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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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sich schämen, daß das russische Volk nicht von derselben Art ist. Das ist die nackte Wahrheit! Wer aber kein Volk hat, der hat auch keinen Gott! Glauben Sie sicher: jeder, der sein Volk zu verstehen aufhört und die Verbindung mit ihm verliert, verliert auch im selben Augenblick und im selben Maße den väterlichen Glauben und wird entweder ein Atheist oder gleichgültig. Ich spreche die Wahrheit! Das ist eine Tatsache, die sich belegen läßt. Das ist der Grund, weshalb Sie alle und wir alle jetzt entweder schändliche Atheisten oder indifferentes, liederliches Gesindel sind und weiter nichts! Und ich schließe auch Sie, Stepan Trofimowitsch, ganz und gar nicht aus; was ich gesagt habe, war sogar ausdrücklich auf Sie gemünzt. Das mögen Sie wissen!«
    Gewöhnlich ergriff Schatow nach einem solchen längeren Erguß (wie er bei ihm oft vorkam) seine Mütze und stürzte zur Tür, fest überzeugt, daß nun alles zu Ende sei, und daß er seine freundschaftlichen Beziehungen zu Stepan Trofimowitsch vollständig und für alle Zeit zerstört habe. Aber der hielt ihn immer noch rechtzeitig zurück.
    »Wollen wir uns nun nicht nach all diesen freundlichen Worten versöhnen, Schatow?« pflegte er zu sagen und ihm von seinem Lehnstuhl aus gutmütig die Hand hinzustrecken.
    Der plumpe, aber sich leicht schämende Schatow mochte Zärtlichkeiten nicht leiden. Seinem äußeren Wesen nach grob und derb, besaß er doch, wie ich glaube, im stillen ein großes Zartgefühl. Er überschritt zwar oft das rechte Maß, war aber selbst der erste, der darunter litt. Nachdem er auf Stepan Trofimowitschs einladende Worte etwas vor sich hingebrummt und wie ein Bär auf demselben Flecke herumgetreten hatte, lächelte er auf einmal unerwartet, legte seine Mütze wieder hin und setzte sich auf seinen früheren Platz, wobei er hartnäckig auf den Boden blickte. Natürlich wurde Wein gebracht, und Stepan Trofimowitsch brachte einen passenden Toast aus, zum Beispiel auf das Andenken einer der früheren Größen der Politik und Literatur.
     
Fußnoten
     
    1 Am 19. Februar 1861 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
    2 Ein Bauerntanz.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
    3 Eine im Jahre 1847 erschienene Erzählung von Grigorowitsch.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
    4 Fürst von Nowgorod, 1151-1202.
    Anmerk. des Übersetzers.
     
    5 Dieser hat Kleingetier, wie Käfer u. dgl., betrachtet und darüber den Elefanten nicht gesehen.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     

Zweites Kapitel.
     
    Prinz Harry. Die Brautwerbung.
     
I.
    Es gab auf der Erde noch ein Wesen, zu welchem Warwara Petrowna nicht mindere Zuneigung empfand als zu Stepan Trofimowitsch, und das war ihr einziger Sohn Nikolai Wsewolodowitsch Stawrogin. Für ihn war ja auch Stepan Trofimowitsch als Erzieher angenommen worden. Der Knabe war damals acht Jahre alt, und der leichtsinnige General Stawrogin, sein Vater, lebte damals schon von seiner Frau getrennt, so daß das Kind ausschließlich unter ihrer Obhut aufwuchs. Man muß Stepan Trofimowitsch die Gerechtigkeit widerfahren lassen, anzuerkennen, daß er es verstand, seinen Zögling an sich zu fesseln. Sein ganzes Geheimnis dabei bestand darin, daß er selbst noch ein Kind war. Ich stand damals mit ihm noch in keiner Beziehung; er bedurfte aber beständig eines aufrichtigen Freundes. Er trug kein Bedenken, den Kleinen, sowie er nur ein wenig heranwuchs, zu seinem Freunde zu machen. Sie stimmten in ihrem Wesen so gut zusammen, daß sich zwischen ihnen nicht der geringste Abstand fühlbar machte. Nicht selten weckte er seinen zehn- oder elfjährigen Freund in der Nacht auf, einzig und allein um ihm unter Tränen sein gekränktes Herz auszuschütten oder ihm irgendein häusliches Geheimnis zu entdecken, ohne daran zu denken, daß das durchaus unerlaubt sei. Sie fielen einander in die Arme und weinten. Der Knabe wußte, daß seine Mutter ihn sehr liebte; aber er selbst liebte sie kaum. Sie redete wenig mit ihm und legte seinem Willen nur selten Beschränkungen auf; aber er fühlte, daß ihr Blick ihn immer unverwandt verfolgte, und das war ihm peinlich. Übrigens setzte die Mutter in allem, was den Unterricht und die moralische Erziehung des Knaben anlangte, auf Stepan Trofimowitsch volles Vertrauen. Sie glaubte damals an ihn noch ohne Einschränkung. Man muß wohl annehmen, daß der Pädagog das Nervensystem seines Zöglings in Unordnung gebracht hatte. Als dieser im Alter von sechzehn Jahren auf das Lyzeum

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