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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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ähnlich stelle ich mir das Ende der Welt vor.«
    Jernigan lächelte.
    »Was diese Erde anbetrifft, haben Sie recht. Palamera liegt ungefähr am Ende der Welt.«
    »Palamera?«
    »Eine Insel, dem ostferritischen Staatenbund angeschlossen. Ungefähr achtzigtausend Quadratkilometer groß, dicht unterhalb des Äquators auf einhundertundsiebzig Grad östlicher Länge von Jerez, wenigstens zehntausend Kilometer von der nächsten größeren Landmasse entfernt. Infolgedessen – eine ziemlich eigensinnige, selbständige Bevölkerung.«
    Ken fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Zuviel Neues stürmte auf einmal auf ihn ein. Unter dem Eindruck der Nachricht, die Ken von dem städtischen Komputer erhielt, hatten sie Epcot ziemlich hastig verlassen. Es war kaum Zeit genug gewesen, Felip ein paar Hinweise zu geben – wie zum Beispiel, daß er Linth unter irgendeinem Vorwand der Polizei übergeben und sich statt dessen um Dado kümmern solle – aber Ken hatte keine Gelegenheit gefunden, sich von Jernigan über die diversen Aspekte seiner Welt aufzuklären.
    Hier stand er nun und nahm zur Kenntnis, daß er sich auf einer Insel namens Palamera befand (eine Insel dieses Namens gab es seines Wissens auf der Erde nicht), daß Palamera mehr als zehntausend Kilometer von der nächsten Festlandmasse entfernt war (soweit er die Geographie der Erde kannte, konnte dort selbst der entlegenste Punkt mitten im Ozean solches nicht für sich in Anspruch nehmen) und daß die geographische Länge auf dieser Welt auf die Lage eines Punktes namens Jerez bezogen wurde.
    Er sah aufs Meer hinaus. Die Luft war klar. Er hatte den Eindruck, unendlich weit sehen zu können, und wandte sich an Jernigan:
    »Was ist der Durchmesser dieser Welt?«
    »Rund dreiundzwanzigtausend Kilometer«, antwortete der Robot.
    Das erklärte den weiten Horizont. Dieser Planet war fast zweimal so groß wie die Erde.
    Ken ging zwei Schritte, drehte sich um und kehrte zu seinem Ausgangsort zurück. Er fühlte sich leichter als gewöhnlich. Die Gravitation war geringer als auf der Erde.
    »Was jetzt?« fragte er Jernigan.
    »Wir gehen in die Stadt. Palamera ist eine der Inseln, die Nenus Leute voll übernommen haben. Man hält Cidade Palamera für das Hauptquartier der Invasoren.«
    Ken hatte Bedenken.
    »Sie haben Ihr Gesicht ziemlich oft herumgezeigt, nicht wahr? Für Sie bedeutet es ein Risiko, in Cidade gesehen zu werden?«
    Jernigan nickte mit freundlichem Lächeln.
    »Ganz richtig.« Und trocken fügte er hinzu: »Für Sie übrigens auch, da Sie sich in meiner Begleitung befinden.«
     
    *
     
    Sie kletterten zum Kamm hinauf und sahen, nachdem sie einen schluchtartigen Paß überquert hatten, die jenseitige Küste der Insel unter sich liegen. Cidade Palamera lag in einem auf drei Seiten von senkrechten, himmelhohen Felswänden umschlossenen Talkessel. Das Meer bildete die Begrenzung auf der vierten Seite. Rechts und links der Stadt schoben sich lange, bergbestandene Landzungen weit und mit vielen Krümmungen in den Ozean hinaus, auf diese Weise eine Bucht bildend, der die Stadt vermutlich ihr Entstehen zu verdanken hatte. Es schien unmöglich, daß selbst der stärkste Orkan über die hohen, steilen Rücken der Vorberge in das stille Wasser des Hafens hineinreichen könnte.
    Der Abstieg war beschwerlich, besonders im strahlenden Glanz der weißgelben Sonne, die unbarmherzig aus wolkenlosem Himmel strahlte, die Felsen erhitzte und ihre Wärme von den Felswänden reflektieren ließ. Ken troff der Schweiß aus allen Poren, als sie fast dreihundert Meter tiefer schließlich auf eine Art Straße trafen, die in vielen Windungen zum Stadtrand hinabführte.
    Jernigan war vorsichtig und hütete sich davor, allzu weit in die Stadt vorzudringen. Er hielt auf ein flaches, weitflächiges Gebäude zu, das sich weit abseits der Straße aus einem Hain von niederen, palmenähnlichen Pflanzen erhob. Es war hohe Zeit, daß sie sich von der Straße entfernten, denn schon bedachten sie aus vorbeigleitenden Fahrzeugen neugierige Verkehrsteilnehmer mit kritischen Blicken. Auf Palamera, ebenso wie auf der Erde, bewegte man sich kaum mehr zu Fuß.
    Das flache Gebäude entpuppte sich als ein Hotel. Vor dem Haupteingang waren mehrere Fahrzeuge abgestellt, die ihren Zeitgenossen auf der Erde so erstaunlich ähnlich waren, daß Ken sogar die Marke zu erkennen glaubte.
    In der kühlen, mit reichlichem Pflanzendekor ausgestatteten Empfangshalle wandte Jernigan sich an einen stationär eingebauten

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