Die Dämonen
wiederholte Dascha leise, aber mit einer Art von mürrischer Festigkeit.
»Das habe ich gewußt! Und ich will dir sagen, Darja, daß ich niemals an dir zweifeln werde. Jetzt setze dich hin und höre einmal zu! Setz dich dort auf den andern Stuhl, mir gegenüber; ich möchte dir voll ins Gesicht sehen. So ist es gut! Also höre: möchtest du dich verheiraten?«
Dascha antwortete mit einem langen, fragenden, übrigens nicht allzu verwunderten Blicke.
»Warte! Sei still! Erstens ist ein Unterschied in den Jahren, ein sehr bedeutender; aber du weißt ja am besten, daß das dummes Zeug ist. Du bist ein vernünftig denkendes Mädchen, und daher werden in deinem Leben keine Fehler vorkommen. Übrigens ist er noch ein hübscher Mann ... Kurz, ich meine Stepan Trofimowitsch, den du immer sehr geschätzt hast. Nun?«
Der fragende Ausdruck in Daschas Gesichte steigerte sich noch; sie blickte ihre Gönnerin jetzt nicht nur verwundert an, sondern errötete auch merklich.
»Halt, schweig! Keine Überstürzung! Du wirst zwar nach meinem Testamente eine Summe Geldes erhalten; aber wenn ich sterbe, was wird dann aus dir werden, auch mit dem Gelde? Man wird dich betrügen und dir das Geld abnehmen, und dann bist du verloren. Aber wenn du ihn heiratest, bist du die Frau eines angesehenen Mannes. Nun betrachte die Sache von der anderen Seite: wenn ich jetzt sterbe, was wird dann aus ihm werden, auch wenn ich ihn in meinem Testamente bedenke? Da setze ich nun meine Hoffnung auf dich. Warte, ich bin noch nicht zu Ende. Er ist leichtsinnig, schlaff, ohne Mitgefühl, selbstisch, hat unwürdige Gewohnheiten; aber habe du dennoch Achtung vor ihm, schon deswegen, weil es noch weit schlechtere gibt. Ich will dich doch nicht irgendeinem Lumpen zur Frau geben, um dich loszuwerden; das hast du doch nicht gedacht? Aber die Hauptsache ist: weil ich dich darum bitte, deshalb mußt du ihn schätzen und achten,« brach sie auf einmal gereizt ab. »Hörst du wohl? Warum sperrst du dich?«
Dascha hörte noch immer schweigend zu.
»Halt, warte noch! Er ist ein altes Weib; aber um so besser für dich. Sogar ein klägliches altes Weib; er verdient es durch seine Persönlichkeit gar nicht, daß ihn eine Frau liebt. Aber er verdient es wegen seiner Schutzbedürftigkeit; liebe du ihn um derentwillen! Du verstehst mich doch? Verstehst du mich?«
Dascha nickte bejahend mit dem Kopfe.
»Nun, das wußte ich; ich habe nichts anderes von dir erwartet. Er wird dich lieben, weil er muß, weil er muß; er muß dich vergöttern!« kreischte Warwara Petrowna in besonders gereiztem Tone. »Übrigens wird er, auch ohne es zu müssen, sich in dich verlieben; ich kenne ihn ja. Außerdem werde ich selbst nach dem Rechten sehen. Sei unbesorgt; ich werde immer nach dem Rechten sehen. Er wird sich über dich beklagen, wird dich verleumden, wird dem ersten besten etwas über dich ins Ohr flüstern, wird wimmern, ewig wimmern; er wird dir von einem Zimmer nach dem andern Briefe schreiben, zwei Stück an einem Tage, und wird doch ohne dich nicht leben können, und das ist die Hauptsache. Zwinge ihn, dir zu gehorchen; wenn du ihn dazu nicht zu zwingen verstehst, bist du dumm. Wenn er sich aufhängen will und dir damit droht, so glaube ihm nicht; das ist nur dummes Zeug! Glaube es nicht; aber paß dennoch gut auf; am Ende tut er es doch einmal; das kommt bei solchen Menschen vor; nicht aus Stärke, sondern aus Schwäche hängen sie sich auf; und darum treibe ihn nie bis zum Äußersten; das ist die erste Regel in der Ehe. Vergiß auch nicht, daß er ein Dichter ist. Höre, Darja: es gibt kein höheres Glück als sich selbst aufzuopfern. Und außerdem tust du mir damit einen großen Gefallen, und das ist die Hauptsache. Denke nicht, daß ich aus Dummheit soeben törichtes Zeug geredet habe: ich weiß sehr wohl, was ich sage. Ich bin egoistisch; sei du es auch! Ich zwinge dich ja nicht gegen deinen Willen; du hast völlig freie Hand; wie du sagst, so wird es geschehen. Nun, warum sitzt du so da? Sprich ein Wort!«
»Mir ist alles gleich, Warwara Petrowna, wenn ich mich denn einmal durchaus verheiraten soll,« sagte Dascha in festem Tone.
»Durchaus? Was willst du damit andeuten?« fragte Warwara Petrowna und blickte sie streng und unverwandt an.
Dascha schwieg und kratzte mit der Nadel an ihren Fingern herum.
»Du bist ja sonst ein verständiges Mädchen, hast aber doch eben Unsinn geredet. Es ist zwar richtig, daß ich jetzt ernstlich daran gedacht habe, dich zu
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