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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Perlenschnur fraßen sich die Geschosse in die Bordwand. Damit war die Flucht über den Jungfernsee unmöglich geworden.
    Hartenstein – schon auf dem Steg – verhielt im Lauf und schrie: »Trefft doch endlich, ihr Bullen!« Die Pistole hielt er in der zu Boden gesenkten Hand. »Schießt doch! Los, schießt!«
    Hauptmeister Gerber, der den Warnschuß abgegeben hatte, rief: »Hände hoch, die Waffe weg! Sie sind festgenommen!«
    Die Schüsse hatten andere Übernachtungsgäste aufgeschreckt. Auf dem Balkon über dem Terrassenzimmer trat Dr. Persmann an die Brüstung. Er war komplett angezogen, als ob er schon einige Stunden im Büro gearbeitet hätte. »Was ist denn hier los?« fragte er beherrscht.
    »Treten Sie zurück!« rief Gerber. »Alle Fenster schließen!« Jens Hartenstein stand noch immer mit der zu Boden gesenkten Pistole in der Hand auf dem Bootssteg. Es schien, als ob er es darauf angelegt hätte, von der Polizei erschossen zu werden, nachdem ihm der Fluchtweg abgeschnitten war.
    Doch kein weiterer Schuß fiel; es herrschte eine unwirkliche Stille. Dann ging Hartenstein überraschend in die Knie, riß die Pistole hoch und schoß sich in den Kopf. Für einige Sekunden sah es so aus, als ob er beten würde – dann fiel er vornüber und blieb bewegungslos liegen. Die Planken des Stegs färbten sich rot.
    Hauptkommissarin Lette war mit dem Einsatzwagen in der Nähe der russischen Alexandrowka-Kolonie, als sie über Funk die Nachricht vom Selbstmord des Verdächtigen hörte. Sie gab ohne Rücksicht auf die Geschwindigkeitsbegrenzung Vollgas, um schnellstens zum Ort des Geschehens zu gelangen. Dieser Selbstmord paßte ganz und gar nicht ins Konzept.
    Am Jungfernsee hatten die SEK-Männer den Ereignisort provisorisch abgesperrt. Alle wirkten bedrückt, obwohl ihr Einsatz wie nach dem Lehrbuch abgelaufen war. Petkofer hatte den Befehlswagen hierhergefahren; Hurler war ins Gästehaus gegangen, um sich in Hartensteins Zimmer umzusehen und Zeugen für die Vernehmung festzuhalten.
    Auf dem Steg hatte der Notarzt seine Untersuchung schon abgeschlossen, als die Kommissarin eintraf. »Tod durch aufgesetzten Kopfschuß«, stellte er lakonisch fest. »Selbstmord! Den Krankenwagen habe ich zurück in den Stall geschickt. Hier ist nur noch die Pietät gefragt.«
    »Ich habe den Leichenwagen schon angefordert«, ergänzte Petkofer.
    Kommissarin Lette nickte. »Danke! Der Leichnam ist beschlagnahmt. Über die Freigabe wird nach Abschluß der Untersuchung entschieden.«
    Sie ging in das Terrassenzimmer, warf einen Blick in Hartensteins Koffer und erklärte: »Hier wird sich der Erkennungsdienst umsehen müssen.«
    Petkofer übernahm die Benachrichtigung.
    Im Zimmer darüber wartete Dr. Persmann ohne ein Zeichen von Unruhe auf die unwillkommenen Besucher. Angelika Lette machte sich und ihren Mitarbeiter Hurler bekannt.
    »Frau Hauptkommissarin«, sagte Persmann betont förmlich, »ich möchte Sie dringend um eine Erklärung der Vorgänge bitten. Dies ist mein Haus, und ich habe noch andere Mitglieder des Distel-Clubs als Gäste.«
    »Selbstverständlich werde ich Ihnen die Situation schildern. Ihr Gast Hartenstein ist dringend verdächtig, die Schauspielerin Silke Marino ermordet zu haben. Wir haben dafür eindeutige Beweise. Sein Verhalten bei der Festnahme und sein Selbstmord können wir als Eingeständnis seiner Schuld ansehen!«
    »Die Polizei hat ihn in die Enge getrieben. Die Selbsttötung kann auch eine Kurzschlußhandlung gewesen sein, denn in der vergangenen Nacht ist allerhand getrunken worden und…«
    Die Kommissarin ließ Persmann nicht ausreden. »Ersparen wir uns die Spekulationen. Normale Reisende haben ja wohl keine Waffe im Gepäck. Ich möchte von Ihnen gern hören, warum Hartenstein sich hier im Haus aufgehalten hat.«
    Persmann verzog überlegen lächelnd das Gesicht. »Wir hatten ein mehrtägiges Treffen des Distel-Clubs. Der offizielle Abreisetag war gestern, aber einige der Teilnehmer sind noch geblieben, um die Freiheit von Geschäft und Familie zu genießen.«
    »Jens Hartenstein war wohl nicht verheiratet?«
    »Für die Ehe war er nicht der richtige Mann; aber er kannte recht interessante Frauen.«
    »Auch hier?«
    »Auch hier! Die Schauspielerin Silke Marino hatte es ihm angetan. Bei der Auftaktfeier am Dienstagabend war sie mit von der Partie. Irgendwann nach Mitternacht haben sich die beiden verdrückt.«
    »Wissen Sie, wohin?«
    »Da bin ich überfragt. Darauf zu achten, ist wohl nicht die Sache

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