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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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und auch sich davonzumachen,« murmelte Peter Stepanowitsch noch gröber.
    Beide blickten einander noch schärfer an.
    Es folgte ein Stillschweigen, das wohl eine Minute lang dauerte.
    »Zu Anfang des nächsten Mai wird es beginnen, und zu Mariä Fürbitte 1 wird alles beendet sein,« sagte Peter Stepanowitsch plötzlich.
    »Ich danke Ihnen aufrichtig,« erwiderte Karmasinow warm und drückte ihm die Hände.
    »Du wirst noch Zeit haben, du Ratte, aus dem Schiffe auszuwandern!« dachte Peter Stepanowitsch, als er auf die Straße trat. »Na, wenn sogar dieser ›überragende Verstand‹ sich mit solcher Überzeugung von dem Gelingen nach Tag und Stunde erkundigt und sich respektvoll für die erhaltene Auskunft bedankt, dann brauchen wir an unserer Kraft nicht zu zweifeln.« (Er lächelte.) »Hm ... Aber sie haben an ihm wirklich keinen dummen Parteigänger, und ... er ist doch nur eine auswandernde Ratte; eine solche denunziert nicht.«
    Er begab sich eilig nach der Bogojawlenskaja-Straße, nach dem Filippowschen Hause.
     
Fußnoten
     
    1 Am 1. Oktober.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     
VI.
    Peter Stepanowitsch ging zuerst zu Kirillow. Dieser war wie gewöhnlich allein und war diesmal damit beschäftigt, mitten im Zimmer turnerische Freiübungen auszuführen; nämlich mit gespreizten Beinen dastehend, schwenkte er die Arme in einer besonderen Weise über dem Kopfe herum. Auf dem Fußboden lag ein Ball. Auf dem Tische stand der noch nicht weggeräumte, schon kalt gewordene Morgentee. Peter Stepanowitsch blieb ein Weilchen auf der Schwelle stehen.
    »Sie sind ja sehr besorgt um Ihre Gesundheit,« sagte er laut und heiter, als er dann ins Zimmer trat. »Aber was ist das für ein prächtiger Ball! Hui, wie er springt! Dient der auch zur Leibesübung?«
    Kirillow zog sich den Rock an.
    »Ja, er ist auch zur Gesundheit da,« murmelte er trocken. »Setzen Sie sich!«
    »Ich bin nur auf einen Augenblick gekommen. Aber hinsetzen will ich mich. Lassen wir nun die Gesundheit; ich bin hergekommen, um Sie an die Verabredung zu erinnern. Unser Termin rückt ›in gewissem Sinne‹ heran,« schloß er mit einer ungeschickten Begründung.
    »Was für eine Verabredung?«
    »Was ist das für eine Frage?« fuhr Peter Stepanowitsch auf. Er hatte ordentlich einen Schreck bekommen.
    »Es besteht keine Verabredung und keine Verpflichtung; ich habe mich durch nichts gebunden; das ist von Ihrer Seite ein Irrtum.«
    »Hören Sie mal, was reden Sie denn da?« rief Peter Stepanowitsch und sprang nun vollständig in die Höhe.
    »Ich habe meinen freien Willen.«
    »Welchen?«
    »Den früheren.«
    »Wie ist das zu verstehen? Das bedeutet doch, daß Sie wie früher denken?«
    »Ja. Nur ist keine Verabredung da und ist nie eine dagewesen, und ich habe mich durch nichts gebunden. Es war lediglich mein Wille und ist auch jetzt mein Wille.«
    Kirillow sprach in scharfem, mißmutigem Tone.
    »Einverstanden, einverstanden; sagen wir ›Wille‹, wenn nur dieser Wille sich nicht geändert hat,« sagte Peter Stepanowitsch und setzte sich mit zufriedener Miene wieder hin. »Sie ärgern sich über Worte. Sie sind in der letzten Zeit sehr reizbar geworden; darum bin ich einmal herangekommen, um Sie zu besuchen. Übrigens war ich vollkommen davon überzeugt, daß Sie Ihren Entschluß nicht ändern würden.«
    »Sie sind mir sehr widerwärtig; aber Sie können vollkommen überzeugt sein! Obgleich ich die Begriffe Veränderung und Nichtveränderung nicht gelten lasse.«
    »Aber wissen Sie,« fuhr Peter Stepanowitsch von neuem auf, »wir müssen doch wieder vernünftig reden, um uns nicht mißzuverstehen. Die Sache verlangt Bestimmtheit, und Sie machen mich ganz wirr. Gestatten Sie, daß ich rede?«
    »Reden Sie!« versetzte Kirillow kurz und blickte in eine Ecke.
    »Sie haben sich schon lange vorgenommen, sich das Leben zu nehmen ... das heißt, Sie hatten eine solche Idee. Habe ich mich richtig ausgedrückt, ja? Ist da auch kein Irrtum?«
    »Ich habe diese Idee auch jetzt noch.«
    »Sehr schön. Beachten Sie dabei, daß Sie niemand dazu gezwungen hat.«
    »Am Ende gar! Wie dumm Sie reden!«
    »Mag sein, mag sein; ich habe mich sehr dumm ausgedrückt. Unzweifelhaft wäre es sehr dumm, jemanden dazu zu zwingen. Ich fahre fort: Sie waren Mitglied der Gesellschaft schon zur Zeit der alten Organisation und bekannten es gleich damals einem Mitgliede der Gesellschaft.«
    »Bekannt habe ich nichts; ich habe es einfach gesagt.«
    »Meinetwegen. Es wäre ja auch

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