die Detektivin in Jeans
vom
Hof.
Das
Haus von Florian Seibold
Frau Ansbach deckte den
Kaffeetisch auf der Terrasse.
Sie erwartete ihre Enkeltochter
Sandra. Vermutlich würde auch Joschi mitkommen. Er versäumte es selten, Sandra
beim Transport der Bügelwäsche zu helfen. Frau Ansbach freute sich auf die
Kinder. Sie hatte eine Rhabarbertorte gebacken, vom ersten zarten Rhabarber aus
Herrn Seibolds Garten.
Susi, Florian Seibolds
Dackelhündin, durchquerte zielstrebig das Wohnzimmer, tappte durch die offene
Terrassentür und umkreiste schnuppernd den gedeckten Tisch.
„Na, ausgeschlafen?“ begrüßte
Frau Ansbach den Hund. „Ja, ja, du kriegst auch was. Willst du wohl
runtergehen! Erst müssen die Kinder da sein, und zunächst koche ich Herrchens
Kaffee.“
Da kam er auch schon:
untersetzt, gemütlich, mit listig funkelnden Augen; mit schlafzerknittertem und
auch sonst faltigem Gesicht; Florian Seibold, 70 Jahre alt, Rechtsanwalt in
Ruhe. Seine Anwaltspraxis wurde von seinem Sohn weitergeführt.
Auch Florian Seibold beugte
sich schnuppernd über den Tisch. „Das sieht aber gut aus! Was ist es denn?“
fragte er erwartungsvoll.
„ Rhabarbertorte.“
„Mit Schlagsahne?“
„Ja, aber nicht für Sie“,
bestimmte Frau Ansbach energisch.
„Ohne Schlagsahne ist Rhabarber
viel zu sauer“, beschwerte sich Herr Seibold.
„Aber gut für Ihren
Blutzuckerspiegel.“
„Dann verzichte ich“, maulte
Herr Seibold beleidigt.
„Das wird die Kinder freuen“,
erwiderte Frau Ansbach ungerührt.
„Aber eigentlich müßte ich mich
doch davon überzeugen, wie mein Rhabarber dieses Jahr geraten ist“, überlegte
Herr Seibold laut. Er liebte Kuchen und Süßigkeiten.
Seit sein Hausarzt beim letzten
jährlichen Gesundheits-Check-up einen leicht erhöhten Blutzuckerspiegel
festgestellt hatte, führte Frau Ansbach einen erbitterten Kampf gegen seine
Naschsucht.
Doch heute war sie nachgiebig
gestimmt. „Also schön! Ein Stück Torte und einen Klecks Schlagsahne“, gestand
sie ihm zu.
„Wer hat Ihnen überhaupt
erlaubt, den jungen Rhabarber zu plündern?“ empörte sich Herr Seibold.
Florian Seibold hatte nicht
wirklich etwas dagegen, daß seine Haushälterin der Kinder wegen die Beete
plünderte. Er machte damit nur seinem Ärger über seine eigene Schwachheit Luft.
Er pflanzte ohnehin zuviel an.
Einen Wochenmarkt hätte er mit seinen Erträgen beliefern können. Doch konnte
sich ein alter Mann angenehmer die Zeit vertreiben als mit Garten arbeit? Und
es freute ihn, wenn man seine Erzeugnisse lobte Die Kinder profitierten den
ganzen Sommer und Herbst über davon.
Auch Herr Seibold liebte Sandra
und Joschi.
Oft genug hatte er überlegt,
wie schön es wäre, wenn die Tochter seiner Haushälterin mit den Kindern Sandra
und Rainer zu ihnen zöge. Im Haus war Platz genug für alle. Frau Faber wäre
auch nicht abgeneigt, das hatte sie ihm bestätigt. Doch der weite Weg zur
Innenstadt und ihr Wechselschichtdienst ließen es nicht zu. Sie hätte sich ein
Auto kaufen müssen. Doch solange Sandra noch zur Schule ging, durfte sie eine
solche Anschaffung nicht erwägen. Sie hätte zwar die Miete für die Stadtwohnung
gespart. Aber Frau Faber wollte Herrn Seibolds Angebot nicht annehmen, mietfrei
bei ihm und ihrer Mutter zu wohnen.
Sie war ein eigenwilliges
Persönchen. Aber tüchtig! schmunzelte Herr Seibold. Hut ab vor dieser Frau!
Wenn er da an seine verwöhnte Schwiegertochter dachte! Sein Sohn wohnte mit
seiner Familie im neuen Villenviertel am anderen Ende der Stadt. Die
Schwiegertochter hatte darauf bestanden. Ihr war das alte Haus am Fluß zu
feucht und auch nicht modisch-komfortabel genug.
Florian Seibold ging kopfschüttelnd
seiner Haushälterin nach.
Frau Ansbach hatte es nach
seinem Temperamentsausbruch vorgezogen, in der Küche zu verschwinden, um die
Kaffeemaschine anzustellen. Erfahrungsgemäß kam Florian Seibold am schnellsten über
eine schlechte Laune hinweg, wenn man ihn allein ließ.
„Ich denke, ich nehme doch
lieber eine Scheibe Knäckebrot und etwas von der Diätmarmelade“, sagte Herr
Seibold zerknirscht.
Ein Lächeln huschte über Frau
Ansbachs volles, rosiges Gesicht unter den dunkel getönten Haaren, die
dauergewellt und modisch kurz geschnitten waren. Ihre zweiundsechzig Jahre sah
man ihr nicht an.
„Vielleicht sollte ich nach dem
Kaffee einen Spaziergang am Fluß entlang machen. Susi und ich haben heute ein
bißchen zu lange geschlafen.“ Herr Seibold klopfte auf sein spitzes
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