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Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Titel: Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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runzelte die Stirn. Während sie zusah, wie seine Hand den Bleistift leicht und schwungvoll über das weiße Blatt Papier führte, wurde die Falte auf ihrer Stirn noch tiefer. Schon immer hatte sie Leute beneidet, die scheinbar mühelos zeichnen konnten. Sie trank einen Schluck und sagte sich, dass es sie nicht interessierte. Doch sie betrachtete gebannt das Gesicht, das auf dem Papier entstand.
    Gegen ihren Willen beugte sie sich vor. Irgendwo in ihrem Hinterkopf wurde ihr gewahr, dass Sebastian nach Pferden und Leder roch. Nach edlen Rassepferden und geöltem Leder. Das tiefe Violett des Amethysts an seinem kleinen Finger zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, wie hypnotisiert sah sie ihn funkeln.
    Künstlerhände, dachte sie. Stark und schlank und elegant. Wahrscheinlich waren sie sanft und konnten unglaubliche Dinge anstellen.
    Hände, die es gewöhnt waren, Champagner zu entkorken. Oder sich fingerfertig an den Knöpfen einer Frauenbluse zu schaffen machten.
    „Oft tue ich beides gleichzeitig.“
    „Wie bitte?“ Verwirrt wurde ihr bewusst, dass er nicht mehr zeichnete, sondern sie anstarrte. Er stand einfach nur da, viel näher, als sie bemerkt hatte.
    „Nichts.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, aber er war wütend auf sich, weil er sich hatte hinreißen lassen. „Manchmal sollte man eben nicht zu laut denken.“ Während sie noch den Sinn der Worte zu verstehen suchte, reichte er ihr die Zeichnung. „Das ist der Mann, der David entführt hat.“
    Sie wollte sich weder für das Bild noch für den Künstler interessieren.
    Aber irgendetwas an diesem Bild fesselte sie. Sie ging um den Schreibtisch herum und schlug Davids Akte auf, nahm die vier Phantombilder heraus, die der Polizeizeichner nach Zeugenaussagen gemacht hatte, und verglich sie mit Sebastians Zeichnung.
    Sein Bild war wesentlich detaillierter. Den Zeugen war die kleine Narbe unter dem linken Auge nicht aufgefallen, auch nicht der abgebrochene Vorderzahn. Der Polizeizeichner hatte dem Gesicht nicht diesen Ausdruck der Angst verleihen können, aber ansonsten war es der gleiche Mann.
    Na schön, er kannte also jemanden auf dem Revier. Das war die logische Erklärung, die ihre Nerven beruhigen sollte. Mel ließ sich auf den alten Stuhl fallen. „Wieso ausgerechnet der? Wie kommen Sie darauf, dass er so aussehen könnte?“
    „Weil ich ihn gesehen habe. Er fuhr einen braunen Mercury, mit beigem Innenraum. Links auf dem Rücksitz ist ein Riss im Polster. Er hört gern Country-Musik. Zumindest hatte er einen Country-Sender im Radio eingestellt, als er mit dem Kind davonfuhr. Richtung Osten.“ Seine Augen wurden plötzlich für einen Sekundenbruchteil scharf wie ein Rasiermesser.
    „Süd-Ost.“
    Einer der Zeugen hatte ein braunes Auto gesehen, unauffällig, aber unbekannt, direkt vor Roses Wohnung. Mehrere Tage hintereinander.
    Sebastian hätte auch diese Information ohne Probleme von jemandem auf der Wache bekommen können, wie Mel sich ermahnte, und jetzt drückte er nur die richtigen Knöpfe.
    Aber wenn dem nicht so war … wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass …
    „Ein Gesicht und ein Auto also.“ Sie zwang sich, gleichgültig zu klingen, aber das leichte Zittern verriet sie. „Kein Name, keine Adresse, keine Sozialversicherungsnummer?“
    „Sie sind wirklich ein harter Brocken, Sutherland.“ Es wäre sehr einfach gewesen, sie unsympathisch zu finden, würde er nicht sehen, fühlen, wie verzweifelt sie war.
    Ach, zum Teufel. Er würde sie eben aus Prinzip nicht mögen.
    „Hier geht es um das Leben eines Kindes.“
    „Er ist in Sicherheit“, sagte Sebastian. „Und wird gut versorgt. Er ist verwirrt, weint häufiger als sonst, aber niemand tut ihm weh.“
    Der Atem stockte ihr. Wie gerne wollte sie das glauben, wenn sie schon nichts anderes glaubte. „Sie dürfen nicht mit Rose darüber reden“, sagte Mel. „Es würde sie um den Verstand bringen.“
    Er ignorierte ihren Einwand und sprach weiter. „Der Mann, der David mitgenommen hat, hatte Angst. Man roch es. Er hat ihn zu einer Frau gebracht … nach Osten.“ Mehr würde kommen. „Sie hat ihm einen Oshkosh-Overall angezogen und ein rot gestreiftes Hemd. David hat in einem Autositz gesessen, einen Plastikring mit Schlüsseln in der Hand zum Spielen. Sie sind fast den ganzen Tag gefahren, haben in einem Motel übernachtet. Vor dem Motel steht ein Dinosaurier. Die Frau hat David gebadet und gefüttert. Hat ihn im Kinderwagen spazieren gefahren, bis er

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