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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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vorstellen, welche Betrübnis und welcher Ingrimm die ganze Seele erfüllen, wenn unverständige Menschen eine große Idee, die man schon lange heilig geachtet hat, aufgreifen und zu ebensolchen Dummköpfen, wie sie selbst es sind, auf die Straße schleppen und man sie dann auf einmal auf dem Trödelmarkte wiederfindet, kaum wiederzuerkennen, mit Schmutz besudelt, in abgeschmackter Art in einem Winkel zur Schau gestellt, wo es an aller Proportion und Harmonie fehlt, ein Spielzeug für dumme Kinder! Nein, da war es doch zu unserer Zeit anders, und wir haben andere Ziele verfolgt. Ja, ja, ganz andere Ziele! Ich erkenne die Welt gar nicht wieder ... Aber unsere Zeit wird wiederkommen und wird alles, was jetzt schwankt und taumelt, auf den festen Weg führen. Was soll denn auch sonst aus der Welt werden? ...«
     
VII.
     
    Gleich nach der Rückkehr aus Petersburg schickte Warwara Petrowna ihren Freund »zu seiner Erholung« ins Ausland; auch war es erforderlich, daß sie sich für einige Zeit voneinander trennten, das fühlte sie. Stepan Trofimowitsch fuhr ganz entzückt ab: »Dort werde ich ein neues Leben beginnen!« rief er aus. »Dort werde ich mich endlich wieder der Wissenschaft widmen!« Aber gleich in den ersten Briefen aus Berlin stimmte er wieder die alte Leier an: »Mein Herz ist zerrissen,« schrieb er an Warwara Petrowna; »ich kann die Vergangenheit nicht vergessen! Hier in Berlin hat mich alles an meine alte Zeit erinnert, an meine ersten Wonnen und an meine ersten Qualen. Wo ist sie? Wo sind jetzt diese beiden weiblichen Wesen? Wo seid ihr, ihr meine beiden guten Engel, deren ich nie wert gewesen bin? Wo ist mein Sohn, mein geliebter Sohn? Wo ist endlich mein eigenes früheres Ich geblieben, ich, der ich ehemals stark wie Stahl und unerschütterlich wie ein Fels war, während jetzt so ein Andrejew, ein rechtgläubiger, bärtiger Hansnarr,
peut briser mon existence en deux
«, usw. usw. Was Stepan Trofimowitschs Sohn anlangt, so hatte er ihn nur zweimal in seinem ganzen Leben gesehen, das erstemal, als er geboren wurde, und das zweitemal kürzlich in Petersburg, wo der junge Mensch sich zum Eintritt in die Universität vorbereitete. Die ganze Zeit her war der Knabe, wie bereits gesagt ist, bei seinen Tanten im Gouvernement O***, siebenhundert Werst von Skworeschniki entfernt, (auf Warwara Petrownas Kosten) erzogen worden. Was nun jenen Andrejew anlangt, so war das ganz einfach unser hiesiger Kaufmann und Ladenbesitzer Andrejew, ein großer Sonderling, archäologischer Autodidakt, leidenschaftlicher Sammler russischer Altertümer, der sich manchmal vor Stepan Trofimowitsch mit seinen Kenntnissen und namentlich mit seiner patriotischen Gesinnung aufspielte. Dieser achtbare Kaufmann mit seinem grauen Barte und seiner großen silbernen Brille hatte von Stepan Trofimowitsch einige Desjätinen Wald auf dessen kleinem, bei Skworeschniki gelegenen Gute zum Abschlagen gekauft, war aber mit der Zahlung von vierhundert Rubeln im Rückstand geblieben. Obgleich Warwara Petrowna ihren Freund, als sie ihn nach Berlin schickte, reichlich mit Geldmitteln ausgestattet hatte, hatte Stepan Trofimowitsch doch auf diese vierhundert Rubel vor seiner Abreise noch besonders gerechnet, wahrscheinlich für seine geheimen Ausgaben, und hatte beinah geweint, als Andrejew bat, ihm einen Monat Frist zu geben; übrigens hatte dieser sogar ein Recht auf einen solchen Aufschub; denn er hatte die ersten Raten fast ein halbes Jahr vor den Terminen bezahlt, weil Stepan Trofimowitsch sich damals in besonderer Geldklemme befunden hatte. Warwara Petrowna las diesen ersten Brief mit lebhaftem Interesse durch, unterstrich mit Bleistift den Ausruf: »Wo sind jetzt diese beiden weiblichen Wesen?« vermerkte darauf das Eingangsdatum und schloß ihn in das Schubfach. Er hatte natürlich seine beiden verstorbenen Frauen gemeint. In dem zweiten Briefe, der aus Berlin eintraf, war die Tonart eine etwas andere: »Ich arbeite zwölf Stunden täglich,« (»na, wenn's auch nur elf sind,« murmelte Warwara Petrowna), »stöbere in den Bibliotheken umher, kollationiere, kopiere, laufe herum; ich bin bei vielen Professoren gewesen. Ich habe die Bekanntschaft mit der prächtigen Familie Dundasow erneuert. Wie reizend ist Nadeschda Nikolajewna noch immer! Sie läßt Sie grüßen. Ihr junger Gatte und alle drei Neffen sind in Berlin. Abends unterhalte ich mich mit der Jugend bis zum Morgengrauen, und wir haben somit beinah attische Nächte, aber nur was Geist und

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