Die Dirne und der Bischof
Münzen aus der Hand.
»Also gut, aber beeilt Euch. Ihr geht in mein Haus hinüber.«
»Kann ich das blonde Kind...?«
»Nein! Mara, geh du!«
Die zierliche Frau löste ihre Haube und ließ ihr kastanienbraunes Haar über den Rücken wallen, dann erhob sie sich und ging mit wiegenden Hüften auf den Vikar zu. Sie griff nach seiner Hand und zog ihn von der Bank hoch.
»Kommt mit mir, mein guter Pater, Ihr werdet Eure Sünde nicht so schnell bereuen! Und später könnt Ihr ja immer noch beichten.«
Der Vikar warf Elisabeth noch einen bedauernden Blick zu, dann folgte er Mara hinaus. Elisabeth starrte ihnen mit offenem Mund nach. Was ging hier vor sich? War das nicht das Haus einer Gemeinschaft gottesfürchtiger Frauen? So sehr sie sich auch bemühte, ihr fiel keine harmlose Rechtfertigung für das ein, was sie eben gehört und gesehen hatte. In was für einem Haus war sie hier? Sie hob den Blick zu Else, doch die wandte sich ab, statt eine Erklärung zu bieten.
Die Meisterin scheuchte die Frauen, den Tisch abzuwischen und die Schalen auszuspülen. Elisabeth half stumm und mit gesenktem Blick. Sie traute sich nicht, die anderen Frauen zu fragen. Noch ehe sie unter der strengen Aufsicht der Wirtin die schmutzigen Binsen hinausgekehrt und in die Abortgrube geworfen hatten, kam Mara zurück und half dabei, die frischen Binsen zu verteilen. Der Vikar war nirgends zu sehen. Vermutlich war er zum Stift Haug zurückgekehrt. Ein paar Mal war Elisabeth versucht, Mara zu fragen, was zwischen ihr und dem Kirchenmann vorgefallen war, doch sie fürchtete sich zu sehr vor der Antwort. Wie sollte sie ihr in die Augen sehen, wenn sie von solchen Dingen sprach? Dafür beobachtete sie Mara eine Weile verstohlen. Sie schien noch so unbeschwert wie zuvor, lachte und zankte gutmütig mit den anderen. Wie konnte das sein? Die Beklemmung in Elisabeths Brust ließ ein wenig nach. Es musste eine andere Erklärung geben, die ihr nicht die Schamesröte ins Gesicht treiben würde! Ihr fiel nur keine ein. Aber bald schon würden die anderen ihr davon erzählen.
Den Rest des Tages verbrachten die Frauen müßig im Schatten eines Birnbaumes im Gras. Es war ein schöner Frühlingstag. Sie plauderten oder dösten, bis die Meisterin zwei von ihnen rief, die Abendsuppe zu kochen. Als die Dunkelheit herabsank, aßen sie gemeinsam dicken Eintopf von Kohl, Rüben und Zwiebeln mit ein wenig geräucherter Wurst. Dann schickte Else die Frauen ins Bett und nahm die Lampe mit. Elisabeth verbrachte ihre zweite Nacht im Haus der Eselswirtin. Als sie einschlief, fühlte sie sich warm und geborgen, als würde sie hierhergehören. Sie ahnte nicht, wie schnell das Gefühl verfliegen sollte.
Kapitel 3
Der Montag verflog mit häuslichen Arbeiten und Geplauder. Die Frauen zogen die schmuddeligen Tücher von den Betten und legten frische über die durchgelegenen Strohmatratzen. Dann schleppten sie Wassereimer vom Brunnen heran, gaben frische Lauge dazu und wuschen Laken und Decken in großen Bottichen vor dem Haus. Gret warf ihre Schuhe von sich, stieg in eine ovale Wanne und trat die eingeweichten Decken mit den Füßen. Anna und Mara spülten sie aus, während Jeanne sie anschließend mit Elisabeths Hilfe auswrang. Marthe brummelte vor sich hin, während sie die ersten Tücher über einer abbröckelnden Mauer ausbreitete.
Die sonnigen Tage waren zwar vorüber, doch trotz der Wolken, die der Wind heute über den Main trieb, war es warm genug, dass sie gern auf der Wiese arbeiteten statt in der Düsternis des stickigen Hauses. Anna stimmte ein Lied an, und die anderen Frauen sangen mit - außer Marthe, die das Lied hirnlos und dumm nannte und sich weigerte mit einzustimmen.
Später ging die Meisterin los, um die Weinvorräte aufzufüllen. Sie nahm Gret mit und kam erst am späten Nachmittag zurück. Der Schröter brachte die beiden Fässer, die sie erworben hatte, und rollte ihnen eines ins Haus, das andere in den Bretterverschlag, der hinten angebaut war. Er plauderte noch ein wenig mit der Wirtin, ehe er sich verabschiedete und mit seinem Eselskarren davonzog. Else verteilte die Aufgaben für den Nachmittag. Jeanne sollte einkaufen gehen. Sie entschied sich, Elisabeth mitzunehmen. Die Meisterin wollte nicht, dass sich eine ihrer Frauen alleine in der Stadt herumtrieb. Sie runzelte zwar die Stirn, als Jeanne verkündete, das neueste Mitglied ihrer Gemeinschaft mitnehmen zu wollen, nickte dann aber und ließ die beiden Frauen ziehen.
»Wohin gehen wir?«,
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