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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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können? Vielleicht hätte Minten sich nicht so auffällig aus allem heraushalten sollen, nicht so ein finsteres Gesicht machen. Vielleicht war tatsächlich seine Haarpracht zu auffällig. Vielleicht war er auch einfach zu sehr Stammgast, um unbeachtet bleiben zu können.
    Minten sah diesen Augenblick seines Lebens sehr scharf umrissen vor sich. Noch war alles einfach. Er brauchte nur stehen zu bleiben und etwas zu murmeln wie: »Ich wollte nur kurz Luft schnappen, selbstverständlich werde ich noch bezahlen.« Dabei das Kästchen mit den klimpernden Stücken darin vorzeigen. Oder dem Wirt die Stücke wortlos in die Hände drücken unddabei wortkarg und finster bleiben, so als hätte der Wirt gut daran getan, den angehenden Studenten ans Bezahlen zu erinnern.
    Oder aber er schritt durch diese Tür und trat in ein neues Dasein ein.
    Ein Dasein, in dem selbst der Traum vom Studium möglicherweise nicht mehr träumbar war.
    War denn nicht jeder Mensch der Zügelhalter seines eigenen Lebens?
    War denn nicht Zügellosigkeit das, was in dieser Schenke tobte und was ihn, Minten Liago, der sich anschickte, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen, aus der Gemeinschaft geradezu hinauswarf?
    Er trat durch die Tür ins Freie.
    Die Luft draußen war nächtlich, kühl und angenehm. Überall in Kurkjavok roch es nach dem Meer und überall nach dem Himmel darüber.
    Minten machte ein paar Schritte in die Gasse hinein, als hinter ihm die Schanktür aufgestoßen wurde. Der Wirt rief ihm noch einmal etwas hinterher, das klang wie: »He, du wirst doch nicht einfach so abhauen, oder?« Dann rief der Wirt nichts mehr, sondern stieß stattdessen in seine bronzefarbene, alte Armeetrompete. Ein von der Armee festgelegtes, leicht erkennbares Signal: Alarm.
    Minten kam beinahe zweihundert Schritt weit durch die Gasse der Tanzenden Lampen, dann versperrte ihm plötzlich eine Gruppe von fünf unrasierten und nur unzulänglich ausgerüsteten Stadtsoldaten des Sechsten Baronats den Weg. Deutlich war die ziselierte »6« auf ihren Uniformen zu erkennen. Das Trompetensignal desWirts war immer noch zu hören. Mithilfe des Instruments gab der Wirt Informationen weiter. Wie viele. Was. Wohin.
    »Zeche prellen, was?«, griente einer der Soldaten. »Das ist aber gar nicht nett.«
    »Gar nicht nett«,wiederholte ein anderer.
    »Du wirst jetzt das Vierfache zahlen«, kündigte der Gutgelaunte an. »Dem Wirt seinen Teil und noch einen dazu für die Aufregung, und uns zwei weitere Teile, weil wir uns die Mühe machen mussten, extra hierherzulaufen!«
    »Haben uns tatsächlich Mühe machen müssen«, bekräftigte der andere. »Sind schon fast in Schweiß geraten.«
    Wieder sah Minten diesen Augenblick so deutlich vor sich, als würde ihm jemand das Geschehen aufzeichnen, und er selbst schaute von oben herab auf diese Zeichnung. Noch immer gab es ein Zurück. Die vier Teile bezahlen – er hatte knapp genügend Stücke bei sich, obwohl er dann für morgen keine mehr übrig haben würde –, eine Entschuldigung murmeln, auf jeden Fall die unbewaffneten Hände heben und Aufgabe signalisieren. Zechprellerei war kein allzu schwerwiegendes Verbrechen. Wahrscheinlich würde es mit dieser Buße schon abgegolten sein. Minten zögerte.
    Von hinten kam der Wirt angelaufen, mit ihm ein Gehilfe. Das erschien Minten bemerkenswert. Die von der Trompeterei in ihrem Kriegsspiel unterbrochenen Gäste konnten dem Wirt inzwischen seine ganze Taverne auseinandernehmen, aber das nahm er in Kauf, um einen einzigen Zechpreller nicht entkommen zu lassen. Dabei hatte Minten sich nicht einmal ein besonders teures Gericht schmecken lassen. Weshalb war dieser Wirt nur so adleräugig hinter ihm her? Weil Minten ein Stammkunde war? Machte dies das Vergehen besonders schmerzhaft?
    Der vorderste Soldat kam auf ihn zu. »So, jetzt mal voran hier mit den Stücken. Wir haben noch Besseres zu tun in dieser Nacht.« Er erreichte Minten und machte Anstalten, ihn anzufassen, nach seinem Stückekästchen zu greifen. Minten ergriff den ausgestreckten Arm des Soldaten und drehte ihn so herum, dass der Soldat, wenn er sich nicht den Arm brechen wollte, einen Salto machen musste und unsanft auf dem Hosenboden landete.
    Sofort begann ein großer Tumult. Drei Soldaten gingen gleichzeitig auf Minten los, zwei barhändig mit gierig nach ihm ausgestreckten Fingern, der dritte zog seinen mit Leder umwickelten Eisenstab aus einem Halfter. Dem mit dem Schlagstock drosch Minten die Faust dermaßen hart auf

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