Die Dämonen
lächerlich, so etwas zu ›bekennen‹; es ist ja doch keine Beichte. Sie haben es einfach gesagt; sehr schön.«
»Nein, nicht sehr schön; denn Sie reden sehr unverständig. Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig, und Sie können meine Gedanken nicht begreifen. Ich will mir das Leben nehmen, weil das mein Gedanke ist, weil ich keine Todesfurcht will, weil ... weil Sie nichts davon zu wissen brauchen ... Was möchten Sie? Wollen Sie Tee trinken? Er ist kalt. Warten Sie, ich werde Ihnen ein anderes Glas bringen.«
Peter Stepanowitsch hatte wirklich schon nach der Teekanne gegriffen und suchte ein leeres Trinkgefäß. Kirillow ging zum Schranke und holte ein reines Glas.
»Ich habe eben bei Karmasinow gefrühstückt,« bemerkte der Gast; »dann habe ich zugehört, wie er redete, und geriet dabei in Schweiß; darauf lief ich hierher und geriet auch wieder in Schweiß; ich habe davon furchtbaren Durst bekommen.«
»Trinken Sie! Kalter Tee ist bekömmlich.«
Kirillow setzte sich wieder auf seinen Stuhl und bohrte sich wieder mit den Augen in der Ecke fest.
»In der Gesellschaft wurde der Gedanke ausgesprochen,« fuhr er in demselben Tone wie vorher fort, »ich könnte mich dadurch nützlich machen, daß ich mich tötete; wenn Sie hier irgend etwas angerichtet hätten und man nach den Schuldigen suchte, dann sollte ich mich erschießen und einen Brief hinterlassen, daß ich alles getan hätte, so daß auf Sie ein ganzes Jahr lang kein Verdacht fallen könnte.«
»Wenn auch nur für einige Tage; auch ein einzelner Tag ist kostbar.«
»Gut. In dieser Absicht wurde mir gesagt, wenn es mir recht wäre, möchte ich noch warten. Ich sagte, ich würde warten, bis mir von seiten der Gesellschaft der Zeitpunkt angegeben würde, weil es mir ganz egal war.«
»Ja, aber erinnern Sie sich, daß Sie sich verpflichtet haben, den Brief vor dem Tode nur in Gemeinschaft mit mir abzufassen und nach der Ankunft in Rußland zu meiner ... na, kurz, zu meiner Verfügung zu stehen, das heißt selbstverständlich nur für diesen einen Fall; in jeder andern Hinsicht sind Sie natürlich frei,« fügte Peter Stepanowitsch in beinah liebenswürdigem Tone hinzu.
»Ich habe mich nicht verpflichtet; ich habe mich nur einverstanden erklärt, weil mir doch alles egal ist.«
»Nun schön, schön; ich beabsichtige durchaus nicht, Ihr Ehrgefühl zu verletzen, aber ...«
»Um Ehrgefühl handelt es sich nicht.«
»Aber erinnern Sie sich, daß für Sie hundertundzwanzig Taler zur Reise zusammengebracht wurden, und Sie somit Geld genommen haben.«
»Durchaus nicht!« rief Kirillow hitzig. »Diese Bedingung war nicht an das Geld geknüpft. Dafür nimmt man kein Geld.«
»Mitunter doch.«
»Sie lügen. Ich habe in einem Briefe aus Petersburg die Sache klargestellt, und in Petersburg habe ich Ihnen die hundertzwanzig Taler zurückgezahlt, in Ihre eigene Hand ... und sie sind dorthin zurückgesandt worden, vorausgesetzt, daß Sie sie nicht für sich behalten haben.«
»Gut, gut, ich will über nichts streiten; sie sind zurückgesandt. Die Hauptsache ist, daß Sie noch ebenso denken wie früher.«
»Das tue ich. Sobald Sie kommen und sagen: ›Es ist Zeit‹, werde ich alles ausführen. Wie steht's? Wird es bald soweit sein?«
»In wenigen Tagen ... Aber vergessen Sie nicht: den Brief fassen wir zusammen ab, gleich in derselben Nacht.«
»Meinetwegen auch bei Tage. Sie sagten, ich solle die Proklamationen auf mich nehmen?«
»Und sonst noch etwas.«
»Ich nehme nicht alles auf mich.«
»Was wollen Sie denn nicht auf sich nehmen?« fuhr Peter Stepanowitsch wieder auf.
»Was ich nicht will; das genügt. Ich mag nicht mehr darüber reden.«
Peter Stepanowitsch bezwang sich und änderte das Gesprächsthema.
»Ich will noch von etwas anderem reden,« schickte er voraus. »Werden Sie heute abend bei den Unsrigen sein? Wirginski begeht seinen Namenstag; unter diesem Vorwande werden sie sich versammeln.«
»Ich habe keine Lust.«
»Tun Sie uns den Gefallen und kommen Sie hin! Es ist nötig. Wir müssen durch die Zahl und durch die Gesichter Eindruck machen ... Und Sie haben ein Gesicht ... na, kurz, Sie haben ein bedeutsames Gesicht.«
»Finden Sie?« erwiderte Kirillow lachend. »Gut, ich werde kommen; aber nicht wegen des Gesichtes. Wann?«
»Oh, möglichst früh, um halb sieben. Und wissen Sie, Sie können hereinkommen und sich hinsetzen und brauchen mit niemandem zu reden, mögen auch noch so viele da sein. Nur, wissen Sie, vergessen Sie
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