Die Dämonen
»
Ces gens-là supposent la nature et la société humaine autres que Dieu ne les a faites et qu'elles ne sont réellement.
Manche scherzen mit diesen Leuten; aber Stepan Werchowenski tut das jedenfalls nicht. Ich habe sie damals in Petersburg gesehen,
avec cette chère amie
(oh, wie habe ich diese Freundin damals gekränkt!), und habe mich nicht nur ihren Schimpfreden, sondern auch ihren Lobsprüchen gegenüber furchtlos bewiesen. Ich fürchte sie auch jetzt nicht;
mais parlons d'autre chose ...
ich habe, wie es scheint, schreckliche Dinge angerichtet; denken Sie sich: ich habe gestern einen Brief an Darja Pawlowna abgeschickt, und ... wie verwünsche ich mich nun deswegen!«
»Was haben Sie ihr denn geschrieben?«
»O mein Freund, Sie können mir glauben: es war alles ein Ausfluß edler Gesinnung. Ich teilte ihr mit, daß ich schon fünf Tage vorher an Nikolai geschrieben hätte, und zwar in demselben Sinne.«
»Jetzt verstehe ich!« rief ich erregt. »Und welches Recht hatten Sie, die beiden so miteinander zu konfrontieren?«
»Aber,
mon cher,
drücken Sie mich doch nicht vollständig zu Boden, und schreien Sie mich nicht so an; ich bin ja so schon zerquetscht wie ... wie eine Schabe; und ich glaube doch auch, daß meine ganze Handlungsweise durchaus edel ist. Nehmen Sie an, daß dort,
en Suisse,
wirklich etwas geschehen ist ... oder sich angebahnt hat. Da muß ich doch vorsichtshalber ihre Herzen befragen, damit ...
enfin,
damit ich ihren Herzen nicht hinderlich werde und ihnen wie ein Pfahl im Wege stehe ... Ich habe nur aus edler Gesinnung gehandelt.«
»O Gott, wie dumm haben Sie gehandelt!« entfuhr es mir unwillkürlich.
»Dumm, dumm!« fiel er ordentlich eifrig ein. »Das ist das Klügste, was Sie je gesagt haben;
c'était bête, mais que faire, tout est dit.
Ich werde ja doch unter allen Umständen heiraten, auch wenn ›fremde Sünden‹ vorliegen; also wozu brauchte ich da erst noch zu schreiben? Nicht wahr?«
»Sie kommen wieder auf dasselbe zurück!«
»Oh, jetzt lasse ich mich nicht durch Ihr Geschrei erschrecken; jetzt haben Sie nicht mehr jenen früheren Stepan Werchowenski vor sich; der ist begraben;
enfin, tout est dit.
Und warum machen Sie ein solches Geschrei? Einzig und allein deswegen, weil Sie selbst nicht heiraten und auf diese Art nicht in die Lage kommen, den bekannten Kopfschmuck zu tragen. Ärgert Sie diese Bemerkung wieder? Mein armer Freund, Sie kennen das Weib nicht; ich aber habe im Leben kaum etwas anderes getan als das Weib studiert. ›Wenn du die ganze Welt überwinden willst, so überwinde dich selbst!‹ Das ist der einzige gute Ausspruch, der einem andern, Ihnen ähnlichen Romantiker, Schatow, dem Bruder meiner künftigen Frau, gelungen ist. Gern nehme ich diesen Gedanken von ihm herüber. Nun, sehen Sie: auch ich bin bereit, mich selbst zu überwinden, und heirate; aber was werde ich statt der ganzen Welt erobern? O mein Freund, die Ehe ist der geistige Tod jeder stolzen Seele, jeder Unabhängigkeit. Das Eheleben wird mich verderben, mir die Energie rauben, mir den Mut benehmen, der guten Sache zu dienen; es werden Kinder kommen, die noch dazu möglicherweise nicht die meinigen sind, das heißt, die selbstverständlich nicht die meinigen sind: der Weise scheut sich nicht, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen ... Liputin hat mir heute geraten, mich vor Nikolai durch Barrikaden zu schützen; er ist dumm, dieser Liputin. Das Weib betrügt selbst das Auge, das alles sieht.
Le bon Dieu
wußte, als er das Weib schuf, gewiß, was er wollte; aber ich bin überzeugt, daß das Weib selbst ihn an der Ausführung seiner wahren Absicht gehindert und ihn dahingebracht hat, sie so zu schaffen, wie sie jetzt ist, und mit solchen Eigenschaften; wer würde sich sonst ohne Not so viele Mühe und Sorgen aufladen? Nastasja wird mir allerdings vielleicht wegen meiner Freidenkerei zürnen; aber ...
Enfin, tout est dit.
«
Er wäre nicht er selbst gewesen, wenn er es unterlassen hätte, ein billiges, freidenkerisches Späßchen zu machen, wie dergleichen damals
en vogue
waren; jedenfalls tröstete er sich jetzt durch ein solches Späßchen; aber der Trost hielt nicht lange vor.
»Oh, warum fällt nicht dieses Übermorgen, dieser Sonntag ganz fort!« rief er plötzlich, nunmehr in völliger Verzweiflung, aus. »Warum kann nicht wenigstens diese eine Woche ohne Sonntag sein,
si le miracle existe?
Nun, was würde es denn der Vorsehung ausmachen, aus dem Kalender diesen einen Sonntag
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