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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Kohlenberg. Doch trotz aller Anstrengung schien sich die Schlagseite nur noch zu verschlimmern. Der schwarze Haufen türmte sich immer höher am Steuerbordschott, aber schlimmer noch: Nun begann auch noch der Verschlag an der Backbordseite, den sie gefüllt hatten, zu quietschen und zu ächzen, und die Bretter bogen sich gefährlich durch. Wie lange würde die Wand sich noch gegen ein wachsendes Ungleichgewicht aufrechthalten? Jeder Eimer, den sie hineinkippten, trug nur noch zu der Last bei.
    Plötzlich erschütterte ein ohrenbetäubendes Krachen das Deck über ihnen. Durch das Dröhnen in ihrem Schädel hörte Maia undeutliche Jubelrufe. Und dann spürte sie, wie der Frachter dem wütenden Griff des Windes entschlüpfte. Mit einem bebenden Seufzen reagierte das Steuer der Wotan auf das Ziehen des Steuermanns – das Schiff war frei und drehte sich vor den Sturm.
    Im Laderaum stieß eine Var neben Maia einen langen jubelnden Schrei aus, während sich das Schiff allmählich einpendelte. Eine Klonfrau lachte und warf die Schaufel weg. Maia blinzelte, als ihr jemand auf die Schulter schlug. Sie lächelte und ließ den Eimer los, den sie noch immer in der Hand hielt.
    »Achtung!« schrie eine laute Stimme und deutete auf den Kohlenberg zu ihrer Rechten. Die Mühe hatte sich ausgezahlt, das war richtig – aber leider zu schnell. Als die Neigung nach Steuerbord zurückging, drückte der Schwung das Schiff in einer Bewegung gegen den Uhrzeigersinn über die Vertikale hinaus. Und der Berg geriet ins Rutschen.
    »Raus hier! Raus hier!« schrie ein Offizier, obwohl Besatzung und Passagiere schon zu den Leitern rannten, auf die Holzverschläge kletterten oder einfach kopflos davonstürzten. Alle außer denen, die der Lawine am nächsten waren. Für sie war es zu spät. Maia sah den verständnislosen Gesichtsausdruck des mächtigen Seemanns neben ihr, als die schwarze Woge auf ihn zurollte. Er hatte noch Zeit zu blinzeln, dann erstickte Maia seinen Schreckensschrei, indem sie hochsprang und ihm blitzschnell ihren Eimer über den Kopf stülpte.
    Ihr Sprung trug sie nach oben, und die Anthrazit-Rutwelle erfaßte sie nicht sofort. Einen Augenblick war sie durch den breiten Körper des Seemanns geschützt, dann schwamm sie durch einen Hagel spitzer Steine. Verzweifelt versuchte sie, sich nach oben zu krallen, griff nach jedem Halt, und schließlich bekam ihre Hand einen Schaufelstiel zu fassen. Während ihre Beine und ihr Bauch schon feststeckten, konnte sie gerade noch die Schaufel hochstrecken, um mit der Stahlplatte ihr Gesicht zu schützen.
    Und mit einem Lärm, der sich anhörte wie das Ende aller Ewigkeit, kam plötzlich Finsternis über sie.
     
    Panik ergriff sie, eine animalische Kraft, die sich krampfhaft dagegen aufbäumte, bei lebendigem Leib begraben zu werden und zu ersticken. Sie war völlig blind, und eine entsetzliche Last drohte sie zu erdrücken. Sie wollte auf den Feind losgehen, der sie von allen Seiten zu attackieren schien. Sie wollte schreien.
    Dann war der Anfall vorüber.
    Er ging vorüber, weil nichts sich bewegte, so sehr sie sich auch anstrengte. Gar nichts. Nur weil die Panik sich als vollkommen nutzlos erwies, übernahm Maias Körper wieder die bewußte Kontrolle. Bewußtsein war der einzige Teil ihrer Person, der wenigstens so tun konnte, als wäre er bewegungsfähig.
    Als Maia mit ihrem ersten klaren Gedanken feststellte, daß sie unter Tonnen steiniger Kohle verschüttet war, erkannte sie, daß es tatsächlich schlimmere Dinge gab als Höhenangst und Seekrankheit. Aber eins überraschte sie ganz besonders.
    Ich bin nicht tot.
    Noch nicht. In der Finsternis, zerschunden und verängstigt, stets auf dem schmalen Grat zwischen Ohnmacht und Hysterie, hielt sich Maia an diesem Gedanken fest. Der warme, rostige Stahl, der sich gegen ihr Gesicht preßte, war ein erster Anhaltspunkt. Zwar hatte die Schaufel nicht verhindern können, daß die Lawine Maia unter sich begrub, aber immerhin war durch sie ein winziger Raum geblieben, in dem abgestandene Luft war statt Kohle. Vielleicht würde sie also ersticken und nicht ertrinken. Der Unterschied erschien ihr unbedeutend, doch der scharfe Metallgeruch in ihrer Nase war besser als Kohlenstaub.
    Die Zeit verstrich. Sekunden? Sekundenbruchteile? Bestimmt nicht Minuten. Soviel Luft konnte nicht da sein.
    Das Schiff hatte aufgehört zu schlingern – Stratos sei Dank! –, denn sonst hätte die hin und her rutschende Fracht sie längst zu Brei zermalmt. Obwohl die

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