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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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aufragten. Sie klopfte erst zaghaft und dann energischer. Endlich hörte sie Schritte, und ein kleines Fensterchen öffnete sich im großen Tor. Sie konnte nur ein paar graue Augen mit einem Kranz von Falten sehen und eine schmale, hakenförmige Nase.
    »Was willst du, Mädchen?«
    »Dürfte ich mit Pater Antonius sprechen? Ich bräuchte seine Hilfe.«
    »Warum?«
    »Das möchte ich mit ihm lieber selbst besprechen. Es geht um seine Erfahrung mit Kranken. Bitte, Bruder, könnt Ihr ihn nicht herholen, dass er selbst entscheiden kann, ob er mir helfen will?«
    Der Portner schnaubte unwillig und ließ die Klappe wieder zufallen. »Warte hier«, hörte sie seine Worte undeutlich durch das dicke Holz. »Ich werde den Bruder Infirmarius fragen.«
    Sie musste eine ganze Weile warten, ehe das Fensterchen wieder aufgeschoben wurde. Dieses Mal waren die Augen, die sie musterten, braun. Elisabeth trug ihre Bitte noch einmal vor.
    »Willst du mir nicht genau sagen, worum es geht? Wer ist krank, und um was für eine Krankheit handelt es sich? Und warum kommst du ausgerechnet zu mir? Gibt es keine Bader oder Chirurgen mehr in der Stadt?«
    Elisabeth sah die Gasse hinauf und hinunter, auf der die Menschen ihren täglichen Geschäften nachgingen. Dann kehrte ihr Blick zu dem braunen Augenpaar zurück.
    »Das würde ich gerne mit Euch unter vier Augen besprechen, Pater. Wenn das möglich ist.«
    Sie hielt seinem forschenden Blick stand. Er hob fragend die Augenbrauen, dann wandte er sich ab und gab dem Portner die Anweisung, das Tor zu öffnen. DieArme in den weiten Ärmeln seiner Kutte verschränkt, trat er auf die Gasse hinaus.
    »Lass uns auf den Friedhof gehen«, schlug er vor. »Dort sind wir ungestört.« Er ging neben ihr her und öffnete ihr dann die schmiedeeiserne Gittertür, die sie auf den kleinen Friedhof des Klosters führte. Der wurde von drei Seiten von einer Mauer umschlossen, die vierte grenzte an die Kirche.
    »Nun, was ist das für ein besonderer Krankheitsfall, der dich annehmen lässt, er bedürfe ausgerechnet meiner Hilfe? Ich bin ein einfacher Bettelmönch der Franziskaner, der die meiste Zeit seines Lebens hinter diesen Mauern verbracht hat.«
    Elisabeth senkte den Blick auf einen einfachen Grabstein. »Vor drei Jahren wart Ihr nicht hinter diesen Mauern, sondern habt in der Stadt viel Gutes getan. Die Kranken besucht und gepflegt, die alle anderen bereits aufgegeben hatten, und viele von ihnen gerettet. Die Leute erinnern sich noch gut an Euren unermüdlichen Einsatz!«
    »Vor drei Jahren, sagst du?« Sie nickte und sah, wie das Erschrecken über seine sonst unbewegte Miene huschte.
    »Wir haben nicht so viel Erfahrung wie Ihr mit dieser Krankheit, daher möchte ich Euch bitten, mit mir zu kommen, um Euch die Leidende anzusehen - und uns zu sagen, ob unsere schlimmsten Befürchtungen zutreffen.«
    Der Mönch sah an ihr herab. »Ich bin nicht oft in der Stadt unterwegs, doch gehe ich recht in der Annahme, dass dieser gelbe Saum bedeutet, dass du vom Frauenhaus am Judenfriedhof sprichst?«
    Elisabeth nickte. »Ja, das ist richtig, und ich weiß, dass es in Euren Augen ein schlimmer Ort der Sünde sein muss. Dennoch bitte ich Euch, mit mir zu kommen.«
    Der Mönch hob die Schultern. »Ist nicht auch unser Heiland an den Ort der Sünde gegangen, um die frohe Botschaft zu verkünden? Wer bin ich, dass ich mich davor scheuen könnte? Ich möchte mir nur ein paar Utensilien mitnehmen. Warte hier. Ich bin gleich zurück.« Er eilte davon. Elisabeth musste nicht lange auf seine Rückkehr warten. Eine Ledertasche über die Schulter gehängt, trat er aus dem Tor und folgte ihr in die Vorstadt Pleichach.
    Als sie die letzten Häuser erreichten, blieb Elisabeth stehen.
    »Bitte wartet hier, bis ich Euch hole. Ich muss erst sehen ob... ja, also ob unsere Meisterin noch unterwegs ist.«
    Der Mönch hob die Augenbrauen. »Dann hat sie dich also nicht beauftragt, mich zu holen?«
    »Nein, sie hat sogar ausdrücklich verboten, die Kranke irgendjemand zu zeigen. Ich habe das allein entschieden und werde die Folgen dafür auf mich nehmen.«
    Sie glaubte so etwas wie Mitgefühl in seinen Augen zu entdecken.
    »Dann hat sie also den gleichen Verdacht wie du«, schloss der Mönch. »Und sie hat Angst davor, was mit ihrem Haus geschieht, sollte hier wirklich die Pest ausgebrochen sein.« Elisabeth zuckte zusammen.
    »Es macht die Sache nicht besser, wenn man sich scheut, den Schrecken bei seinem Namen zu nennen!«
    »Nein, sicher

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