Die Delegation
Manuskript einreichen, samt einer Liste aller gewünschten Aufnahmen.
Was sollten wir antworten? Wir wußten ja selbst nicht genau, was wir wollten. Vor allem brauchten wir Informationen über den Besuch von Roczinski. Aber vielleicht war das vorsichtige, mißtrauische Verhalten der Administration des NRAO die Reaktion auf diesen Besuch. Vielleicht hatte er auch dort, im Anschluß an sein Interview mit diesem chinesischen Wissenschaftler, zuviel gefragt, geredet, spekuliert? Wir fanden es gescheiter, uns nicht mehr zu melden. Wir fuhren einfach los, jetzt waren wir da – und die Verwaltung des Observatoriums war weit, war einhundertzwanzig Meilen entfernt, in Charlottesville.
Der Empfang in Green Bank war freundlich. Aber der Institutsleiter konnte nicht sehr viel mit uns anfangen. Ein Reporter Roczinski war bei ihm nie erschienen, der Name war ihm unbekannt, auch in seinem Kalender des vergangenen Jahres war er nicht zu entdecken. Aber Roczinski war hier gewesen, das war auf den Filmen deutlich zu sehen. Wer hatte ihn empfangen, wer hatte ihn geführt, ihm vor der Kamera geantwortet? Das Observatorium unterstand der National Science Foundation und der Associated Universities, Inc. Diese Gremien saßen in Washington und New York. War Roczinski direkt von dort ›oben‹ gekommen, mit spezieller Genehmigung? Kaum. Die Herren telefonierten, nach Charlottesville, nach Washington und nach Ithaca zur Cornell-Universität, denn diese Anschrift fand sich unter Roczinskis Papieren. Wir standen herum und warteten. Vor dem Fenster erhob sich ein seltsames, verwirrendes Gerüst aus Holzlatten und Drähten, montiert auf Motorradfelgen, die auf einem Kreis aus Ziegelsteinen standen.
Das war die Nachbildung des ersten Radioteleskops der Welt, das Karl Jansky während des letzten Krieges entwickelt hat. Radioastronomie war demnach eine sehr junge Wissenschaft. Die Telefonate brachten kein Ergebnis. Der Fall war verwirrend – für uns wie für die Herren vom NRAO. Die hatten eigentlich anderes zu tun.
Wir wurden abgeschoben – ein Stockwerk höher. Dort saß ein bekannter deutscher Wissenschaftler und entwickelte ein Teleskop für besonders kurzwellige Strahlung, das in der Wüste im Süden der USA errichtet werden soll, am Kitt Peak, bei Tucson, Arizona.
Professor Dr. Sebastian von Hoerner hatte das Astronomische Rechenzentrum in Heidelberg verlassen und war mit seiner Familie in dieses einsame Tal gezogen – oder besser: zurückgekehrt. Denn er hat bereits vor einiger Zeit, zusammen mit Drake, hier gearbeitet. Die Wandtafel war mit Formeln und Berechnungen bedeckt.
Er legte die Kreide zur Seite und begrüßte uns herzlich. Wir waren willkommen.
Wenn wir den Fall Roczinski mit all seinen Spekulationen einmal ausklammerten, dann war unser Thema eigentlich das seine:
»Außerirdisches, intelligentes Leben muß mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Sogar die Aussichten, mit solchen fernen Zivilisationen Kontakt aufzunehmen, sind sehr groß – nur der Zeitpunkt dieser Kontaktaufnahme ist absolut ungewiß.
Unsere Technik hat sich sprunghaft entwickelt, und sie ist noch nicht einmal hundertfünfzig Jahre alt – wir sind gewissermaßen Kinder. Denn wenn wir nach geeigneten Gesprächspartnern im Kosmos suchen, dann suchen wir ja nach ›technischen‹ Zivilisationen, und wir können sicher sein, daß es sich um ›Erwachsene‹ handelt, deren technologischer Stand dem unseren weit überlegen ist.«
»Ich habe gelesen, Herr von Hoerner, Sie planen ein internationales Forschungsprogramm in dieser Richtung, gewissermaßen ein zweites Projekt OZMA, also Suche nach intelligenten Signalen, gemeinsam mit der Sowjetunion, mit dem Byurakan-Observatorium in Armenien.«
Herr von Hoerner lachte: »Das ist nur zum Teil richtig. Es wird ja viel geschrieben über dieses Thema, viel spekuliert. Ich war zwar selbst in Byurakan. CETI – ›Communication with Extra Terrestrial Life‹. So hieß diese internationale Tagung im vergangenen Jahr, bei der neue Aspekte eines möglichen Kontaktes mit außerirdischer Intelligenz diskutiert worden waren.
Aber zwischen einer Diskussion unserer bescheidenen Möglichkeiten und einer gemeinsamen Suche ist ein großer Unterschied.
Andererseits arbeiten das armenische Radio-Observatorium in Byurakan und unsere Radio-Teleskope von Green Bank tatsächlich bereits zusammen. Allerdings auf einem anderen Gebiet. Wir bilden mit sowjetischen Observatorien sogenannte Interferometer, das
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