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Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Titel: Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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unbekannten Wagens und vier verschiedene Schilderungen einer „verdächtigen Person“ – genau wie im Polizeibericht.
    Bei dem Ausdruck „verdächtige Person“ musste sie grinsen. Das hörte sich so nach Kriminalroman an. Dabei hatte sie erfahren müssen, dass die Realität lange nicht so spannend war. Detektivarbeit bestand hauptsächlich aus einer Unmenge Papierkram, endlosen langweiligen Stunden auf Beobachtungsposten, unzähligen Anrufen, Reden mit Leuten, die nicht mit einem reden wollten. Oder die schlimmere Variante – Leute, die zu viel redeten und nichts zu sagen hatten.
    Nur ab und zu ergab sich eine kleine Abwechslung, wenn ein Hundert-Kilo-Kerl einen in den Schwitzkasten nahm, weil er stinkwütend wegen der Fotos war.
    Mel hätte mit nichts und niemandem auf der Welt tauschen mögen.
    Aber was nützte es, wenn man den Job liebte, mit dem man sich den Lebensunterhalt verdiente, was nützte all das Training und all die Ausbildung, wenn sie noch nicht einmal einer Freundin helfen konnte? Es hatte nicht so viele Freunde in ihrem Leben gegeben, als dass sie Rose und Stan als selbstverständlich hinnehmen würde. Allein dadurch, dass es sie gab, hatten sie ihr etwas geschenkt. Sie hatten David mit ihr geteilt, ihr eine Verbindung zu einem richtigen Familienleben gegeben. Familie.
    Etwas, das Mel nie wirklich gehabt hatte.
    Sie würde über glühende Kohlen gehen, um David zurückzuholen.
    Mel schob die Rechnungsunterlagen achtlos beiseite und griff nach der Akte, die seit zwei Monaten auf ihrem Schreibtisch lag. „David Merrick“
    stand in fein säuberlichen Lettern darauf, und der Aktenordner war erbärmlich dünn. Mel strich bedrückt über den schwarzen Aktendeckel.
    Alle seine Daten waren da, Größe, Gewicht, Haar- und Augenfarbe. Mel kannte seine Blutgruppe und wusste von dem kleinen Grübchen an der linken Seite seines Mundes.
    Aber die Akte sagte nichts darüber aus, wie sich dieses Grübchen vertiefte, wenn er lachte. Konnte den wunderbaren Klang des Lachens nicht beschreiben, konnte nicht wiedergeben, was für ein herrliches Gefühl es war, wenn er seine nassen Küsse verteilte, das lustige Quietschen, wenn man ihn in die Luft warf und wieder auffing.
    Sie wusste, wie leer sie sich fühlte, wie traurig und besorgt. Und konnte sich vorstellen, dass das, was Rose fühlte, jede Stunde an jedem Tag, tausendmal stärker sein musste.
    Mel schlug den Aktendeckel auf und nahm das Foto zur Hand. David, mit sechs Monaten, nur wenige Tage vor der Entführung aufgenommen. Er lachte breit und glücklich in die Kamera, den gelben Teddybären, den Mel ihm an dem Tag geschenkt hatte, als er nach der Geburt aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen war, fest an sich gedrückt. Der zarte Flaum auf seinem Kopf war schon dichter geworden, zeigte die schimmernde Farbe reifer Erdbeeren.
    „Wir finden dich, mein Kleiner. Wir finden dich ganz sicher und bringen dich wieder nach Hause.“
    Hastig legte sie das Foto ab. Musste es tun, wenn sie eine professionelle Einstellung bewahren wollte. Dass sie sich über seinem Foto grämte, half nicht weiter. Genauso wenig, wie es half, einen angeblich übersinnlichen Telepathen mit dem Aussehen eines Piraten und unheimlichen Augen anzuheuern.
    Oh, wie dieser Mann sie irritierte. Durch und durch, von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln. Dieses Lächeln. Nicht wirklich herablassend, aber auch nicht wirklich freundlich. Am liebsten hätte sie es ihm mit der Faust aus dem Gesicht gewischt.
    Und dann seine Stimme, ruhig, tief, mit der leisen Andeutung ei nes irischen Akzents. Sie knirschte mit den Zähnen. Da schwang so viel Überheblichkeit mit. Außer, wie sie zugab, als er mit Rose gesprochen hatte. Da hatte diese Stimme sanft und geduldig und verständnisvoll geklungen.
    Aber nur, um sie einzulullen, ermahnte Mel sich, als sie über den Stapel Telefonbücher stieg, um sich etwas Kaltes zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen. Er hatte kein Recht, falsche Hoffnungen in Rose zu erwecken.
    David würde gefunden werden, aber mit logischen, rationalen Mitteln.
    Durch sorgfältige Polizeiarbeit und Nachforschungen, nicht durch ein durchgeknalltes Medium mit Sechshundert-Dollar-Stiefeln!
    Mel hatte sich nun endgültig in Rage gedacht und wirbelte herum, gerade als diese Sechshundert-Dollar-Stiefel über die Schwelle traten.
    Sie sagte keinen Ton, trank nur aus der Limonadenflasche, während ihre Augen grüne Blitze aussendeten. Sebastian schloss die Tür hinter sich, auf der

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