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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Treppe.
    Während die beiden im Wohnzimmer warteten, ging Ilse Mühlberg ins Nebenzimmer zu ihrem Personalcomputer und holte den Schlüssel aus einer Diskettenschachtel – ein ungewöhnliches, aber sicheres Versteck. »Hier bitte, Herr Kommissar.«
    Freiberg nahm den Vierbartschlüssel in Empfang und fragte: »Was werden Sie jetzt tun?«
    Sie hatte schnell eine Antwort parat. »Ich habe ja das Haus, dazu meine Übersetzungsaufträge; vorerst werde ich das Unternehmen weiterführen. Vielleicht stellt der Distel-Club einen neuen Geschäftsführer; Herr Persmann hat so etwas angedeutet. Ein neuer Mann wird auf meine Hilfe kaum verzichten wollen – und ich werde dann bald wissen, wo’s langgeht.«
    Lupus nahm die Worte mit viel Schmunzeln auf. »Na, da werden sich die Verfassungsschützer aber eins ins Fäustchen lachen, wenn der Nachfolger so sachkundig und liebevoll in Empfang genommen wird.«
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie sprechen«, sagte Ilse Mühlberg steif. »Und was die andere Sache angeht – das bin ich meinem Mann schuldig, der vor Jahren auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen ist, als er nicht bereit war… Aber lassen wir das. Für mein Wohlbefinden und meine Gesundheit wäre es allerdings besser, wenn Sie zu mir keine weiteren Kontakte unterhielten.«
    Freiberg stand schon in der Tür. »Sie haben uns sehr geholfen, und wir werden Sie nicht mehr behelligen. Aber denken Sie daran: Auch Silke Marino wäre gern noch älter geworden. Viel Glück und ein immer gesundes Wiedersehen.«
    »Eine clevere Frau«, stellte Lupus auf der Fahrt in die Siemensstraße fest. »Aber sie lebt gefährlich. Jetzt, nach Hartensteins Tod, wäre es für sie ein leichtes, beim Verfassungsschutz auszusteigen.«
    Freibergs Antwort ging im Donnern der Züge unter, die in der Nähe über die eiserne Brücke fuhren.
    Als repräsentative Wohngegend ließ sich das Viertel, in dem Hartenstein seine Zweitwohnung hatte, nicht bezeichnen. Der grauverputzte Wohnblock wirkte unansehnlich; nur die Lage des Hauses war interessant. Gegenüber bildeten die Gebäude der Sondertronic KG ein geschlossenes Geviert. Dort verdiente Bernd Kalisch seine Brötchen.
    Niemand nahm zur Kenntnis, daß die beiden Kriminalisten, wie man in Potsdam gesagt hätte, zur Wohnung hinaufgingen. Um einen Einblick zu gewinnen, hatten sie auf den Aufzug verzichtet. Ihre Schritte hallten auf den Steinstufen des trostlos wirkenden Treppenhauses. Wer hier wohnte, hatte sicherlich Gründe, anonym zu bleiben.
    Die Ausstattung der Penthaus-Wohnung bestand aus Katalogmöbeln der billigsten Sorte. Weiße Regale, weiße Tische mit weißen Stühlen und eine knallrote Sitzgruppe standen vor zartgelb gestrichenen Wänden; im Schlaf räum eine weiße Doppelliege mit rotem Bezug. Der stickigen Luft nach zu urteilen, war hier längere Zeit nicht gelüftet worden.
    Auf dem breiten Balkon standen bequeme Terrassensessel und ein Liegestuhl. Beim flüchtigen Hinsehen wirkten die Blumen und Gewächse sehr dekorativ und üppig, doch nichts wuchs wirklich in den Töpfen – nur Kunstblumen und Kunststräucher schirmten den Balkon vor den Blicken ab. Von hier aus ließ sich das Gelände der Sondertronic bis in den hintersten Winkel überblicken, ohne daß der Beobachter selbst gesehen wurde.
    »Walter!« rief Lupus aus dem Schlaf räum. »Schau, was ich gefunden habe!«
    Es war eine Reisetasche mit Herrenunterwäsche, Illustrierten, Pornoheften und verschiedenen Utensilien in einem Kulturbeutel. Lupus hielt eine Krawatte hoch und wies auf das eingenähte Etikett. »Die Firma kennen wir doch, Piet Kruyft, Accessoires, Amsterdam, Prinsengracht. – Ist das Zufall? Moment, hier steckt noch etwas in der Seitentasche.« Er zog einen braunen Umschlag hervor und öffnete ihn. »Geschäftsbriefe an die Firma Special-Transports, Herrn V. Randolf!« Triumphierend hielt er die Briefbogen hoch. »Was sagst du nun?«
    »Valentin was here!«
    Die Suche nach weiteren persönlichen Sachen des Toten blieb ohne Erfolg. Dafür gab es andere Überraschungen. Im Regalschrank lag sorgfältig geordnet eine komplette Fotoausrüstung mit der neuesten Leica, daneben ein 300-Millimeter-Teleobjektiv. Das zugehörige Stativ steckte im Köcher.
    Das Radio sah wie ein Gerät für Kurzwellenempfang aus. Die Antennenbuchse war jedoch nicht mit der Hausempfangsanlage verbunden. Ein Kabel führte zum Balkon, wo es oberhalb der Markise nahezu unsichtbar von Wand zu Wand lief. Es sah ganz so aus, als habe man mit dieser

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