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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
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hielt mich an die Liste der in so einem Fall üblichen Fragen.
    »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen über Ihre Gesundheit stellen, Mr Shapiro. Wie ist Ihr Appetit?«
    »Okay. Ich esse.«
    »Trinken Sie?«
    »Ein wenig. Ein Glas Wein zum Abendessen.«
    »Nehmen Sie Drogen?«
    »Nichts dergleichen.«
    »Wie viel Schlaf bekommen Sie?«
    »Ich komme so mit fünf Stunden aus. Früher war ich normalerweise gegen sechs im Büro, um den Tag mit Schwung zu beginnen.«
    »Haben Sie früher schon einmal längere Phasen durchgemacht, in denen Sie traurig oder hoffnungslos waren?«
    »Noch nie.«
    »Hatten Sie je längere Perioden, in denen Sie wie aufgekratzt waren, sehr viel Energie hatten, als würde Ihnen die Welt gehören?«
    Harry betrachtete mich ruhig, denn inzwischen hatte er begriffen, worauf ich hinauswollte. Viele Patienten, die mit Depressionen herkamen, litten unter einer nicht diagnostizierten bipolaren Störung, und ihre manischen Phasen waren so leicht gewesen, dass sie damit zurechtgekommen waren – sie hatten sie ganz nach oben gebracht. Ich kannte einige solcher Patienten von der Wall Street und auch den einen oder anderen Arzt.
    »Ich bin nicht verrückt. Das habe ich Ihnen schon gesagt.«
    »Das möchte ich auch nicht andeuten. Aber eine Frage muss ich Ihnen noch stellen. Bei allem, was Sie durchgemacht haben, haben Sie da je daran gedacht, sich das Leben zu nehmen?«
    Er hielt inne, als müsste er sorgfältig über diese Frage nachdenken, was mir im Grunde alles verriet. Deswegen hat seine Frau ihn hergebracht , dachte ich.
    »Das könnte ich Nora niemals antun«, sagte er schließlich.
    »Gut«, sagte ich, obwohl er nicht ganz ehrlich geantwortet hatte und mir nicht alles sagte. Ich hatte trotzdem genug erfahren, um ihm erst einmal helfen zu können. »Ich werde Ihnen einen Tranquilizer verordnen, der Ihnen hilft zu entspannen. Die Krankenschwester wird ihn bringen. In der Zwischenzeit würde ich gern kurz mit Ihrer Frau reden, wenn das in Ordnung ist.«
    Ich verließ das Untersuchungszimmer und ging durch eine abgeschlossene Tür am Ende des Flurs in das Wartezimmer, das dahinterlag. Dort saß auf einem schmutzigen Stuhl unter einer trostlosen Neonröhre Nora Shapiro. Harry war keine große Überraschung gewesen, seine Gemahlin sehr wohl. Sie war jünger, vielleicht fünfundvierzig, aber sie entsprach ganz und gar nicht dem Typ der dünnen, blonden, zweiten Gattin eines Wall-Street-Giganten – sie wirkte eher wie eine Lehrerin oder eine Professorin. Dunkelbraunes Haar rahmte ein katzenartiges Gesicht mit hohen Wangenknochen, und sie trug eine gelehrt wirkende Schildpattbrille. Sie blickte ruhig zu mir auf, ihre Augen sanft und melancholisch.
    Manche Frauen, die ich auf diesem Stuhl erlebt hatte, waren nicht nur von der Unsicherheit und Angst einer Ehefrau überwältigt gewesen, deren geliebter Mann krank war, sondern hatten auch ihren Zorn kaum unter Kontrolle halten können. Sie verstehen das nicht , hatte eine mir mal gesagt. Das war so nicht abgemacht. Die Frau hatte toleriert, dass sie oft einsam war und die Kinder allein großziehen musste, sie hatte den Haushalt geführt und an langweiligen Dinners teilgenommen und so getan, als amüsierte sie sich. Dafür genoss sie den Status, mit einem Alphamann verheiratet zu sein, der für ihren Wohlstand und ihre gesellschaftliche Stellung sorgte, sodass New Yorker Stiftungen und Verwaltungsräte um ihre Gunst buhlten. Doch all das hatte sie nicht getan, damit ihr Ehemann sich am Ende in einen Schwächling verwandelte, der jegliches Selbstvertrauen verloren hatte.
    Nicht so Nora. Sie zeigte keine Wut und keinen Groll über diesen erzwungenen Aufenthalt in der Notaufnahme. Das Einzige, was sie ausstrahlte, waren Liebe und Sorge um Harry, als könnte nichts, was er tat, ihrer Zuneigung zu ihm etwas anhaben. Wie sie da geduldig auf Nachrichten über ihren kranken Mann wartete, hatte sie etwas an sich, was mich rührte. So sollte eine Ehefrau sein, hatte ich immer geglaubt: Meine Mutter war auch so gewesen − bis mein Vater sie betrogen hatte.
    »Mrs Shapiro? Ich bin Dr. Cowper. Ich habe mir gerade Ihren Mann angesehen, und ich würde gern kurz mit Ihnen reden, wenn das in Ordnung ist.«
    »Vielen Dank, Doktor.«
    Nora knetete nervös die Hände, als ich mich zu ihr setzte. Sie trug einen antiken Silberring mit einem komplizierten Muster an einem Finger. Er sah aus, als hätte sie ihn sich selbst in einem abgelegenen Laden gekauft, nicht nur automatisch bei

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