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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Nenu ein zweites Mal zugeschlagen hat, nachdem ihr erster Anschlag mißlang.«
    Ken hatte begonnen, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, obwohl er sich immer wieder einzureden versuchte, daß sich Dados Verschwinden in ein paar Minuten völlig harmlos aufklären würde. Er fühlte zunehmende Unsicherheit. Selbst wenn Dado auf den Ausruf nicht antwortete, selbst wenn der Komputer feststellte, daß ihr Wagen die Stadtgrenze nicht überschritten hatte – selbst dann würde er nicht genau wissen, was ihr zugestoßen war. Wenn Jernigans Verdacht sich bestätigte, wenn Dado von Nenus Leuten entführt worden war, dann mußte irgendwo ihr bewußtloser Körper zurückgeblieben sein. Und selbst für das städtische Elektronengehirn war es eine schwierige Aufgabe, einen bewußtlosen Körper zu finden.
    Jernigan schaltete das Schweißgerät ab, mit dem er gearbeitet hatte. Den Arm von sich gestreckt, betrachtete er mit der Miene eines Zufriedenen sein Werk, ein Kästchen von nicht mehr als zwei Zentimetern Länge und einem Zentimeter Höhe, das er behutsam zwischen den Fingern hielt. Die kleine Frontplatte des Kastens enthielt einen roten Schaltknopf.
    »Das Problem ist gelöst!« erklärte er. »Dies ist der neue Mikro-Elektropunktor: Ein Druck auf den roten Knopf erzielt im Gehirn des Trägers dasselbe Resultat, das bislang nur durch die Aktivierung dieses unbeholfen großen Kastens erreicht werden konnte.« Er machte eine Handbewegung in Richtung des Elektropunktor-Aggregats. »Das bedeutet unbegrenzte Aufenthaltsmöglichkeit für den Experimentator in einem fremden Universum. Dem Vorstoß in Nenus Welt steht damit nichts mehr im Wege.«
    Felips unsicherer Blick wanderte zwischen Ken und Jernigan hin und her.
    »Er hat recht, Felip«, versicherte Ken. »Nennen Sie ihn ein Genie, oder was sie auch immer wollen. Er sah sofort die Möglichkeiten, die der Elektropunktor in sich barg. Ein Gerät, das man bei sich trägt, verhilft ...«
    Der Interkom summte. Ken eilte zum Empfänger und schaltete ihn ein. Das Rufzeichen des städtischen Komputers erklang.
    Fast im selben Augenblick leuchtete auch schon der Bildschirm auf.
    ERFOLG DES STÄDTISCHEN AUSRUFS: NEGATIV.
    ERFOLG DER UNTERSUCHUNG DER FUNKLEITFREQUENZEN ALLER FAHRZEUGE, DIE DIE STADT IN AUSWÄRTSRICHTUNG VERLASSEN HABEN: NEGATIV.
    Die Begeisterung, die Ken bei der Fertigstellung des Mikro-Elektropunktors empfunden hatte, verflog augenblicklich. Es war genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Niemand wußte, wo Dado war. Sie befand sich noch innerhalb der Stadtgrenzen, oder sie hatte Epcot in einem Fahrzeug verlassen, das nicht ihr gehörte. Er war verzweifelt. Es gab hundert Entscheidungen, die er jetzt treffen konnte, aber seine Gedanken rasten und hielten nicht lange genug still, um auch nur eine der Möglichkeiten zu fassen. Er konnte die Polizei alarmieren. Er konnte Suchanzeigen in die umliegenden Städte schicken. Er konnte die Bundessicherheitstruppe auf Dados Spur hetzen. Er konnte ...
    Felips überraschter Ausruf schreckte ihn auf.
    Die Schrift auf dem Bildschirm hatte gewechselt.
    Der Beweis war gefunden!
    MISS GROSSMAN BEFINDET SICH IM ZUSTAND TIEFSTER BEWUSSTLOSIGKEIT IN IHREM APPARTEMENT.

 
8
     
    Sie standen auf einem kleinen Felsenplateau. Hinter ihnen stieg die steinige, buschbewachsene Wand des Vorgebirges mäßig steil bis zum Kamm hinauf an. Vor ihnen, jenseits der Kante des Plateaus, fiel sie senkrecht zum Meer hinunter ab. Ken, noch benommen von der plötzlichen Änderung, starrte hinaus auf die endlos weite, blaugrüne Fläche des Ozeans.
    Neben ihm stand Alf Jernigan, der Roboter.
    »Genau am Ziel«, sagte er mit unverkennbarer Befriedigung. »Die Stadt liegt kaum vier Kilometer von hier.«
    Ken sah sich beklommen um. Er wußte genau, daß Jernigan noch im Labor stand, als er den roten Knopf des Mikropunktors drückte, den er an einem Band um den Hals trug. Aber als das unheimliche Gefühl des Fallens durch endlose Räume, das traumhafte Vorbeihuschen von gespenstischen Bildern schließlich endete und er sich auf der neuen Welt fand, auf die er noch nie zuvor den Fuß gesetzt hatte, stand Jernigan schon neben ihm, als hätte er eine Zeitlang auf ihn gewartet.
    Ken brachte das Problem nicht zur Sprache. Er hielt es für falsch, Jernigan zuviel von seiner Unwissenheit zu offenbaren. Eines Tages würde er in der Lage sein, die Frage selbst zu beantworten.
    »Ziemlich merkwürdiges Gelände für eine Stadt«, bemerkte er statt dessen. »So

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