Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
mal gerudert.
Haben Sie irgendetwas gewonnen?
Ich war mal Landesmeister im leichten Jungmannzweier. Das war nicht allzu schwer. Es gab nur drei Boote in dieser Klasse in Berlin.
Wo sind Sie aufgewachsen?
In Berlin-Charlottenburg. Kaiserdamm, mitten in der Stadt.
Bürgerliches Milieu?
Ja, was nicht viel bedeutete in der Nachkriegszeit. Damals war eben alles noch ziemlich durcheinander. Ich kann mich gut daran erinnern, dass wir manchmal nicht genug zu essen hatten.
Erlebten Sie Ihre Kindheit als entbehrungsreich?
Nein, im Gegenteil, uns hat es an nichts gefehlt. Ich gehöre zur glücklichsten Generation, die es in Deutschland je gab. Als ich anfing, die Welt bewusst wahrzunehmen, gab es nichts. Danach wurde es von Jahr zu Jahr besser, und das bis heute. Mein Vater hatte eine kleine Fabrik für Kunststoffspritzteile gegründet. So konnte ich schon in der Jugend die Pflichten eines selbstständigen Unternehmers in der Familie erleben. Es war sicher nicht einfach. Bei mir persönlich wurde es beruflich auch immer besser. Meine Kinder haben es da nicht so gut, sie sind in einen ganz anderen Lebensstandard hineingeboren, der schwer zu steigern ist, im Gegenteil.
In einem Porträt über Sie heißt es, Sie hätten die Schwächeren in der Klasse immer verteidigt und dafür Prügel einstecken müssen.
Nicht Prügel, aber ich habe eigentlich immer einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gehabt. Habe ich heute noch.
Waren Sie mal Klassensprecher?
Ja. Eigentlich während der ganzen Schulzeit.
Wie viele Kinder waren Sie zu Hause?
Vier. Ich habe zwei Brüder und eine Schwester.
War es ein strenges Elternhaus?
Nein.
Aber diszipliniert.
Das war es. Wer nicht pünktlich zum Essen da war, hat nichts mehr gekriegt.
Von der Generation her könnten Sie auch ein 68 er sein.
Nicht ganz. 1968 war ich schon verheiratet, hatte ein Kind. Ich musste damals arbeiten und konnte nicht mehr rumfackeln. Rudi Dutschke hat mich damals auch eher abgestoßen.
Sie sind das, was man als einen Konservativen bezeichnet.
Schon.
Was verstehen Sie darunter?
Konservativ zu sein bedeutet für mich, dass man Werte bewahrt. Dass man sich in sein Umfeld ordentlich einbringt. Dass man auch arbeitet, hilft, teilt, andere unterstützt. Ich würde nie auf die Idee kommen, Steuern zu prellen, weil ich der Auffassung bin, es ist wichtig, dass jeder seine Steuern zahlt, weil sonst das System nicht funktionieren kann.
Ihr Vorbild, liest man, ist Napoleon.
Das hat die Presse so aufgebauscht. Ich lese gerne. Und es gibt wirklich gute Biografien über Napoleon. Ich las gerade eine, als ich für einen Fragebogen nach meinem Lieblingsbuch gefragt wurde, und seitdem verfolgt mich ein angeblicher Napoleon-Fetischismus. Natürlich war Napoleon ein irrer Typ: Er hat ein Gesundheitswesen geschaffen. Er hat den Code Civil , das französische Recht, geschrieben, das heute noch gilt.
Sie haben sogar mal gesagt, Napoleon wäre auch ein guter Bahnchef gewesen.
Ja, weil er auch konsequent die Sachen mit Kraft durchgesetzt und große Projekte gemacht hat. Wenn der Kerl bloß nicht so viele Kriege geführt hätte, wäre er ein großer Mann gewesen.
Gilt das auch für Sie?
Wie meinen Sie das?
Haben Sie nicht vielleicht auch zu viele Kriege geführt?
Welche Kriege denn, um Gottes willen? Ich habe meine Arbeit gemacht, und das konsequent.
Gegen Meinhard von Gerkan, den Architekten des Hauptbahnhofs, gegen Manfred Schell, den Chef der Lokführergewerkschaft …
Herr Gerkan zum Beispiel wollte nicht akzeptieren, dass der Berliner Hauptbahnhof Budget- und Terminzwänge hatte und damit seine architektonische Freiheit eingeschränkt werden könnte. Und bei dem Lokführerstreik war unser damaliger Personalvorstand Margret Suckale zuständig. Sie hat mit Herrn Schell verhandelt, nicht ich. Der Konflikt mit Schell war ein reines Pressegimmick, das Schlagzeilen produziert hat. Ich hatte und habe mit dem Herrn Schell eine normale Gesprächebene.
Worauf wir hinauswollen: Ihre Ära bei der Bahn war geprägt von Konflikten.
Das akzeptiere ich, ja, Konflikte sind an und für sich nichts Verkehrtes. Konflikte legen Probleme offen, die geregelt werden müssen.
Beim Romanschreiben gilt die Regel: Man braucht Konflikte, um die Geschichte voranzutreiben …
… genau dasselbe gilt auch fürs Management. Ich habe immer gesagt, da bleibe ich auch dabei: Nur keinen Streit vermeiden, es wäre schade drum. Wenn Sie etwas verändern, etwas durchsetzen wollen, müssen Sie eine
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