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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Lanier schildert ihm den Fall in groben Zügen.
    »Nein.«
    Dr. Lanier nennt ein paar weitere Einzelheiten.
    »Darf ich Sie mal was fragen? Warum, zum Teufel, sollte ich über eine Drogentote in Baton Rouge Bescheid wissen?« Marino klingt nicht sehr freundlich.
    »Dieselbe Frage habe ich an Sie.«
    »Was? Sind Sie so ein Arschloch, das mich verscheißern will?«
    »Es gibt zwar viele Leute, die mich für ein Arschloch halten«, gibt Dr. Lanier zurück. »Aber ich will Sie nicht verscheißern.«
    Er überlegt, ob er Marino von Jean-Baptiste Chandonnes Brief erzählen soll, und beschließt, dass das nichts bringen würde. Seine Frage ist bereits beantwortet: Marino hat keine Ahnung vom Fall Charlotte Dard und ist genervt, weil so ein dahergelaufener Leichenbeschauer ihn belästigt.
    »Ach, da wäre noch etwas; dann werde ich Ihre Zeit auc h n icht länger in Anspruch nehmen«, sagt Dr. Lanier. »Sie sind doch ein guter Bekannter von Dr. Kay Scarpetta ...«
    »Was hat sie damit zu tun?« Marinos Ton ändert sich schlagartig. Nun ist er unverblümt feindselig.
    »Soweit mir bekannt ist, betätigt sie sich inzwischen als private Beraterin.« Dr. Lanier hat einen kurzen Absatz dazu im Internet gelesen.
    Marino antwortet nicht.
    »Wie schätzen Sie sie ein?« Dr. Lanier stellt die Frage, die den Vulkanausbruch seiner Ansicht nach beschleunigen wird.
    »Ich sag Ihnen mal was, Arschloch. Ich schätze sie so hoch ein, dass ich nicht mit irgendeinem beschissenen Fremden über sie rede.«
    Der Anruf endet mit dem Freizeichen.
    In Sam Laniers Augen hätte Marino Dr. Kay Scarpetta gar kein besseres Leumundszeugnis ausstellen können. Jetzt ist sie ihm herzlich willkommen.

9
    Scarpetta steht an der Rezeption des Marriott Schlange. Ihr Schädel pocht, ihr Zentralnervensystem ist vom Wein stark in Mitleidenschaft gezogen. Das widerliche Gesöff sollte eigentlich einen Totenschädel mit gekreuzten Knochen auf dem Etikett tragen.
    Ihr Unwohlsein und Leiden sind viel stärker, als sie Nic verraten hat, und ihr körperlicher Zustand und ihre Laune verschlechtern sich von Minute zu Minute. Sie weigert sich, ihre Krankheit als Kater zu diagnostizieren (schließlich hat sie nur knapp zwei Gläser von diesem verdammten Wein getrunken), und sie wird sich nie verzeihen, dass sie einem alkoholischen Getränk, das in einem Pappkarton verkauft wird, überhaupt ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat.Aus der schmerzlichen Erfahrung vieler Jahre weiß sie, dass sie sich im Fall eines solchen Missgeschicks umso scheußlicher fühlen wird, je mehr Kaffee sie trinkt. Allerdings hindert sie das nie daran, sich eine große Kanne aufs Zimmer zu bestellen und »nach dem Bauch zu fliegen statt nach den Instrumenten«, wie Lucy es auszudrücken pflegt, wenn ihre Tante wieder einmal die Lebenserfahrung in den Wind schlägt, spontan handelt und eine Bruchlandung hinlegt.
    Als sie endlich bei der Theke ankommt und um die Rechnung bittet, wird ihr ein Umschlag überreicht.
    »Das wurde gerade für Sie abgegeben, Ma’am«, sagt die gehetzte Empfangsdame, während sie den Computerausdruck mit der Hotelrechnung aus dem Drucker reißt und Scarpetta gibt.
    In dem Umschlag befindet sich ein Fax. Scarpetta geht hinter dem Pagen her, der ihren Gepäckwagen schiebt. Der Wagen ist mit Taschen und drei kleinen Kisten beladen, die Dia- karussells enthalten. Sie hat sich die Mühe gespart, die Dias in eine Power-Point-Präsentation zu übertragen, weil sie so etwas nicht ausstehen kann. Um ein Foto von einem Mann, der sich mit einer Flinte die Schädeldecke weggepustet hat, oder von einem zu Tode verbrühten Kind zu zeigen, braucht man keinen Computer und Spezialeffekte. Dias und Arbeitsblätter erfüllen ihren Zweck heute noch genauso gut wie damals am Anfang ihrer Karriere.
    Das Fax ist von ihrer Sekretärin Rose, die offenbar gerade in dem Moment angerufen hat, als Scarpetta sich vom Aufzug in die Hotelhalle schleppte. Rose schreibt nur, Dr. Sam Lanier, der Leichenbeschauer des Bezirks Baton Rouge Ost, müsse dringend mit ihr sprechen. Rose nennt seine Privat-, seine Büro- und die Mobilfunknummer. Sofort muss Scarpetta an Nic Robillard und an ihr Gespräch vor einer knappen Stunde denken.
    Sie wartet, bis sie im Taxi sitzt, und ruft dann Dr. Laniers Büronummer an. Er ist selbst am Apparat.
    »Woher wussten Sie, wer meine Sekretärin ist und wie Sie mich erreichen können?«, fragt sie ohne Einleitung.
    »Ihr früheres Büro in Richmond war so freundlich, mir Ihre Nummer

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