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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Kopf, bückte sich dann und schlitzte ihm die Kehle mit einem rasiermesserscharfen türkischen Dolch auf. Die drei Gefangenen wurden auf die Ladefläche eines der Lastwagen gestoßen, und man fesselte ihnen mit Lederriemen die Hände auf dem Rücken. Stinkende Lederkapuzen wurden ihnen übergestülpt. Marias gedämpfte Stimme erklang: »Ach du Scheiße, das hat mir gerade noch gefehlt.« Unter ihnen vibrierte das Fahrzeug, als der Fahrer das Gaspedal durchtrat und in eine Seitenstraße brauste. Wenige Minuten später holperten die beiden Laster auf eine unbefestigte Straße und rollten in Richtung Khyber-Pass.
     
    Hippolyte Afanasijewitsch Fet schritt durch das Labyrinth des Meena-Basars zu dem Tätowierungsladen über dem pakistanischen Akupunkteur, der seine Dienste auf einem bunten Schild anpries: »Augen, Ohren, Nase, Hals & sexuelle Probleme«. Zuerst stiegen die beiden Leibwächter die knarrende Treppe hinauf, um sich zu vergewissern, dass die Luft rein war. Erst dann folgte Fet und setzte sich in den roten Frisörsessel mitten im Zimmer, das nur von einer einzigen schwachen Glühbirne erhellt wurde. Schatten tanzten über die Strohmatten an den Holzwänden. Von draußen hörte man zwei Männer aus den Bergen, die im Haschischrausch in das Abwasserrinnsal am Straßenrand urinierten. Fet starrte das Telefon auf dem Tisch an, blickte dann auf die Uhr.
    Ein Leibwächter sagte: »Vielleicht geht Ihre Uhr vor.«
    »Vielleicht hat es nicht geklappt«, sagte der andere von der Tür aus.
    »Vielleicht solltet ihr eure Gedanken für euch behalten«, knurrte Fet.
    Drei Minuten nach Mitternacht klingelte das Telefon. Fet riss den Hörer ans Ohr. Eine Stimme am anderen Ende sagte mit deutlichem Akzent: »Ibrahim ist unterwegs nach Yathrib. Er ist nicht allein.«
    Fet brummte: »Gut«, und drückte mit dem Finger auf die Gabel. Sofort wählte er die Nummer des Dienst habenden Offiziers im sowjetischen Konsulat. »Ich bin’s«, sagte er bloß. »Schicken Sie die kodierte Meldung an die Moskauer Zentrale.«
     
    Der Lastwagen war etwa drei Stunden lang einen steilen Berghang hinaufgefahren. Als die Sonne aufging, steuerte der Fahrer ihn auf eine Lichtung und stellte den Motor ab. Die Plane wurde zurückgeworfen, die Heckklappe geöffnet und die drei gefesselten Gefangenen auf den Boden gezerrt. Hände rissen ihnen die Lederkapuzen ab. Anthony atmete tief die frische Bergluft ein und sah sich um. Sie befanden sich offenbar in einem Guerillalager in den Bergen. Es war unmöglich zu sagen, ob sie noch in Pakistan waren oder die Grenze zu Afghanistan überquert hatten. Graublaue Gebirgszüge erstreckten sich hintereinander bis zum aschgrauen Horizont. Es kam Anthony so vor, als könnte man Jahrhunderte weit sehen, und das sagte er auch.
    »Sie verwechseln Raum und Zeit«, bemerkte Maria säuerlich.
    »Ich dachte, das wäre so ziemlich dasselbe«, beharrte Anthony.
    »Zwei Seiten derselben Medaille«, stimmte Manny zu.
    »Genau«, sagte Anthony.
    Überall im Lager waren Männer damit beschäftigt, Waffen und Munition auf Esel und Kamele zu laden. In der Nähe rauften sich kläffende Hunde um einen Knochen. Neben einem lang gestreckten Haus aus Lehmziegeln las ein bärtiger Mullah einigen Männern, die im Kreis um ihn herum auf dem Boden hockten, aus dem Koran vor.
    Mit jaulendem Motor kam der zweite Lastwagen die Bergpiste heraufgeholpert und hielt an. Eine schlanke, geschmeidige Gestalt öffnete die Beifahrertür und stieg aus. Der Mann trug einen schwarzen Rollkragenpullover unter einem schmutzigen, knielangen afghanischen Umhang, eine dicke englische Kordhose, handgefertigte Schuhe und eine braune Paschtunenmütze, an der ein Amulett zum Schutz gegen Scharfschützen steckte. Seine Haut war hell, das Haar unter der Mütze lang und verfilzt, der kurze Bart mit Henna rot gefärbt. Er hatte die dunklen, stechenden Augen eines Jägers, und die tiefen Ringe darunter kamen nicht von zu wenig Schlaf. Zwischen den Fingern der linken Hand hielt er eine kleine Kette aus Elfenbeinperlen. Er trat auf die Gefangenen zu und blickte hinaus auf die Berge. »Vor fünf Jahren«, sagte er mit dem hellen, weichen Akzent der Palästinenser, »stand ich auf diesem Berg und sah russische Panzer über die Straße dort im Tal rollen. Meine Männer und ich saßen den ganzen Morgen, den ganzen Nachmittag und den ganzen Abend hier auf den Steinen, und noch immer rollten die Panzer. Schließlich hörten wir auf zu zählen, so viele waren es. Viele der

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