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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Medicus sterben.«
    »Wenn es die Pest ist, dann stirbt sie vermutlich so oder so. Aber was ist mit uns allen und mit den Gästen, die jeden Abend ein und aus gehen? Keiner weiß, nach welchen Merkmalen sich die Pest ihre Opfer sucht. Manche sagen, Gott schickt sie zur Strafe für unseren sündigen Lebenswandel. Das mag ja sein, doch ich glaube nicht, dass er sich jeden Kranken einzeln aussucht. Es sterben die Verdorbenen und die Reinen! Nein, es muss einen anderen Weg geben. So wie bei einem ein mal entfachten Feuer. Steht ein Haus in Flammen, dann greift es auf das nächste über, wenn es zu nah herangebaut wurde, und bald schon brennt eine ganze Stadt. Hör dir die Vorschriften an, die immer und immer wieder verlesen werden. Die Gassen sollen verbreitert, steinerne Mauern zwischen den Bauten errichtet werden.«
    Gret sah sie aufmerksam an. »Deshalb wurden die Pesthäuser markiert und verschlossen. Und die Helfer, die mit den Kranken zu tun hatten, trugen lange Gewänder und diese Masken mit irgendwelchen Essenzen zum Einatmen.«
    »Ja, und wenn wir weiterhin mit Jeanne zusammen sind, dann könnten auch wir bald mit dem schwarzen Fieber darniederliegen, und dann die Männer, die bei uns gelegen haben und ihre Familien...«
    Grets Augen weiteten sich. »Aber was können wir tun? Willst du, dass sie auf einen Karren geworfen und ins Siechenhaus gebracht wird? Willst du ihr das antun? Was, wenn es gar nicht die Pest ist? Dann wird das Siechenhaus sie umbringen!«
    Elisabeth zögerte. »Nein, ich will nicht, dass sie noch mehr leiden und vielleicht unter Fremden sterben muss. Ich habe sie sehr gern und sorge mich um sie - aber auch um uns und die ganze Stadt. Jemand, der sich mit der Pest auskennt, muss sie sich ansehen!«
    »Du weißt, dass die Meisterin genau das bei schwerer Strafe verboten hat. Und sie versteht es zu strafen! Wenn sich unser Verdacht bestätigt, dann müssen wir damit rechnen, dass das Frauenhaus geschlossen wird und keine Gäste mehr kommen dürfen, um ihre Münzen bei uns auszugeben. Dann Gnade uns Gott!« Gret wirkte nicht sehr erschrocken. Ihre Miene drückte eine feierliche Entschlossenheit aus.
    »Das ist es vermutlich, was die Meisterin befürchtet und was sie verhindern will. Und es könnte noch schlimmer kommen! Wenn der Rat es bestimmt, dann werden sie uns hier einschließen. Die Tür vernageln und erst wieder öffnen, wenn die Krankheit besiegt ist - oder wir alle tot sind«, gab Elisabeth zu bedenken.
    »Und trotzdem willst du, dass wir sie jemandem zeigen.«
    Es war keine Frage, dennoch nickte Elisabeth. »Ja, denn das ist das Richtige! Ich weiß nur nicht, wem. Dem Bader oder Meister Thürner?«
    »He, wo bleibt ihr?«, hörten sie plötzlich die erboste Stimme der Eselswirtin. »Wie lange braucht ihr, um einen Korb auszuleeren?«
    Die beiden Frauen hasteten mit der leeren Wanne zum Haus zurück, um ihre Arbeit fortzusetzen. Später nahm Gret Elisabeth noch einmal beiseite.
    »Wenn wir das wirklich machen wollen, dann müssen wir Pater Antonius aufsuchen. Ich habe Ester vorhin ein wenig ausgefragt. Sie sagt, er hätte sich unermüdlichum die Pesterkrankten gekümmert, als die meisten Ärzte die Stadt bereits verlassen hatten. Und unter seiner Fürsorge hätten mehr Kranke überlebt als sonstwo. Ihn müssen wir suchen!«
    »Danke, aber ich werde alleine gehen. Es reicht, wenn sich eine den Zorn der Meisterin auf ihr Haupt lädt.«
    Gret öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch dann hielt sie inne und lächelte Elisabeth an. »Du bist wirklich mutig! Weißt du, am Anfang habe ich dich ein wenig verachtet. Immer diese Miene der Traurigkeit und Verzweiflung, dass Gott ausgerechnet dir diese Ungerechtigkeit aufgebürdet und dich mit solch einem Leben beschwert hat. Gott war zu vielen ungerecht! Nicht nur zu dir. Meinst du, wir hätten es verdient, hier zu leben und Tag für Tag den Launen der Männer und der Meisterin ausgesetzt zu sein? Aber wir jammern nicht und tun unser Bestes, um mit allem zurechtzukommen. Nun weiß ich, auch in dir steckt eine Kämpferin. Das gefällt mir.«
    Elisabeth beugte sich vor und küsste die sommersprossige Wange. »Danke. Und wo finde ich diesen Pater Antonius?«
    »Im Kloster der Franziskaner.«
     

Kapitel 11
    Elisabeth wartete, bis die Meisterin am Nachmittag das Haus verlassen hatte, ehe sie davonschlüpfte und in die innere Stadt eilte. Sie querte die belebte Domstraße und folgte ein paar verwinkelten Gässchen, bis die Klostermauern vor ihr

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