Die Diagnosefalle: Wie Gesunde zu Kranken erklärt werden (German Edition)
Aussagen ist so zu verstehen, dass Kranke auf eine Diagnose verzichten sollten. Und schließlich will dieses Buch weder die gesamte amerikanische Medizin verdammen noch zu einer alternativen Medizin aufrufen. Ich habe die im Westen übliche Ausbildung genossen und glaube, dass Ärzte viel Gutes tun. Gehen Sie also zum Arzt, wenn Sie krank sind.
Eine abschließende Bemerkung über Menschen und Begriffe
Bevor ich fortfahre, fühle ich mich zu einigen Bemerkungen über die hier erwähnten Personen und benutzen Begriffe verpflichtet. In diesem Buch finden Sie Krankengeschichten über meine Patienten, meine Freunde und Menschen, die mir begegnet sind. Die Schilderungen stimmen, die Namen nicht. Ich habe zwar keine Informationen geändert, die für den klinischen Bericht wichtig sind (zum Beispiel Geschlecht, Alter, Symptome und Erfahrungen), wohl aber Informationen, die zur Identifizierung der Betroffenen führen könnten (beispielsweise den Wohnort). Meine Tochter würde vielleicht sagen: »Als ob es darauf ankäme!«
Was das Wort »Krankheit« betrifft, so hat es viele Bedeutungen. Synonyme wären Unbehagen, Unwohlsein oder Beschwerden. Obwohl es andere, völlig berechtigte Definitionen gibt, verstehe ich in diesem Buch unter »Krankheit« einen Zustand, den ein Mensch erlebt: eine Krankheit, ein Leiden, eine Störung, jeweils verbunden mit Symptomen.
Die Worte »Abweichung« oder »Anomalie« haben einen bestimmten Zweck. Ich beschreibe damit Befunde, die in der Medizin als anormal gelten, aber beim Betroffenen keine Beschwerden auslösen. Einige der bekanntesten Anomalien – zum Beispiel Bluthochdruck oder ein hoher Cholesterinspiegel – nenne ich bisweilen Zustand , um sie von Krankheiten zu unterscheiden.
Obwohl ich meist das Wort »Arzt« verwende, will ich damit andere Heilberufe nicht ausschließen. Im Gegenteil, wir müssen anerkennen, dass Arzthelfer(innen) und Krankenpfleger(innen) in der heutigen Medizin eine größere und wichtigere Rolle spielen als früher, vor allem in der medizinischen Grundversorgung (in der viele Diagnosen gestellt werden).
Abschließend noch einige kurze Anmerkungen zu den Pronomen. Die üblichsten sind er und sie . Natürlich können Patienten und Ärzte männlich oder weiblich sein (im Fachbereich Medizin in Dartmouth gibt es inzwischen mehr Studentinnen als Studenten). Ich weiß nicht, wie man mit dem Fehlen eines geschlechtsneutralen Singularpronomens am besten umgeht. »Er oder sie« wird mit der Zeit ziemlich lästig; darum werde ich, wenn die Umstände es erlauben (manche Krankheiten sind geschlechtsspezifisch), zwischen den beiden Pronomen abwechseln.
Dann gibt es noch das »wir«. Wir bedeutet meist (ich schätze, in 90 Prozent aller Fälle, habe aber keine Lust, es auszurechnen) »wir Ärzte« oder »wir Heilberufler«. Ich benutze wir , wenn es mir um den Blickwinkel der Ärzte geht – um unser Studium, unsere Facharztausbildung, unsere praktischen Erfahrungen. Kurz gesagt, ich will Ihnen ein Gefühl dafür vermitteln, wie wir denken. Nicht dass wir alle das Gleiche denken; aber wir teilen eine generelle Erfahrung, und darüber sollten Sie einiges wissen.
Gelegentlich steht wir für »die Öffentlichkeit«. Auch ich bin ein Mitglied der Gesellschaft und ein potenzieller Patient. Und wir alle müssen entscheiden, wie wir zur medizinischen Versorgung stehen. Mitunter schreibe ich »wir, die Öffentlichkeit« oder etwas Ähnliches, wenn ich versuche, diesen Standpunkt darzulegen.
Ich steht für mich, den Autor. Aber es sollte ein weiteres wir sein, weil dieses Buch eigentlich das gemeinsame Werk von drei Autoren ist: von Dr. Lisa Schwartz, Dr. Steven Woloshin und mir. Ich greife zu diesem Trick, um eine Verwechslung mit dem anderen wir zu vermeiden. Zur Klarstellung sei gesagt, dass unsere Stimme zwei Standpunkte widerspiegelt. Wir drei sind akademische Ärzte; wir sehen Patienten, unterrichten Studenten und forschen. Aber wir sind auch Menschen und somit potenzielle Patienten. Als Menschen machen wir uns Sorgen über die unaufhörlich steigende Zahl von Ärzten und den damit verbundenen Drang, Menschen zu Patienten zu machen. Die Verschmelzung dieser beiden Blickwinkel – des ärztlichen und des persönlichen – liefert die Motivation für dieses Buch.
Kapitel 1
Der Anfang
Aus Menschen werden Patienten mit Bluthochdruck
Am besten beginnen wir am Anfang. Und am Anfang der Überdiagnose steht die Diagnose und Behandlung eines weitverbreiteten Zustandes:
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