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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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den Angriffsflächen: Wenn einer die Pfeile auf sich zieht, können die anderen ungestört arbeiten. So ähnlich war das bei uns im Vorstand. Das gehört auch zur Rolle des Vorstandsvorsitzenden eines Unternehmens.
    Haben Sie sich mal coachen lassen?
    Das wollte man immer mit mir machen: Interviewcoaching. Da habe ich gesagt: Mache ich nicht! Weil ich kein Schauspieler sein will. Glauben Sie mir, es fällt einem auf die Füße, wenn man nur spielt.
    Sie glauben an Authentizität.
    Ich bin auch keiner, den man gut coachen kann. Ich kann sogar den Golflehrer nicht vertragen. Meine Frau kann stundenlang mit einem Golflehrer üben. Ich kann das nicht.
    Sie wollen nicht machen, was Ihnen jemand anderes sagt?
    Ich will das selber lernen. Das dauert länger, aber ich lerne es selbst.
    Wie lernen Sie? Durch abkucken?
    Ich beobachte. Ich höre zu. Ich rede viel mit Menschen. Ich lerne ständig. Es nutzt ja nichts, wenn Sie eine Theorie lernen. Wenn Sie alles nur wissen. Sie müssen es ja auch innerlich leben. Sie müssen dran glauben. Sie müssen so sein wie das, was Sie sagen. Da darf nicht außen was anderes draufstehen.
    Die Zeit schrieb, als Sie aufhörten: »Mehdorn scheiterte an Mehdorn.«
    Ich bin nicht gescheitert. Die Bahn war ein Sanierungsfall und ist jetzt ein weltweit erfolgreiches Unternehmen im nationalen und internationalen Mobilitätsmarkt, auch in der Krise.
    Die Aussage der Zeit ist auch ein Kompliment. Letztendlich waren Sie so unanfechtbar, dass keiner Sie stürzen konnte außer Ihnen selbst.
    Das ist reine Semantik. Ich glaube nicht, dass der zuständige Aufsichtsrat mich abgelöst hätte. Ich war zehn Jahre Bahnchef. Das reicht. Ich bin 67 Jahre alt. Irgendwann ist auch mal Schluss. Mit Herrn Grube habe ich einen guten Nachfolger gefunden.
    Letztlich sind Sie an der Datenaffäre gescheitert.
    Auch das stimmt so nicht. Der Aufsichtsrat hat den Vorstand davon freigesprochen, etwas davon gewusst oder veranlasst zu haben. Wir haben nie jemanden ausspioniert. Wir sind jahrelang gelobt worden, weil wir gegen Korruption gekämpft haben. Dass der Datenschutz plötzlich ein politisches Thema wurde und skandaliert werden sollte, hat mit dem, was bei der Bahn war, nichts zu tun. Sicher sind bei der Bahn auch Fehler gemacht worden. In einer großen Organisation können Sie Übereifer bei Einzelnen nicht ausschließen. Es wurde Korruption bekämpft und nicht Mitarbeiter ausspioniert. Das darf man nicht vergessen.
    Hätten Sie sich da nicht einmal durchringen und sich einfach entschuldigen können?
    Haben wir ja gemacht. Sogar schriftlich. Wir haben an die Belegschaft geschrieben, haben das auch veröffentlicht und gesagt, dass wir das bedauern.
    Sie sind keiner, der gerne Fehler einräumt.
    Ich sage ja gar nicht, dass ich überall der Geschickteste war. Das wäre auch vermessen. Ich sage auch nicht, dass ich immer alles richtig gemacht habe. Aber ich sage, dass das, was ich getan habe, immer getrieben war von dem Motiv, das Beste für die Bahn zu tun.
    Ein bitteres Ende: Ihr Ziel, die Bahn an die Börse zu bringen, mussten Sie auch absagen.
    Wenn die Finanzkrise sechs Wochen später gekommen wäre, wären wir durchgewesen. Das ist Pech.
    Sie haben sich Jahre krumm gelegt, damit es so weit kommt. Endlich hätte mal alles gepasst.
    Das war ein gemeinsames Ziel von allen: Politik, Gewerkschaften, Belegschaft und Aufsichtsrat, eigentlich von allen. Und auch das Unternehmen war endlich so weit. Das kann man auch so schnell nicht wiederholen. Es wird lange dauern, bis die Einzelteile wieder so zusammenpassen.
    Wie geht es Ihnen jetzt? Hartmut Mehdorn im Garten sitzend ist schwer vorstellbar.
    In der ersten Zeit läuft man im Kreis, gar keine Frage. Ich habe viel gelesen: Einen Haufen Bücher, die man immer so geschenkt bekommt und nie zu lesen schafft. Wie Frank Schätzings Schwarm . Ich habe ein bisschen geschrieben, bin viel mit dem Rad gefahren und habe auch sonst viele Dinge gemacht, für die ich bisher nicht die Zeit hatte.
    Vermissen Sie die Bahn?
    Ich bin jetzt raus, jetzt tragen andere die Verantwortung, und ich laufe denen nicht zwischen den Füßen herum. Wenn jemand meinen Rat will, stehe ich gerne zu Verfügung, ansonsten habe ich einige interessante Anfragen aus dem Ausland, die mich beschäftigen werden.
    Wo steht jetzt Ihr roter Ledersessel?
    Den habe ich dort gelassen, wo er hingehört, beim Bahnchef.
    Der hat Sie doch schon seit Ihrer Zeit bei Heidelberger Druck begleitet.
    Ja, der gehört auch eigentlich

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