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Die denkenden Wäler

Die denkenden Wäler

Titel: Die denkenden Wäler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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war bei seiner Person, und das war das Gesetz. »Alter, was habe ich denn getan?« klagte Suv.
    »Nichts. Und das ist das, was du auch weiterhin tun wirst«, schnaubte Ruumahum und setzte sich in Richtung auf den Versammlungsplatz in Bewegung. Das Junge schickte sich an, ihm zu folgen, stolperte über seine Mittelbeine, brachte dann alle sechs Gliedmaßen auf Vordermann und schlurfte hinter ihm her. »Was ist denn?« »Das wirst du sehen. Sei ganz still und lerne.«
    Suv entdeckte einen ungewöhnlichen feierlichen Klang in der Stimme seines neuen Alten und entschied, daß dies jetzt wahrhaft die Zeit für ein Junges war, die Zunge dicht am Gaumen zu halten, bis man ihm etwas anderes auftrug. Er hatte sich bereits an seinen neuen Alten gewöhnt, wenn er auch, weil er das Gesetz noch nicht so gut kannte, immer noch Schmerz um Toozibel empfand, der in der großen Schlacht gestorben war.
    Als Ruumahum und Suv eintrafen, waren bereits alle versammelt. In Zweierreihen verließen sie das Heim und zogen so lautlos durch die Waldwelt, wie man es bei ihrer Schwerfälligkeit nicht hätte glauben wollen. Aufmerksame nächtliche Fleischfresser auf der Jagd entdeckten die Massenbewegung und kamen näher, bis sie sahen oder witterten, was hier so zielstrebig durch die Baumwege zog. Dann erstarrten sie in Regungslosigkeit oder schlugen sich in die Büsche und versuchten, mit dem Wald eins zu werden, bis die Pelzigerkarawane vorübergezogen war.
    Andere Fleischfresser in ihren Nestern erwachten von dem Geräusch vieler Füße, die an ihnen vorüberzogen, und schickten sich an, ihre Territorien und Nester gegen alles zu verteidigen, was sich hier zu nähern wagte. Aber dann fuhr eine nächtliche Brise durch die Blätter und Blüten und trug ihnen die Witterung der Pelziger zu. Und gleichgültig, wie groß oder wie zahlreich, gleichgültig wie gefährlich sie auch waren wer immer auch ihre Witterung aufnahm, gab sein Territorium, sein Nest auf und verzog sich an einen anderen Ort. Gelegentlich schwebte eine lebende Wolke funkelnder Glasblitzer zwischen den Ästen und Kabbls und zog eine Weile neugierig über der Pelzigerprozession dahin. Die Pelziger blickten weder nach rechts noch nach links, noch nach oben zu den tanzenden Mücken, die ihre farbenfrohen Tänze vollführten. Hin und wieder tauchte ein Blitzer weiter herunter, und seine strahlend bunten Schwingen blitzten wie Juwelen in der Nacht. Dann tanzten ihre Farben in den dreifachen Katzenaugen.
    Schließlich erreichten sie einen ganz bestimmten Baum von geradezu monarchischer Größe, einen wahrhaften Goliath in seiner Umgebung. Aber nicht seine Größe war es, die ihn für die Pelziger wichtig machte, die sich jetzt dem Alter nach gruppiert um ihn sammelten.
    Leehadoon, der Pelziger des Menschen Sand, baute sich inmitten des Halbkreises auf, hielt inne und blickte den versammelten Brüdern einem nach dem anderen ins Auge. Dann legte er den Kopf in den Nacken. Aus seinem mit messerscharfen Schneidezähnen und kräftigen Hauern bewehrten Maul drang ein fremd-artiger Laut, der zum Teil Schrei, zum Teil Klagelaut war, zum Teil auch etwas, das man nicht nach menschlichen Kategorien beschreiben kann. Dann schloß der Rest der Gruppe sich an, ohne daß es dazu einer Anweisung bedurft hätte genauso, wie Suv und die anderen Jungen teilnehmen konnten, ohne das Warum oder Weshalb zu kennen oder die Bedeutung dessen, was sie jetzt in die Nacht hinausheulten.
    Die meisten Tiere in Hörweite dieses nervenzermürbenden Heulens flohen, andere wieder krochen näher, soweit ihre Neugierde stärker war als ihre Angst, und starrten auf das Ritual, das gleichzeitig uralt und doch neu war. Es war diesmal anders, viel komplizierter, als Ruumahum oder Leehadoon sich je erinnern konnten. Nächstesmal würde es wieder anders sein und das nächste Mal wieder. Der Chor würde immer weiter anwachsen und irgendeinem unerklärlichen, unvorstellbaren Ende entgegenwach-sen. Es dauerte zwei Tage, bis genügend Vorräte für den zweiten Versuch bereitgestellt waren, die Station der Riesen zu erreichen. Zwei Tage, um sich auf den Tod vorzubereiten, einen Tod, den die Akadi nicht geschafft hatten. Das wenigstens glaubten die meisten von Borns Stammesgenossen.
    Dreimal in einer Zeitspanne, die nicht länger war als der Traum eines Kindes, hatte er sich jetzt bewährt. Doch dies änderte nichts am Glauben seiner Stammesgenossen, daß er verrückt war. Ebenso wie Losting glaubten sie, daß es eine ganz besondere

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