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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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dem Gegenüber geradeaus durch das Gesicht ins flatternde Herz sah und die Wirkung hatte, dass man ernst nahm, was Minten sagte. Zu sagen hatte er aber gewöhnlich nicht viel, er hörte lieber zu, anstatt große Worte zu machen.
    So saß er also jetzt im tobenden Trompeter , vor sich die Reste seiner Abendmahlzeit, und kippelte, was er auch in den paar Jahren, in denen er eine Dorfschule hatte besuchen dürfen, immer gerne getan hatte und was ihm so manche Ermahnung der gestrengen Lehrer eingebracht hatte.
    Er kippelte und hatte das eigenartige Gefühl, sein ganzes Leben stünde nicht mehr auf sicheren Füßen.
    Wie lange würde er im Hafen und in den staubigen Großlagern der Grundbesitzer arbeiten müssen, bis er die Eintragungssumme zum Studieren und den Lehrer-Obolus des ersten Halbjahres beisammenhatte? Wie lange würde er sich des Nachts verstohlen im Licht einer Kerze im Schreiben üben müssen, bis er unter den Augen der Prüfer Gnade finden würde? Und würde es überhaupt genügen, Worte entziffern zu können, um die Fähigkeit des Lesens zu beweisen? Musste er nicht auch laut vorlesen können, sicher und flüssig im Vortrag, geradezu dem Serach ähnlich?
    Aber weshalb bestimmten diese Prüfer über sein Leben? Weshalb musste man schreiben und vorlesen können, wenn man doch nur zuhören wollte, was das Meer und die Wolken miteinander taten? Warum musste man bereits wie ein Gelehrter sein, wenn man doch nur willens war, sich von Gelehrten bilden zu lassen?
    Weshalb bestimmte das Woher so sehr den weiteren Weg? War denn nicht, wie Serach gesagt hatte, jeder Mensch Zügelhalter seines eigenen Lebens? Konnten denn nicht Hindernisse einfach nur umgangen, überklettert oder zerschmettert werden? Oder steckten einfache Menschen wie er schon längst im Dämonenschlund fest, endlos umhergewirbelt von Kräften und Absichten, die das eigene Verständnis überstiegen, hilflos und unfähig, die Zügel zu halten, die das Leben einem gutwillig überreichte?
    Warum konnte er jetzt nicht einfach aufstehen, den sinnlosen Krieg der Tische durchqueren und die Tröstende Trompete verlassen, ohne die Rechnung zu begleichen? Die zweieinhalb Stücke, die er dadurch sparen würde, konnten der Grundstock eines Studiums sein. Im Laufe der letzten sechs Monate hatte er so viele Stücke in die Trompete geschüttet, zweieinhalb pro Abend, das machte gut und gerne über vierhundert – wie konnte der Wirt da ein Aufhebens machen wegen der zweieinhalb mickrigen Stücke, die er ihm jetzt vorenthalten würde?
    Es war die Machbarkeit, die Minten beschäftigte. Die Einfachheit. Das Getümmel in der Schankstube, das jeden Überblick verwehrte.
    Ohne Gewalt. Ohne wirklich zum Verbrecher zu werden. Einfach nur aufstehen und gehen und die Stücke behalten, die den Gegenwert einer notwendigen Mahlzeit bildeten.
    Wie oft würde er so eine Zeche prellen müssen, bis er die Eintragungssumme und den Lehrer-Obolus des ersten Halbjahres beisammenhatte? Wie oft musste er mit dem Vorsatz des Diebstahls zum Essen gehen? Hundertmal? Hundertundzwanzigmal? Jeden Abend in einer anderen Taverne, damit man ihn nicht wiedererkannte und an seine Schulden erinnerte? Würde er zu so einer absichtlichen Betrügerei, einem solchen Umherwandern, um der eigenen Schuld zu entgehen, denn überhaupt in der Lage sein?
    Er würde es nie herausfinden, wenn er nicht irgendwann einen Anfang machte. Es zumindest ein einziges Mal ausprobierte und feststellte, wie es sich anfühlte, jemanden zu übervorteilen.
    Ohne vorher den Vorsatz gehabt zu haben, der ihmwomöglich den Appetit verdorben hätte. Der Gedanke war ihm gerade jetzt erst, im Toben der Tische, gekommen. Diesmal war es also noch am einfachsten.
    So hörte er auf zu kippeln. Er stieß sich von der Wand ab und brachte den Stuhl ordentlich zum Stehen. Dann erhob er sich und ging, vorüber am Getümmel der ringenden Parteien, mitten hindurch durch das Wettvolk, die kreischenden Frauen und den bierschaumigen Lärm, der den ganzen Schankraum bis zum Bersten ausfüllte. Einer der Tische kenterte gerade, die Männer darauf purzelten durcheinander, mit Gliedmaßen, deren Zugehörigkeit nicht eindeutig war. Großes Gelächter brandete wie eine Welle gegen eine Klippe und zerplatzte zu speicheliger Gischt.
    Minten erreichte die Tür.
    »He, du da, Löwenkopf! Du hast noch nicht bezahlt!«
    Der Wirt. Nur wenige Schritte von Minten entfernt. Wie um alles in der Welt hatte der Wirt in diesem Getöse bloß den Überblick behalten

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