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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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genannten Andrejew auf Borg entnommen. Alle Halbjahr bezahlte Warwara Petrowna die Rechnung, und der Tag der Bezahlung war fast immer auch ein Tag der Cholerine.
    Das älteste Mitglied unseres Vereins war der Gouvernementsbeamte Liputin, ein nicht mehr junger Mann, ein großer Fortschrittler; in der Stadt galt er auch für einen Atheisten. Er war zum zweitenmal verheiratet, mit einer jungen, hübschen Frau, die ihm eine beträchtliche Mitgift gebracht hatte; außerdem hatte er drei Töchter im Backfischalter. Seine ganze Familie hielt er zur Gottesfurcht und zu einem sehr häuslichen Leben an; er war außerordentlich geizig und hatte sich von seinen Ersparnissen im Dienste ein Häuschen angeschafft und ein Kapital angesammelt. Er war ein unruhiger Mensch, auch bekleidete er nur ein niedriges Amt; in der Stadt genoß er wenig Achtung, und in die bessere Gesellschaft hatte er keine Aufnahme gefunden. Zudem war er ein notorisches Lästermaul, wofür er schon mehrmals und empfindlich bestraft worden war, einmal von einem Offizier und ein anderes Mal von einem achtbaren Familienvater, einem Gutsbesitzer. Aber wir liebten seinen scharfen Verstand, seine Wißbegierde, seine eigenartige, boshafte Lustigkeit. Warwara Petrowna mochte ihn nicht leiden; aber er verstand es immer, ihr gegenüber den Liebenswürdigen zu spielen.
    Auch Schatow erfreute sich nicht ihrer Gunst, der erst im letzten Jahre Mitglied unseres Vereines geworden war. Schatow war früher Student gewesen, aber infolge einer studentischen Skandalgeschichte von der Universität verwiesen worden; als Kind hatte er Stepan Trofimowitschs Unterricht genossen; geboren war er als Leibeigner Warwara Petrownas, und zwar als Sohn ihres verstorbenen Kammerdieners Pawel Fjodorow, und er hatte von ihr viele Wohltaten empfangen. Sie mochte ihn nicht leiden wegen seines Stolzes und wegen seiner Undankbarkeit und konnte es ihm nie verzeihen, daß er nach seiner Relegation von der Universität nicht sogleich zu ihr gekommen war; ja, auf einen Brief, den sie damals expreß an ihn geschrieben hatte, hatte er ihr nicht einmal geantwortet, sondern es vorgezogen, sich bei einem einigermaßen kultivierten Kaufmann als Lehrer der Kinder desselben zu verdingen. Er war mit der Familie dieses Kaufmanns ins Ausland gefahren, mehr in der Stellung eines Aufsehers der Kinder als eines Erziehers; aber es zog ihn damals außerordentlich nach dem Auslande. Bei den Kindern befand sich auch noch eine Gouvernante, ein frisches russisches Fräulein, die ebenfalls erst kurz vor der Abreise in das Haus eingetreten und hauptsächlich der Wohlfeilheit halber angenommen war. Nach zwei Monaten jagte sie der Kaufmann »wegen ihrer freien Anschauungen« weg. Nach ihr machte sich auch Schatow davon und ließ sich bald darauf mit ihr in Genf trauen. Sie lebten etwa drei Wochen zusammen; dann trennten sie sich wieder als freie, durch nichts gebundene Menschen, allerdings auch wegen ihrer Armut. Lange Zeit trieb er sich darauf allein in Europa umher und lebte Gott weiß wovon; es heißt, er habe auf der Straße Stiefel geputzt und sei in einem Hafen Lastträger gewesen. Vor einem Jahre war er endlich in seinen Heimatort zurückgekehrt und hatte sich daselbst mit einer alten Tante zusammen niedergelassen, die er nach einem Monate begrub. Mit seiner Schwester Dascha, die ebenfalls ein Pflegekind Warwara Petrownas war und in einer Günstlingsstellung bei ihr auf sehr vornehmem Fuße lebte, unterhielt er nur sehr spärliche und entfernte Beziehungen. Unter uns war er beständig mürrisch und schweigsam; aber mitunter, wenn jemand seine Überzeugungen antastete, zeigte er eine krankhafte Reizbarkeit und ließ dann seiner Zunge die Zügel schießen. »Schatow muß man zuerst binden; erst dann kann man mit ihm disputieren,« sagte Stepan Trofimowitsch manchmal; aber er hatte ihn gern. Im Auslande hatte Schatow einige seiner früheren sozialistischen Ansichten vollständig geändert und war zum entgegengesetzten Extrem übergegangen. Er war eine jener idealen russischen Naturen, die irgendeine starke Idee plötzlich überkommt und sofort gleichsam mit ihrer Last niederdrückt, manchmal sogar für das ganze Leben. Sie verstehen niemals mit ihr fertig zu werden, glauben aber an sie leidenschaftlich, und so vergeht denn ihr ganzes Leben wie in einem Todeskampfe unter dem auf ihnen lastenden und sie schon halb zermalmenden Steine. Schatows Äußeres entsprach vollständig seinen Anschauungen: er war unbeholfen, blond,

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