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Die denkenden Wälder

Die denkenden Wälder

Titel: Die denkenden Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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selten vor, daß einer der größeren Luftbäume größer wuchs, als seine Wurzeln dies zuließen und dann abstürzte und Schlingpflanzen und andere Gewächse mit sich in die Tiefe riß. Aber Born hatte noch nie ein solches Zersplittern von Holz gehört.
    Dieses Ding war viel schwerer gewesen als jeder Luftbaum. Das wußte er von der Geschwindigkeit, mit der es gestürzt war. Und dann war dieser halb vertraute, seltsame blaue Schimmer gewesen. Seine Gedanken waren nicht bei seinem erwarteten Triumph, als er das Dorfzentrum betrat. Hier spaltete sich der mächtige Stamm des Heimbaumes in ein Geflecht kleinerer Stämme und Äste, bildete ein ineinanderverschlungenes Netz aus Holz um einen freien Raum in der Mitte, ehe die einzelnen Stämme und Ausläufer sich hoch oben wieder miteinander verbanden, um wieder einen einzigen sich verjüngenden Stamm zu bilden, der noch gute sechzig Meter weiter himmelwärts stieg. Die Dorfbewohner hatten mit Schlingpflanzen, Pflanzenfasern und Tierhäuten einzelne Abschnitte dieser Stämme miteinander verbunden, so daß Räume und eine Art von Häusern mit Dächern entstanden, die Wind und Regen nicht durchdringen konnten.
    Als Nahrung bot der Heimbaum an Blumenkohl erinnernde Früchte, die wie Heidelbeeren schmeckten und die manchmal sogar im Inneren der abgeschlossenen Räume wuchsen. In den Häusern und unter dem Baldachin auf dem Platz in der Mitte gab es kleine versengte Stellen. Diese winzigen Brandstellen schadeten dem riesigen Gewächs nicht. Und außerdem besaß jedes Haus auch eine Grube, die in das Holz selbst eingegraben war. Hier statteten die Bewohner des Baumes viele Male am Tag ihren Dank ab für den Schutz und das Dach, welches der Baum ihnen bot, und mischten ihre Gaben mit einem Brei aus toten fleischigen Pflanzen, die sie zu diesem Zweck gesammelt hatten. Dieser Brei diente auch dazu, die Gerüche zu vertilgen. Wenn die Gruben voll waren, säuberte man sie. Die trockenen Überreste wurden in die Tiefen geworfen, damit man die Gruben wieder aufs neue gebrauchen konnte. Der Baum nahm dieses Opfer mit großer Geschwindigkeit und einzigartiger Effizienz an und absorbierte es.
    Der Heimbaum war die größte Entdeckung, die Borns Ahnen gemacht hatten. Man entdeckte seine Einzigartigkeit zu einem Zeitpunkt, als es schon den Anschein hatte, auch die letzten überlebenden Kolonisten würden bald zugrunde gehen. Damals machte sich niemand Gedanken, weshalb ein Gewächs, welches vom eingeborenen Leben nicht benutzt wurde, sich fremden Eindringlingen so gewogen zeigen sollte. Als die menschliche Bevölkerung dann gerettet schien, schickte man Späher aus, um andere Heimbäume zu finden und dort neue Stämme zu gründen. Aber in den Jahren seit Borns Urururururgroßvater sich in diesem Baum niedergelassen hatte, war die Verbindung zu den anderen Stämmen zuerst schwächer geworden und dann ganz abgerissen. Niemand machte sich die Mühe, solche Kontakte wieder herzustellen, oder dachte auch nur darüber nach. Sie waren voll und ganz damit beschäftigt, in einer Welt zu überleben, in der es von alptraumhaften Manifestationen des Todes und der Vernichtung wimmelte. »Born ist wieder da . . . schaut doch, Born ist zurückgekehrt.
    . . Born, Born!«
    Ein kleines Grüppchen sammelte sich um ihn, begrüßte ihn vergnügt, aber es waren ausschließlich Kinder. Eines davon hatte die Frechheit, an seinem Umhang zu zerren, ohne Respekt, wie er einem zurückkehrenden Jäger gebührte. Er sah hinunter und erkannte den Waisenjungen Din, für den die ganze Dorfgemeinschaft sorgte. Etwas, das einen einzigen schrecklichen, hustenden Laut ausgestoßen hatte und dann wieder im Wald verschwunden war, hatte seine Mutter und seinen Vater dahingerafft, als sie beim Früchtesammeln waren. Die anderen der Gruppe waren von Schrecken erfüllt geflohen und hatten, als sie später zurückkehrten, nur noch die Werkzeuge der beiden vorgefunden. Sonst hatte man nie wieder eine Spur von ihnen gesehen. Also übernahm es die ganze Dorfgemeinschaft, den Jungen aufzuziehen. Aus Gründen, die keiner kannte, am allerwenigsten Born, hatte der Junge sich ihm angeschlossen. Der Jäger konnte den Jungen nicht von sich stoßen. Es war ein Gesetz ein Gesetz, das dem Überleben diente , daß ein freies Kind sich jeden Beliebigen zum Ziehvater oder zur Ziehmutter wählen konnte. Wie freilich jemand den verrückten Born auswählen konnte . . . »Nein, du kannst den Graserpelz nicht haben«, sagte Born und schob den Jungen

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