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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
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fremdes Land, das zu besuchen sie angesichts seines gefährlichen Rufes nicht die Absicht hatte.
    Als ich am nächsten Tag in ihr Büro schlenderte – immer noch in dem erhebenden Gefühl, geliebt zu werden und beruflich gerettet zu sein –, hatte die Nachricht sie schon erreicht, dass das Krankenhaus jeder rechtlichen Verantwortung im Fall Shapiro enthoben war und ein Mitglied ihres Verwaltungsrats in Yaphank unter Mordverdacht verhört wurde. Es war noch nicht in den Abendnachrichten gewesen, also herrschte für die, die von Nora wussten, die Ruhe vor dem Sturm, bevor der nächste Tumult ausbrach, und Duncan vergeudete keine Zeit. Sekunden nachdem ich einen Fuß ins Krankenhaus setzte, wurde ich zu ihr gerufen.
    »Schockierende Nachrichten«, sagte sie, nachdem ich in rekordverdächtigen fünf Minuten in ihr Heiligtum gescheucht worden war. »Ich habe Nora als Freundin betrachtet.«
    Sie wirkte nicht im Geringsten beunruhigt, und ihre leicht distanzierte Formulierung dessen, wie sie zu Nora stand, kam mir vor wie die erste in einer Reihe von weiteren Zurückstufungen. Diesmal hatte sie sich zu mir aufs Sofa gesetzt und eine Flasche Mineralwasser aufgetrieben. Plötzlich schienen sehr viele Menschen mir wieder mit Respekt zu begegnen.
    »Erzählen Sie mir von sich«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen? Sie sind sicher sehr erleichtert.«
    »Erwarten Sie immer noch meine Kündigung?«
    »Kündigung?«, erwiderte sie stirnrunzelnd. »Ich wüsste nicht, warum Sie kündigen sollten, Dr. Cowper. Sie sind ein geschätztes Mitglied unseres Teams. Wir setzen große Hoffnungen in Sie.«
    Für das Episcopal war die Angelegenheit damit zu den Akten gelegt und vergessen. In den nächsten Monaten würde das Krankenhaus eine Möglichkeit finden, Noras und Harrys Namen von dem Pavillon und der Plakette über dem Franklin D. Roosevelt Drive zu entfernen. Ein Hedgefondsmanager, der mit Leerverkäufen von hypothekenbesicherten Wertpapieren Milliarden gemacht hatte, tauchte auf, und die Shapiros verschwanden in den geheimen Schlupfwinkeln der Krankenhausgeschichte.
    Harry sah ich danach noch einmal, als Nora angeklagt wurde und sie ihn aus dem Riverhead Gefängnis entließen. Es war davon die Rede, ihn als Komplizen anzuklagen, doch dann hätte Baer Nora dazu bringen müssen, gegen ihn auszusagen. Das würde sie niemals freiwillig tun, und als Harrys Frau konnte man sie nicht dazu zwingen.
    Inzwischen war es August geworden, der Sommer war über Long Island hereingebrochen und hatte alles zum Stillstand gebracht, Autos verstopften den Long Island Expressway und krochen die Route 27 hinunter. Durch East Hampton schob sich eine einzige lange Schlange von Urlaubern, und ich empfand einen leisen Groll, dass ich mich an einem Pick-up mit Surfbrettern vorbeiquetschen musste, der am Dorfteich hielt. Ich bin hier, um einen Anwohner zu besuchen , dachte ich. Und was willst du hier? Natürlich nicht irgendeinen Anwohner. Das Haus der Shapiros war zu einer Touristenattraktion geworden, und als ich das Ende der schmalen Straße erreichte, wurde ich von einem Wachmann empfangen, der sich nach meinem Anliegen erkundigte. Das Schild mit der Aufschrift PRIVATSTRASSE war größer als früher. Er winkte mich durch, und ich fuhr langsam die schmale Straße entlang und hielt Ausschau nach der Unebenheit im Belag, über die Noras Range Rover in jener Nacht geholpert war, als ihre Scheinwerfer mein Gesicht erfasst hatten.
    Ein Mann mittleren Alters in einer Art Kochjacke öffnete mir auf mein Klopfen die Tür. Er betrachtete mich mit strenger Miene, als wäre es allzu familiär, durch die Küchentür zu kommen statt durch die Haustür, die ich noch nie benutzt hatte. Sobald ich ihm erklärt hatte, was ich wollte, wurde er ein wenig freundlicher und führte mich in Harrys Arbeitszimmer, wo der Exhäftling über einem Buch saß. Harry stand auf und reichte mir die Hand, setzte die Brille ab und legte sie auf den Schreibtisch.
    »Kommen Sie, gehen wir spazieren«, schlug er vor.
    Wir gingen durch den Wintergarten, der schon wieder umgestaltet worden war, und über den Rasen zu den Dünen. Harry war immer noch dünner als zu der Zeit, als ich ihn kennengelernt hatte, und in seinem Schritt lag ein gewisses Zögern. Behutsam nahm er die Stufen, als könnten sie unter seinen Füßen nachgeben.
    »Sie haben neues Personal«, sagte ich im Plauderton.
    »Thomas ist jetzt hier. Er führt das Haus. Das Mädchen musste gehen, nachdem … O ja, sie ist … Nora hat es mir

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