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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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zählt.«
    Gianelli nickte. »Die Zivilgerichte arbeiten noch, wenn sie auch bestimmte Richtlinien berücksichtigen müssen. Für den verängstigten Durchschnittsbürger, der sich mit den Bürgerrechten sowieso nicht richtig auskennt, hat sich nicht viel geändert. Als Mark Augustine den Krisenstab bildete, hat er ein dichtes kleines legislatives Netz zusammengestrickt. Er hat dafür gesorgt, dass jede Stelle, die sich je mit Seuchenabwehr und vorbeugenden Maßnahmen bei Naturkatastrophen befasst hat, ein Stück vom Kuchen abbekam, und das war ein überaus anrüchiger Kuchen. Wir haben eine neue, sozial benachteiligte Unterschicht geschaffen, die so wenig öffentlichen Schutz genießt, wie wir es seit den Tagen der Sklaverei nicht mehr erlebt haben. Und so etwas lockt die wirklichen Schurken an, Mitch. Die Monster.«
    »Die nur aus Hass und Angst bestehen.«
    »Und diese Stadt ist voll von ihnen«, sagte Gianelli.
    »Washington frisst die Wahrheit und scheidet nichts als Lügenmärchen aus.« Er stand auf. »Wir können den Krisenstab nicht herausfordern. Nicht in dieser Legislaturperiode. Die sind stärker denn je. Vielleicht im nächsten Jahr.«
    Mitch sah zu, wie Gianelli einmal ums Zimmer tigerte. »Ich kann nicht so lange warten. Denken Sie an Riverside, Dick,«
    Gianelli faltete die Hände und wich Mitchs Blick aus.
    »Der Pöbel hat eines von Augustines gottverdammten Lagern in Brand gesetzt«, bemerkte Mitch. »Die haben die Kinder in ihren Baracken verbrennen lassen, haben rund um die Gebäude Benzin verschüttet und sie angesteckt. Und die Wachen hielten sich einfach im Hintergrund und sahen zu. Zweihundert Kinder sind buchstäblich verschmort – Kinder wie meine Tochter.«
    Gianelli setzte die Maske allgemeinen, unverbindlichen Mitgefühls auf, aber Mitch erkannte, dass er tief im Innern wirklich betroffen war.
    »Es hat nicht einmal Verhaftungen gegeben.«
    »Man kann nicht eine ganze Stadt verhaften, Mitch. Selbst die New York Times spricht inzwischen von Virus-Kindern.
    Alle haben furchtbare Angst.«
    »Seit zehn Jahren ist kein Fall von Shiver aufgetreten. Es war eine zufällige Krankheit, Dick, die einigen Leuten den Vorwand geliefert hat, all das, wofür dieses Land einmal stand, mit Füßen zu treten.«

    Gianelli musterte Mitch aus den Augenwinkeln heraus, ohne auf diese Einschätzung der Situation einzugehen. »Es bleibt nicht viel, was der Abgeordnete noch unternehmen könnte«, erklärte er.
    »Das glaube ich einfach nicht.«
    Gianelli griff in die Schreibtischschublade und holte Magentabletten heraus. »Alle hier haben Feuer unterm Arsch.
    Und ich habe Sodbrennen.«
    »Geben Sie mir etwas auf den Weg mit, Dick. Wir haben Hoffnung nötig«, sagte Mitch.
    »Zeigen Sie mir Ihre Hände, Mitch.« Die Narben waren verblasst, aber immer noch erkennbar. Gianelli hielt die eigenen Hände, weiche rosa Hände, daneben. »Wollen Sie von einem alten Jagdhund wirklich lernen, wie man sich auf dünnem Eis bewegt? Ich habe zehn Jahre mit Wickham verbracht. Er ist der klügste Hund, den es gibt, aber er hat’s hier mit schlimmen Gegnern zu tun. Die Republikaner sind die Pit Bulls der Nation, Mitch. Sie bellen Nacht für Nacht, bis zum frühen Morgen, ob’s dafür einen Grund gibt oder nicht.
    Und sie spielen ihren Gegnern übel mit und kennen keine Gnade. Sie behaupten, sie repräsentierten das einfache Volk, aber in Wirklichkeit vertreten sie nur diejenigen, die – falls sie überhaupt wählen gehen – ihre Wahl aufgrund von irgendwelchen Sensationsgeschichten, aus Angst und aus dem Bauch heraus treffen. Sie kontrollieren das Repräsentantenhaus und den Senat, hatten in den letzten drei Legislaturperioden die Mehrheit im Verfassungsgericht, stellen den Mann im Weißen Haus und – schön für sie – sprechen mit einer einzigen Stimme. Der Präsident hat sich verschanzt. Aber wissen Sie, was der Abgeordnete denkt? Er nimmt an, dass der Präsident etwas dagegen hat, als einziges Vermächtnis Notstandsverordnungen zu hinterlassen. Vielleicht können wir irgendwann an diesem Punkt ansetzen.«

    Gianelli senkte die Stimme so, als wolle er in einem sakralen Raum etwas Ketzerisches aussprechen. »Aber nicht in der jetzigen Situation. Die Demokraten können nicht einmal einen Wohltätigkeitsbasar veranstalten, ohne sich in die Haare zu geraten. Wir sind schwach und werden immer schwächer.«
    Er streckte die Hand aus. »Der Abgeordnete wird jede Minute zurück sein. Mitch, Sie sehen aus, als hätten sie

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