Die Chronistin
dass das Bündnis zwischen Dänemark und Frankreich gegen das mächtige Angevinische Reich für Philippe letztlich doch zu enttäuschend ausfiel und er auf eine größere Mitgift setzte (wie sie ihm später die unglückliche Agnèse von Meran einbrachte).
Der Hospitalitermönch Frère Guérin, später mit der Position des Bischofs von Senlis »geadelt«, hatte – vor allem in den letzten Regierungsjahren von Philippe Auguste – fast die Stellung eines Vizekönigs inne. Er gilt nicht nur als der bedeutsamste und engste Berater des Königs, sondern auch als eigentlicher »Architekt« vieler Entscheidungen, die zu den großen Erfolgen Philippes – z.B. der siegreichen Schlacht von Bouvines und den Katharerfeldzügen im Süden – geführt haben.
Blanche von Kastilien schließlich ist eine der herausragenden Frauengestalten des mittelalterlichen Frankreichs. Sie veränderte nicht nur das kulturelle Leben am Pariser Hof, sondern verhalf nach dem frühen Tod ihres Gatten Louis VIII. als mächtige und kluge Regentin ihrem minderjährigen Sohn – dem späteren Louis IX. oder »dem Heiligen« – zur Macht.
Viele Details, die aus den Lebensgeschichten dieser historischen Persönlichkeiten bzw. anderer, die am Rande erwähnt waren, bekannt sind, habe ich in meinen Roman aufgenommen – ihre Charaktere aber entspringen selbstverständlich meiner Fantasie.
Ich habe die Chronologie der historischen Ereignisse weitgehend exakt wiedergegeben und einen genauen Einblick in die französische Politik dieser Epoche gegeben.
Trotzdem habe ich die Ereignisse zugunsten meiner Dramaturgie teilweise vereinfacht und in einen viel kürzeren Zeithorizont gestellt: Die Verurteilung von Amaury de Bène oder David Dinant als Häretiker, die Verfolgung von deren Schülern und schließlich die Verbrennung nicht nur von deren Werken, sondern auch von anderen naturwissenschaftlichen und aristotelischen Schriften, vollzieht sich in Wirklichkeit über viele Jahre.
Der Dauphin Louis und die Dauphine Blanche interessierten sich tatsächlich sehr für die Wissenschaft und kannten u.a. wahrscheinlich auch die Schriften von Amaury de Bène. Ebenso entspricht den Tatsachen, dass es im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts zu einem Konflikt zwischen der Partei des Königs und der seines Sohnes kam und bei diesem auch seine mögliche Nähe zur Häresie hervorgehoben wurde. Dass es jedoch zwischen diesem – meist sehr subtil geführten – Machtkampf und Philippes Wiederannäherung an den Heiligen Stuhl im Vorfeld von Bouvines einen Zusammenhang gab, ist eine von mir gewählte Konstruktion.
Die geistigen Strömungen an den Pariser Domschulen bzw. später an der Universität sind in diesem Roman angedeutet, aber natürlich unzureichend und vereinfacht erfasst. Unterstreichen möchte ich an dieser Stelle, dass es an der Wende zum 12./13. Jahrhundert verstärkt zur Aristoteles-Rezeption kam (wohingegen bisher Platon als der wichtigste Philosoph für die christliche Theologie galt), dass dies jedoch – gerade seitens des kirchlichen Lehramts – mit großer Skepsis verfolgt wurde. Erst Albertus Magnus (1193–1280) und Thomas von Aquin (1224–1274) verhalfen dem aristotelischen Denken zum »Durchbruch« in der christlichen Theologie.
Ein weiteres wichtiges Charakteristikum damaliger Philosophie war das, was als »mittelalterlicher Humanismus« bezeichnet wird. Es kam vereinzelt zu Äußerungen, die sehr modern und aufgeklärt klingen – z.B. was die Bewertung der nichtchristlichen Religionen und hier vor allem des Judentums anbelangt, die Stellung der Frau, die Freiheit und die Würde des Einzelnen.
Dass Théodore ausgerechnet Franziskaner wird (die ersten Minoriten kamen tatsächlich gegen 1218 nach Paris), entspricht ebenfalls einer bedeutsamen Entwicklung des Gelehrtenlebens im 13. Jahrhundert. Denn es sind immer mehr die neu gegründeten Bettel- und Predigerorden (zu denen als Dominikaner auch Thomas von Aquin gehört), die die Führung im geistigen und universitären Leben übernehmen.
Die Gründung der Pariser Universität habe ich sehr vereinfacht dargestellt. Es ist schwer, diese an einem konkreten Datum festzumachen. Einige Historiker sehen bereits am Beginn einer zunehmenden Zentralisierung der Domschulen universitäre Strukturen gegeben – andere sprechen von einer entscheidenden Zäsur im Jahr 1215, die erst erlaubt, von einer Universität zu sprechen: Damals wurde von Robert de Courçon das berühmte Privileg ausgestellt, wonach eine
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