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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Sie legte keinen Wert auf die Begegnung mit einem Mann, den mehr als nur Plünderungsabsichten hergeführt hatten.
    William Doyle, britischer Spion, stand im französischen Regen und dachte über Zerstörung nach.
    Decorum und Dulce scheuten vor dem Tor und weigerten sich mit angelegten Ohren, auch nur einen Huf auf die losen Kiesel im Hof zu setzen. Der Brandgeruch missfiel ihnen. Vielleicht witterten sie Tod. Auf alle Fälle etwas, das sie nicht mochten.
    Schlau wie Katzen, diese Biester. Der Junge hatte sie noch nicht zu schätzen gelernt.
    Nirgends waren sterbliche Überreste zu sehen. Ebenso wenig hingen Leichen wie reifes Obst an den Bäumen. Dennoch war es möglich, dass in irgendeiner Ecke jemand lag. Tot.
    Dulce machte einen langen Hals, um Hawker zu beißen. Und verfehlte ihn um Haaresbreite. Der Junge wurde immer flinker.
    »Modernder Bastard eines …«, fluchte Hawker, während er sich mit einem Sprung zur Seite rettete, »sodomitischen Affen.«
    Das hat er von mir gelernt. Ich bin ja ein glänzendes Vorbild für die Jugend . Der Junge war zu ihm gekommen, als er nur wenige Worte Französisch sprechen konnte. Allmählich erweiterte William den Wortschatz des Burschen.
    Die Esel waren so etwas wie eine gründliche Lektion darin, wie man Probleme löste, die sich weder in Grund und Boden reden ließen noch erstochen werden durften. Manchmal machte es richtig Spaß, den Jungen auszubilden.
    Hawker riss mit einem letzten kräftigen Ruck an den Zügeln, wobei er den Eindruck erweckte, als wüsste er, was er tat, was seinem Schauspieltalent zu verdanken war. »Ich werde eure Eingeweide einkochen und gottverdammten Eselsleim daraus machen.«
    »Wenn du dein Plauderstündchen mit dem Viehzeug beendet hast, könnten wir uns hier vielleicht ein bisschen umsehen. Du übernimmst den hinteren Garten und gehst bis zu dem Schuppen da. Dann guckst du dir die Westseite an.« Mit der Hand gab er Richtung und Radius an und drückte so das Gesagte in Gebärdensprache aus. Bei der nächsten Gelegenheit würde nicht mehr als die Geste nötig sein. Hawker lernte gleich beim ersten Mal.
    Der Junge blieb stets auf dem nassen Gras, wo man seine Schritte nicht hörte, und in der Deckung der Buchsbaumhecke, wobei er auf seine Erfahrungen aus dem Stadtleben zurückgriff, obwohl er allmählich anfing, sich wie ein Landmensch zu bewegen.
    Château de Fleurignac gehörte ihnen. Keine radikalen Jakobiner, die mit offiziellen Dokumenten wedelten. Keine Dienstboten, die mit klappernden Eimern Wasser aus dem Brunnen schöpften oder in der Küche Geschirr zerbrachen. Keine Hühner, die einem unter die Füße kamen. Keine Pferde im Stall. Nicht einmal ein Hund ließ sich blicken, um mit Passanten eine lebhafte Diskussion über Mein und Dein zu führen.
    Kein Hinweis auf den verrückten, alten Marquis de Fleurignac oder seine Tochter.
    In der Schenke in Voisemont wurde erzählt, der Alte habe sich aus dem Staub gemacht, ehe die Jakobiner ihn hatten festnehmen und nach Paris aufs Schafott schaffen können. Er sei in einer vierspännigen Kutsche davongefahren, die Taschen voller Juwelen. Dass man ihn auf dem Weg nach Norden gesehen hätte, wo er sich den gegen Frankreich marschierenden Armeen anzuschließen gedachte.
    Andere wiederum behaupteten, eine der aus Helden und Narren gebildeten Bruderschaften, die die Revolution ablehnten und Aristokraten retteten, hätte ihn verschwinden lassen. Versteckt im doppelten Boden eines Wagens sei er auf dem Weg zur Küste, wobei er kräftig durchgeschüttelt werde.
    Und dann gab es da noch diejenigen, die eifrig behaupteten, der Marquis sei im Feuer eingeschlossen worden. Oh ja. Mit eigenen Augen hätten sie gesehen, wie er wie eine Fackel brennend gegen die Fenster gehämmert habe, um zu entkommen. Er liege begraben unter einer mannshohen Schicht aus Asche, ein Vermögen aus Gold in seinen verkohlten knochigen Fäusten. Man müsse ihn nur noch ausgraben.
    Er selbst war der Ansicht, dass de Fleurignac niemals im Château gewesen war. De Fleurignac war ein Stadtmensch. Er hatte sich dorthin begeben, wo er sich sicher fühlte. Paris. Dort würde er ihn und seine verfluchte Liste finden.
    De Fleurignacs Tochter hingegen war hier gewesen. In der Schenke war man sich ausnahmslos darüber einig, dass sie sich im Haus befunden hatte, als die Jakobiner kamen. Niemand äußerte Vermutungen, was aus ihr geworden war. Alle tauschten nur verstohlene Blicke aus. Das, worüber die Leute nicht sprachen, war immer

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