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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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Mikrofon und Kamera interviewt zu werden. Er hat dafür Gründe, die ich respektiere.
    Wir hatten ein langes Gespräch, ich darf Ihnen das Wichtigste daraus berichten:
    Er hält die Eheleute Mailer für absolut zuverlässig. In der Hypnose, so sagt er, mogelt keiner. Ob allerdings ein Patient die von ihm geschilderte Situation tatsächlich erlebt oder ob er sie sich nur lebhaft vorgestellt hat, das zu entscheiden ist oft sehr schwierig, wenn nicht unmöglich.« Am Schreibtisch sitzt Dr. Goldstone, etwa sechzig Jahre, kahle Stirn, ein kurzer, grauer Bart, randlose Brille. Ein bißchen die Klischeevorstellung vom jüdischen Intellektuellen. An den Wänden einige Asiatica, japanische Rollbilder, persische Holzdrucke. Und, auf einem kleinen gerahmten Foto: der Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Ein Fenster zum Hof, die obligatorische Feuerleiter. Eine Bodenvase mit getrockneten Disteln und Ähren. Den Rest des winzigen Raumes nimmt eine Bücherwand ein. Goldstone lauscht konzentriert, fast lauernd, dem Statement von Roczinski:
    »Da aber die Mailers beide exakt das gleiche berichten konnten, hält Dr. Goldstone den Tatbestand im Grunde für erwiesen. Mr. Bird, der Rechtsanwalt, ist nun im Besitz der Tonbänder. Freilich – was dieser so alles erzählt, sagt Goldstone, sei zum größten Teil Unsinn. Ja …« Dr. Goldstone unterbricht:
    »Don’t forget the communications … die communications nicht vergessen. Ja!«
    Goldstone spricht deutsch. Das Deutsch eines Emigranten, der über Jahrzehnte seine Muttersprache aus gutem Grund verleugnet hat. Roczinski nimmt das Stichwort auf:
    »Ja, also das, was Dr. Goldstone am wesentlichsten erscheint, ist die Art der Kommunikation, also der Verständigung dieser ›Leute‹ untereinander und mit Dritten – also mit uns. ›Diese Leute‹, das wären also die Besucher aus dem All – und mit ›communication‹ ist hier gemeint: eine Verständigung ohne die Brücke der Sprache. Ist das richtig, Dr. Goldstone?«
    »The most important thing is the comprehension of transmitting ideas …«
    Roczinski versucht, in Stichworten zu übersetzen:
    »Ja. Gemeint ist also die Übermittlung von Begriffen …«
    »… from mind to mind – von Kopf zu Kopf – ohne Sprache.«
    »Eine Art Telepathie …«
    Goldstone widerspricht: »O no! nicht präzis – vielleicht ungefähr …«
    »Dr. Goldstone sieht in diesen Astronauten, oder wie immer man diese Besucher nennen will, eine Art wissenschaftlicher Delegation. Abgesandte einer Hyperzivilisation …«
    »One hundredthousand years of evolution means nothing – ist nichts in die universe …«
    »Selbst wenn sie uns einhunderttausend Jahre in der Entwicklung voraus wären, biologisch, technisch, kulturell, vielleicht auch moralisch – so wäre das immer noch eine lächerlich geringe Zeitspanne, gemessen am Alter des Universums … ja?«
    Goldstone nickt. Roczinski fährt fort, hin und wieder blickt er auf seinen Notizzettel:
    »Eine Entwicklung der Intelligenz sieht Dr. Goldstone in dieser Richtung: Weitgehender Verzicht auf Sprache durch Vereinfachung der Begriffswelt. Gehirne wirken wie Sender und Empfänger und übermitteln sich Begriffe auf kürzere, aber auch auf größere Entfernung.«
    Goldstone wendet sich an Roczinski, verläßt seine abwartende Haltung, wird lebhafter:
    »Wie es geschieht, sometimes, manchesmal auch hier bei uns … Oh, it is not easy to explain …«
    » Und diese Art der Kommunikation vermutet Dr. Goldstone, wenn die Mailers von ›schweigenden Wesen‹ berichten, deren Befehle und Wünsche sie trotzdem klar verstanden haben wollen. – Sie glauben also an Telepathie, Dr. Goldstone. An Gedankenübertragung. Sie selbst hypnotisieren. Ist es dabei nicht möglich, daß Sie von einem Patienten genau das zu hören bekommen, was Sie gerade selbst denken, also das, was Sie hören wollen?«
    »Sie sind sceptic? Are you?«
    »Ich glaube nur, was ich sehe!«
    »Was wir sehen, ist wenig – ist nichts. Just nothing. Wir sind … we are still very limited in our capacities …«
    »… beschränkt …«
    »Yes, ja, sehr beschränkt, auf diesem Planet, auf diese Erde. Wir sind noch etwas primitiv …!« Eine nachdenkliche Pause.
    Dann läuft das Ende des Films aus der Kameraspule. Eingestanzte Zeichen springen über das Bild. Licht fällt ein, färbt den Film rötlich, orange, blendet über in Gelb, in Weiß.
     
    Wieder peitschten die Rollenenden über die Teller des Schneidetisches.

 
15
 
    »Aus – das

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