Die Delegation
nächsten Morgen stand er ganz hinten in der Schlange vor dem um diese Zeit noch leeren Frühstückssaal. Der faßte über dreihundert Menschen. Aber was so ein, gutdressierter, angepaßter Amerikaner ist, der geht nicht einfach hinein und setzt sich irgendwo hin, der bleibt draußen und wartet brav, – bis er an der Reihe ist und der ›waiter‹ ihm einen Tisch zuweist.
Wir saßen schon und hatten noch Platz an unserem Tisch. Ich winkte unseren Biologen heran, und dann tauschten wir der Form halber unsere Visitenkarten aus.
Er hieß Edgar E. Foster und arbeitete in einem Institut in Syracuse N. Y.
Und jetzt nutzte ich die Gelegenheit: Was denn ein Biologe so darüber denke, über ›cosmos people‹, hochentwickelte Wesen von einem anderen Planeten. Sehen die uns ähnlich? »Kaum …!« Er schüttelte den Kopf, holte seine Pfeife wieder aus der Rocktasche und kaute darauf herum. »Nein, glaub’ ich nicht …!«
Er sagte auch noch, er habe darüber eigentlich nie so richtig nachgedacht, aber er werde das bei Gelegenheit tun. Nur, im Augenblick ließen ihm seine intelligenten Planarien kaum noch Zeit für andere Ideen, aber irgendwann … Und dann kam der Brief, ich war schon einige Wochen wieder in Deutschland, ein dicker Brief aus Syracuse N. Y. viele Seiten lang, auf englisch natürlich und mit viel Fachterminologie.
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Auszüge aus dem Brief von Edgar E. Foster: »Ich muß vorausschicken, ich bin Biologe – nicht Theologe. Wenn ich von ›Schöpfungsplan‹ spreche, dann meine ich das im materiellen, nicht im spirituellen Sinn. Die Ansicht, daß hier ein Plan ›gedacht‹, das heißt ausgeklügelt wurde, daß Gesetze entstanden, nach denen dieser Plan realisiert wird, gibt diesem Problem einen meines Erachtens unzulässigen ›menschlichen‹ Aspekt.
Und doch haben wir es bei der Entstehung des Lebens offenbar mit Gesetzmäßigkeiten zu tun, die ›planmäßig‹ wirken. Das Leben folgt einem bestimmten Bauplan, auch wenn alles noch so zufällig erscheint.«
Foster beschreibt dann ziemlich ausführlich, wann, wie lange und mit wem er über das Problem einer ›extraterrestrischen Evolution‹ diskutiert hat. Er stellt seine Gesprächspartner einzeln vor und verspricht, sich möglichst einfach und verständlich auszudrücken; er wisse, daß der Brief an einen Laien gerichtet sei.
Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, diesen Brief von einem Biologen übersetzen zu lassen, aber ich denke mir, da er ja für Laien geschrieben wurde, wird das, was Foster sich zu diesem Thema einfallen ließ, auch so verständlich werden: »Leben ist kein Wunder. Leben entsteht, das konnte in Laborversuchen der letzten zwanzig Jahre nachgewiesen werden, zwangsläufig. Voraussetzung dazu sind die Baustoffe: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Diese Baustoffe waren auf der ›Ur-Erde‹ reichlich vorhanden, und zwar in Form von Ammoniak (Stickstoff und Wasserstoff), Methan (Kohlenstoff und Wasserstoff), Schwefelwasserstoff (Wasserstoff und Schwefel – Sie sehen, es ist alles ganz einfach zu begreifen!) und Wasser (H 2 O, Sie erinnern sich: Wasserstoff und Sauerstoff!) in Form von Wasserdampf.
Weiterhin braucht man noch Energie (die kam in Form von ultraviolettem Licht vom Zentralgestirn Sonne; heute wird diese Strahlung weitgehend durch den Sauerstoff unserer Atmosphäre absorbiert, Gott sei Dank. – Und außerdem war die Erde noch sehr heiß, und es gab gewittrige Entladungen, also Blitze.) Ja, und dann braucht man noch Zeit, viel Zeit. Aber die war damals noch im Überfluß vorhanden … Ein lebender Organismus besteht aus Zellen, die werden aus Proteinen und Nukleinsäuren gebildet. Das sind komplizierte Moleküle, die wiederum aus bestimmten Bausteinen, nämlich aus Aminosäuren, aus Zuckermolekülen (Ribose und Desoxyribose), aus Phosphaten und aus Purin bzw. Pyrimidin aufgebaut werden.
Diese wenigen Steine in unserem Baukasten genügen, um organisches Leben aufzubauen. Das ist freilich im Labor noch nicht gelungen – wohl aber ist es gelungen; diese Bausteine künstlich herzustellen, und zwar unter den Bedingungen, von denen wir annehmen, daß sie auf dieser Erde vor zirka vier Milliarden Jahren geherrscht haben müssen. Das Interessante daran ist: Trotz der unzähligen Möglichkeiten, aus den Grundstoffen größere und kompliziertere Moleküle aufzubauen, bilden sich auch im Laborversuch immer nur diejenigen ›Bausteine‹, die zum Aufbau des Lebens notwendig sind. Und
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