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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nicht wetten. Du kennst sie nicht so gut wie ich. Ihr ist jede ihrer Münzen ein Heiligtum.«
    Elisabeth setzte ihren Weg zur Hütte der Meisterin fort. »Es gibt kein Zurück. Der Pater wartet auf sein Geld, und Jeanne braucht die Medizin. Geh zurück zu den anderen. Es hilft niemandem, wenn wir beide ihren Zorn auf unser Haupt laden.«
    Gret zögerte, doch dann nickte sie, machte kehrt und ging ins Frauenhaus zurück. Elisabeth öffnete die Tür zu Elses Häuschen. Sie holte einmal tief Luft, dann trat sie ein. Ihr Herz klopfte wild. Es war wie in jener Nacht, als sie den langen Gang entlanggeschritten war, auf die geschlossene Tür zu. Ein goldenes Lichtband schien die Tür mit dem Boden zu verbinden. Ihr Herz klopfte stürmisch, als sie Schritt für Schritt näher kam. Zuerst konnte sie nur murmelnde Stimmen hören. Ihre Hände glitten über das Holz. Ihr Ohr näherte sich dem Schlüsselloch. Die ersten Worte verbanden sich zu Satzfetzen. Ihr Atem setzte aus.
    Ein Geräusch ließ Elisabeth herumfahren. Sie musste sich konzentrieren und rasch handeln! Die Eselswirtin konnte jeden Augenblick zurückkommen. Elisabeth lugte um die Flechtwand in die Schlafecke der Meisterin. Das breite Bett weckte keine angenehmen Erinnerungen! Schnell wandte sie ihren Blick ab und richtete ihn auf die Truhe. Hier bewahrte sie sicher ihre Münzen auf. Und wenn nicht? Elisabeth schob die Zweifel beiseite, kniete sich hin und hob den Deckel. Zaghaft schob sie Elses Kleider beiseite, bis ihre Hand einen kleinen Beutel fühlte. Zu klein für die Geldbörse. Dennoch zog Elisabeth den Beutel heraus und öffnete ihn. Eine Kette aus kühlen Metallgliedern fiel in ihre Hand. Ihre Finger ertasteten ein mit einem geschliffenen Stein und Perlen verziertes Medaillon. Wieder glitten ihre Gedanken in die Vergangenheit, versuchten die verschlossenen Türen der Erinnerung aufzustoßen. Ein Glücksgefühl durchströmte sie. Eine ferne, tiefe Stimme sprach liebevolle Worte. Elisabeth schüttelte die Erinnerung ab. Dies war nicht der richtige Ort und nicht die richtige Zeit, sich in Tagträume zu verlieren. Sie legte das Schmuckstück zurück. Wer konnte sagen, wie wertvoll es war? Außerdem wollte der Pater sicher lieber Münzen in der Hand, die er den Anbietern seiner Ingredienzen geben konnte. Elisabeth suchte weiter. Sie hob ein hölzernes Kästchen aus der Truhe. Sein Inhalt klirrte verdächtig. Elisabeth klemmte es sich unter den Arm und trug es auf die andere Seite der Flechtwand zu dem einzigen mit Pergament bespannten Fenster. Vorsichtig hob sie den Deckel an und sah auf einen Berg von Münzen. Heller und Pfennige, aber noch mehr Schillinge und sogar ein paar Goldgulden! Elisabeth nahm sich genau die Anzahl an Schillingen, die zwei Pfund Pfennigen entsprachen, wie der Pater es gefordert hatte. Dann schloss sie das Kästchen wieder und brachte es an seinen Platz zurück. Elisabeth ordnete die Kleider wieder so, wie sie sie vorgefunden hatte, ehe sie Else Eberlins Häuschen wieder verließ. Pater Antonius wartete vor der Tür des Frauenhauses auf sie. Elisabeth eilte zu ihm und streckte ihm die Hand mit den Münzen entgegen.
    »Ich danke dir und werde die Nacht über nicht ruhen, bis ich den Fiebertrank fertig habe. Außerdem habe ich der Frau, die sich Ester nennt, noch ein paar Empfehlungen zur Pflege der Leidenden gegeben. Es wird ihre Atemnot erleichtern und sie schneller wieder zu Kräften kommen lassen, wenn... ja wenn die Medizin wirkt und das böse Fieber aus ihrem Körper vertreibt.«
    »Wir werden alles versuchen. Ich danke Euch Pater, von ganzem Herzen.«
    »Ein gutes, mildtätiges Herz, würde ich sagen.«
    »Und dennoch ein sündiges. Täuscht Euch da nicht, Pater«, widersprach sie. Röte schoss in ihre Wangen, und sie senkte beschämt den Blick. Sie hatte gerade ihre Meisterin bestohlen! Wenn auch, um Jeanne zu retten. Ein Diebstahl war es dennoch, und wenn die Meisterin beschloss, sie dafür dem Schultheiß zu übergeben, dann drohte ihr weit mehr als ein paar schmerzhafte Schläge.
    »Der Herr wird einst über uns richten. Überlass es ihm, die guten von den schlechten Seelen zu unterscheiden«, sagte Pater Antonius. Er wandte sich gerade zum Gehen, als Elisabeth die Meisterin mit einem schweren Korb unter dem Arm über die Wiese auf sie zukommen sah. Der Pater grüßte sie mit einem Kopfnicken und ging langsam davon.
    »Was wollte der denn um diese Zeit?« Verwundert sah ihm die Meisterin nach. Elisabeth wusste nicht, was sie

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