Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
Unsterblichen noch nicht verziehen, dass er ihm am Vortag die Tour vermasselt hatte. Graciano schmunzelte leicht und Cat sah ihn erwartungsvoll an. Nur Tamara war (wie immer) unbeeindruckt.
„Dann halt nicht! Ich habe trotzdem den Zeitpunkt herausgefunden.“
Er legte einen Computerausdruck auf den Frühstückstisch.
Die anderen beugten sich neugierig darüber.
„Was ist das?“, erkundigte sich Linda.
„Ein Mondkalender?“, bemerkte Tamara irritiert.
„Genau! Und jetzt ratet, wann der nächste Vollmond ist.“
„Sonntagnacht?“, las Cat zögerlich vor.
„Richtig! Hundert Punkte für die Katze! Von Sonntag auf Montag werden wir Vollmond haben. Du hast uns doch berichtet, dass es so hell war wie in einer Vollmondnacht, also dachte ich mir: Schau mal nach, wann das nächste Mal der Mond rund ist. Und – TADAAA! Sonntag. Bin ich gut oder bin ich gut?“
„Du bist sehr gut“, bestätigte Linda lächelnd.
„Stimmt, das war clever“, gab Cat zu.
„Könntest du dabei bitte etwas weniger überrascht klingen? Danke.“
Valerian sah sie kurz gespielt böse an.
Das Medium schmunzelte.
„Stimmt, das war clever“, wiederholte sie – diesmal übertrieben enthusiastisch.
„Geht doch!“, lobte der Unsterbliche.
„Sonntag also. Wenn es denn stimmt … Das lässt uns noch etwas Zeit“, grübelte die WICCA.
„Nicht so viel Skepsis bitte. Ich erwarte nichts als gnadenlose Wertschätzung.“
„Ich könnte mal ganz gnadenlos deinen kümmerlichen IQ schätzen , aber der Wert würde dir wohl die Laune verderben“, gab Tamara behände zurück.
„Uuuh, du bist heute Morgen ja wieder in Hochform.“
„Worauf du wetten kannst!“
„Ihr zwei seid heute Morgen wieder mal reizend zueinander“, bemerkte Cat ironisch.
„Tja, was sich liebt, das neckt sich“, behauptete Linda und nahm einen bedeutungsvollen Schluck aus ihrer Teetasse.
Valerian und Tamara sahen sie einen Moment lang verblüfft an, ehe beide lauthals zu widersprechen begannen.
„Sicher nicht!“, verkündete die WICCA mit einem angeekelten Gesichtsausdruck.
„Aber Linda, einziger Stern am düsteren Firmament meines Daseins! Wie kannst du mich der Untreue bezichtigen?“
Die Dramatik in seinen Worten war so offensichtlich gespielt, dass die anderen in Gelächter ausbrachen und Linda rosa Wangen bekam.
Valerian und Tamara , grübelte Katharina. Könnte das sein? Bisher habe ich ihn immer gedanklich auf Lindas Seite geschoben, aber vielleicht passt er wirklich besser zur Hexe?
Sie ließ den Gedanken eine Weile auf sich wirken.
Zusammenpassen würden sie – oder aber eben überhaupt nicht. Das hängt ganz davon ab, wie man es sieht. Sie fetzen sich immer, doch auf der anderen Seite ist Tamara auch die Einzige, die Valerian mal Kontra bieten kann. Von der Seite betrachtet wäre Linda sogar fast zu schade für ihn.
Sie verspürte keine Reue bei dem Gedanken. Linda war so eine sanfte Seele. Sie verdiente jemanden, der auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen konnte. Ein Holzklotz wie Valerian war dazu nicht sonderlich geeignet.
Das würde ich noch eher Flint zutrauen. Eigentlich würde er viel besser zu Linda passen. Was nicht heißt, dass ich ihn ihr einfach so überlasse …
Heute Morgen hatte er sich wie selbstverständlich neben Katharina gesetzt. Eigentlich war das nichts Besonders, doch sie hatte sich sehr darüber gefreut. Vor allem, weil er kein großes Zeremoniell darum gemacht hatte.
Es war so normal.
Sie waren wieder ein Team geworden, genau wie im letzten Semester. Und Cendricks Abwesenheit war dem eher noch zuträglich. Er hatte keine hohe Meinung vom Geisterseher. Ob das mit seinem Orden oder mit ihm persönlich zu tun hatte, das wusste sie nicht. Es war ihr auch gleichgültig. Es störte sie, so oder so. Sie hatte in letzter Zeit schon oft darüber nachgedacht, doch jetzt gerade beschäftigte sie etwas völlig anderes.
Linda hat gar nicht vorwurfsvoll geklungen, als sie sprach. Stört sie der Gedanke etwa nicht? Wenn ich Valerian wäre, dann würde mir das zu denken geben.
Sie blickte den Unsterblichen an, der sich gut gelaunt über sein Frühstück hermachte und überhaupt keine Sorgen zu haben schien.
Oder auch nicht. Er ist eben doch ein Holzklotz. Vielleicht ist Linda aber auch so gelassen bei dem Thema, weil sie schon jemand anderen auserkoren hat?
Ihr Blick glitt nachdenklich über die Anwesenden am Tisch und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
Graciano! Natürlich! Niemand ist so sanft und
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