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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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du, dass ich Massud getroffen habe?«, fragte Manny zurück.
    Die junge Frau hob ihre dunklen Augen, in denen ein amüsiertes Lachen tanzte. »Ich hab’s von einem Oberst der Fundamentalisten namens Osama Bin Laden gehört, als ich in der Pearl Bar einen verwässerten Whiskey getrunken habe.« Sie zog eine Packung Lucky Strikes aus der Tasche, und nachdem die beiden Männer abgelehnt hatten, steckte sie sich eine zwischen die Lippen und zündete sie mit einem kleinen, silbernen Feuerzeug an. »Hast du ihn schon mal getroffen?« Als Manny verneinend den Kopf schüttelte, sagte sie: »Das überrascht mich nicht. Er hasst den Westen genauso, wie er die Russen hasst – und Amerika symbolisiert für ihn den Westen. Ein bärtiger Typ, so um die dreißig, hager, mit Funken eisigen Charmes, wo andere Augen haben. Er organisiert die Geldmittel für einige der Mudschaheddingruppen, soll ein paar hundert Millionen von seinem Vater geerbt haben und hat große Pläne für ihre Verwendung. Ihr solltet euch seinen Namen merken.«
    Manny warf Anthony einen viel sagenden Blick zu. »Darf ich vorstellen: Maria Shaath, die mehr Mumm hat als viele ihrer männlichen Kollegen. Sie hat mal mitten auf einem Schlachtfeld vor laufender Kamera gesagt: ›Afghanistan ist ein Land, in dem bewaffnete Kinder mit gutem Gedächtnis das Unrecht wieder gutmachen wollen, das den Urgroßvätern ihrer Großväter angetan wurde.‹ Maria, das ist Anthony McAuliffe.«
    Anthony sagte: »Ich habe Sie schon im Fernsehen gesehen.«
    Maria richtete ihren offenen Blick auf Anthony. »Noch ein Spion?«, fragte sie liebenswürdig.
    Anthony räusperte sich. »Ich bin Attaché am amerikanischen Konsulat.«
    »O ja, klar, und ich bin Maria Callas und singe demnächst am Khyber-Pass italienische Arien für die Mudschaheddin.« Sie wandte sich an Manny. »Er ist ja noch grün hinter den Ohren – erklär ihm, wo’s langgeht.«
    »Er soll einen Bericht über die Waffen-Pipeline schreiben – die Leute, die unsere Gehälter zahlen, wollen wissen, wie viel von dem Zeug, das sie an den pakistanischen Geheimdienst ISI schicken, auch wirklich bei den Leuten ankommt, die auf die Russen schießen.«
    Maria nahm einen Schluck aus Anthonys Bierglas und wischte sich anschließend mit dem Handrücken über den Mund. »Die Reise hätte ich Ihnen ersparen können«, sagte sie. »Die Antwort lautet: so gut wie nichts. Ladet mich zum Essen ein, und ihr dürft mich ausfragen.« Und sie lächelte gepresst.
    »Afghanistan ist ein kompliziertes Land«, sagte sie über ihren Teller mit Chop Suey hinweg. »Da kann man eine Ausgabe des Playboy gegen eine Flasche fünfzehn Jahre alten Scotch eintauschen, und man kann die Kehle durchgeschnitten bekommen, wenn man dabei erwischt wird, dass man mit den Füßen Richtung Mekka schläft. Faktisch sind da etliche einander überlappende Kriege im Gange: ethnische Kriege, Stammeskriege, Drogenkriege, Glaubenskriege, iranische Schiiten gegen afghanische Sunniten, Massuds Tadschiken gegen alle, saudische Wahhabiten gegen irakische Sunniten, Kapitalisten gegen Kommunisten, Pakistan gegen Indien.«
    »Du hast was vergessen«, sagte Manny. »Die afghanischen Freiheitskämpfer gegen die Russen.«
    »Diesen Krieg gibt’ s auch, zugegeben, aber manchmal geht er in dem Durcheinander ein bisschen unter. Die Wahrheit ist doch, dass Amerikaner nur eine vage Vorstellung davon haben, worum es hier eigentlich geht, und oft genug aufs falsche Pferd setzen. Ihr müsst aufhören, nach schnellen Lösungen für langwierige Probleme zu suchen.«
    »Wir werden ihnen jedenfalls keine Stinger-Raketen geben, falls du das meinst«, beteuerte Manny.
    »Und ob ihr das werdet«, prophezeite Maria. »Irgendwann wird der Wunsch, sich für Vietnam zu rächen, stärker sein als die liebe Vernunft. Und wenn der Krieg dann vorbei ist, werden die Bin Ladens jede Waffe, die ihr ihnen gebt, gegen euch richten.«
    Anthony fragte: »Was würden Sie denn machen, wenn Sie Präsident wären?«
    »Erstens würde ich aufhören, Waffen an einen ehemaligen Peugeot-Verkäufer zu liefern, der von sich behauptet, ein Nachkomme des Propheten zu sein. Ich würde Splittergruppen die kalte Schulter zeigen, die einen perfekten islamischen Staat errichten wollen, und zwar nach dem Vorbild des Kalifats aus dem siebzehnten Jahrhundert.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass die russische Präsenz in Afghanistan das kleinere Übel ist?«, wollte Anthony wissen.
    »Ich will damit sagen, dass ihr die

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