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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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rudimentär sei.
    »Nennen Sie mich Martin.« Er sprach ein souveränes Englisch mit amerikanischem Akzent.
    »Wenn Sie mich Hesketh nennen.«
    »Hesketh. Ungewöhnlicher Name.«
    »Ursprünglich norwegisch. Er bedeutet Pferderennbahn.«
    »Pferderennbahn?« Er lachte. »Und Lock ist ein chinesischer Name. Er schreibt sich aber L-O-K. Auf Kantonesisch bedeutet er Glück. Freude. Guter Name. Glücklicher Name. Glück-Lok.« Er hielt inne. »Sie gewinnen also, wenn Sie auf Pferde wetten. Haha.« Dann veränderte sich seine Miene. »Sobald die ausstehenden Aufträge erledigt sind, wird die Fabrik geschlossen. Es ist eine schreckliche Situation, Mr Lock. Hesketh. Sie schmerzt mich.« Er berührte seine Brust, als wollte er mir zeigen, wo genau es wehtat. Zu Hause im Cottage steht im dritten Regal am fünften Platz von links ein Buch mit den anatomischen Zeichnungen da Vincis. Auf Seite 18 sind die Klappen, Aorten und Arterien eines Ochsenherzens abgebildet. »Es tut mir übrigens leid, wie ich aussehe. Ich weiß, es ist schockierend.«
    »Nein, es interessiert mich. Ich sehe gern neue Dinge.«
    Nun entstand eine ziemlich lange Pause, die ich nicht auszufüllen wusste. Dann deutete er mit dem Kopf in Richtung Tür und sagte: »Nun, Hesketh, Sie sind nicht hergekommen, um über den Tod zu sprechen.«
    In seinem Büro setzten wir uns an einen Schreibtisch, auf dem Holzmuster mit chinesischer und englischer Beschriftung lagen. Wir brauchten eine halbe Stunde, um meine Fragenliste abzuarbeiten. Er antwortete pflichtbewusst, überprüfte Daten und Zahlen im Computer. Es passte alles zusammen, er schien sauber zu sein. Was die vier weiblichen Angestellten betraf, so waren sie bereits von der Polizei ausgeschlossen worden: Keine von ihnen hatte Zugang zu den fraglichen Unterlagen gehabt.
    »Ich würde mir gern die Firma ansehen«, sagte ich.
    »Selbstverständlich. Unser Betriebsleiter wird Sie sehr gern herumführen.«
    Er tätigte einen Anruf, und binnen Minuten tauchte ein schmächtiger Mann mit Schutzhelm auf, den er als Sun-kiu »Sunny« Chen vorstellte. Ich war neugierig gewesen, Sunny Chen kennenzulernen, nicht zuletzt weil ihn einer der Ermittler als »komischen Kauz« bezeichnet hatte, ein Begriff, der stets mein Interesse weckt. Er war nicht ins Detail gegangen, sondern hatte sich nur in der internationalen Geste, mit der man Verrücktheit bezeichnet, an den Kopf getippt und gesagt, ich werde es schon selbst sehen. Die anderen hatten gegrinst.
    Sunny Chen bewegte sich ruckartig wie eine Marionette. Sein Alter war schwer zu schätzen. Vielleicht Mitte vierzig. Er war winzig klein, hatte viel dunklere Haut als Martin Yeh (Farbton Monsun River) und einen hektischen Blick. Die beiden Männer sprachen kurz miteinander; das meiste konnte ich nicht verstehen, aber ihre Körpersprache verriet, dass sie einander respektierten. Sunny Chen und ich gaben uns die Hand. Wir begannen auf Chinesisch, doch da ich mich etwas schwertat, wechselten wir nach zweieinhalb Sätzen ins Englische.
    »Sie müssen wissen, mein Vater hat hier gearbeitet, bis er in den Ruhestand ging. Auch mein Großvater und vier meiner Onkel. Jenwai war eine gute Firma. Moralisch. Vertrauenswürdig.« Sunny Chen wischte sich die Stirn, auf der ein Schweißfilm zu sehen war.
    Martin Yeh seufzte. »Wenn ich hier gewesen wäre …« Er beendete den Satz nicht, sondern zuckte mit den Schultern und sagte, er müsse nach Hause fahren und sich ausruhen. Ich erwiderte, das sei ratsam angesichts seines Gesundheitszustands. Nach der Besichtigung der Firma, sagte er, werde mich Sunny in seinem Namen zum Essen einladen. Die beiden hatten sich rasch auf Chinesisch über Namen und Lagedes Restaurants verständigt. Dann verabschiedeten wir uns, und ich folgte Sunny Chen nach draußen.
    Der Werkhof lag gegenüber dem Fabrikeingang, der mit Warnschildern und Überwachungskameras ausgestattet war. Im Schatten der Betonmauer bot mir Sunny Chen eine Zigarette an, die ich ablehnte. Er zündete sich eine an und inhalierte tief. Seine Finger waren vom Nikotin verfärbt. Ruckartig deutete er mit dem Kopf auf das Gebäude. Drinnen konnte man die Maschinen auf Hochtouren laufen hören.
    »Was denken Sie über den Informanten?«, erkundigte ich mich.
    »Er verdient es zu sterben«, sagte Sunny Chen. »Am liebsten würde ich ihn eigenhändig umbringen.« Dann lachte er. Seine Zähne hatten die Farbe von Elfenbein – irgendwo zwischen Weißbirke und Sand.
    »Warum?«
    »Er hat Schande über

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