüber hinaus hatte er noch mehr als genug für ein sorgenfreies Leben. Und hier in der Stadt fragte keiner danach, wo man herkam oder zu welcher Rasse man gehörte. Man war einfach Bürger der Stadt und fertig. Nogg hatte er anheimgestellt, ob er bei ihm bleiben oder gehen wollte. Seine Schuld war längst beglichen. Inzwischen waren sie gute Freunde geworden. Doch Nogg konnte sich eine Rückkehr zu seinem Stamm beim besten Willen nicht vorstellen. Sein
Weitere Kostenlose Bücher