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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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Walkwell unterhielt. »Und dir haben wir nichts gesagt, weil ich der Meinung war, dass du Ruhe brauchst.«
    Colin zog ein Gesicht wie ein jähzorniger Dreijähriger, doch statt zu protestieren, kehrte er ihnen nur schroff den Rücken zu. Onkel Gideon gesellte sich wieder zu ihnen, doch Lucinda glaubte nicht, dass Colin seiner Mutter allein seinetwegen nicht widersprach.
    Plötzlich erhob Gideon scharf die Stimme. »Vorsicht, Junge … wie heißt du noch mal? … Tyler! Komm ihr nicht zu nahe! Es geht ihr nicht gut zur Zeit.«
    Von dem mächtigen Geschöpf wie hypnotisiert angezogen, war Tyler immer näher herangetreten. Er machte den Eindruck, über die Furcht hinweg und jetzt in seiner Mal-sehen-wie-es-funktioniert-Phase zu sein, was für den Gegenstand seines Interesses recht lästig werden konnte. Lucinda fühlte, wie die Angst sie packte. Wenn er gefressen würde, wie sollte sie das Mama erklären?
    Es war wirklich ein Drache, eindeutig, unbestreitbar. Lucinda konnte ihn nicht in allen Einzelheiten erkennen, weil das Gestänge des Geheges seinen Körper zu einem Gutteil verbarg, aber falls es nicht ein ganz normales Tier gab, das länger war als ein Schulbus und Schuppen, Fänge und Flügel hatte, dann stand sie, Lucinda Anne Jenkins, gerade im selben Raum wie …
    »Ein Drache«, sagte sie abermals, diesmal aber vernehmlich. Langsam ging ihr das wahrhaft Ungeheure der Sache auf.
    »Allerdings«, bestätigte Onkel Gideon. »Ich werde euch ihr vorstellen – und das meine ich wörtlich. Sie ist ein Drache, nicht bloß eine Rieseneidechse oder ein Riesenkrokodil. Ihr müsst sie mit Respekt behandeln. Sie heißt, wie gesagt, Meseret.«
    »Un-glaub-lich!« Tyler hüpfte wieder aufgeregt auf der Stelle. »So was von irre …! Wo kommt sie her?«
    Onkel Gideon machte ein finsteres Gesicht. »Das zumindest erfahrt ihr erst, wenn ich es will, Junge.« Er nickte bekräftigend und fuhr fort: »Und jetzt tretet vorsichtig näher. Ja, so. Steht einfach ruhig da, damit sie eure Witterung aufnehmen kann.«
    Tyler und Lucinda waren dicht an das Gitter herangetreten. Die Nasenlöcher des Drachen zuckten wie kleine Vulkane kurz vor dem Ausbruch. Lucinda musste sich mit aller Gewalt beherrschen, nicht wegzurennen. Der Geruch, die Größe … Sie hatte schreckliche Angst.
    »Bewegt euch langsam und vorsichtig, ja?«, sagte Gideon. »Sie hat sehr wenig Erfahrung mit Menschenkindern. Soweit wir wissen, hat sie bis heute außer Colin keine kennengelernt.«
    »Armer Drache«, sagte Tyler so leise, dass nur Lucinda es hören konnte.
    Der Drache fixierte Lucinda mit einem ausdruckslosen Blick. Das große Auge leuchtete rotgolden wie die Glut eines Feuers, und einen Moment lang befürchtete Lucinda, sie könnte in dieses Glühen hineinfallen, immer tiefer fallen und fallen, aller ohnmächtigen Gegenwehr zum Trotz … Sie wich zurück, denn wenn sie es nicht tat, spürte sie, würde sie gleich wieder losschreien. »Das ist doch verrückt«, sagte sie. »Alle hier tun so, als … als wäre das völlig normal! Aber …«
    »… das ist es nicht«, ergänzte Onkel Gideon. Das Licht spiegelte sich auf seinen Brillengläsern. Er sah belustigt und verärgert zugleich aus, eine merkwürdige Kombination. »Ja, ich fürchte, der Name ›Normale Farm‹ ist ein klein wenig irreführend.«
    »O Mann, feuerspeiende Kühe!«, sagte Tyler und lachte leicht überdreht. »Feuerspeiende Kühe! Jetzt kapier ich’s endlich!«
    Onkel Gideon nickte. »Aha, ihr habt das Buch also bekommen. Ich war schon in Sorge, ich hätte es nicht rechtzeitig aufgegeben. Gut. Offensichtlich geht es darin gar nicht um Kühe. Und ich möchte, dass ihr euch den Inhalt einprägt. Drachen sind durchaus anders als normale Tiere.«
    Lucinda war zumute, als würde ihr der Kopf zerspringen. »Aber das kann doch nicht wahr sein! Wenn das wirklich so wäre, dann müsste es in den Nachrichten sein … die Leute würden es wissen … es wäre im Fernsehen!«
    Jählings packte Onkel Gideon sie am Arm und schleifte sieund Tyler quer durch den Krankenstall. Er hielt ihr Handgelenk schmerzhaft fest umklammert, und sein Gesicht war rot vor Zorn. Erst draußen im Licht der Außenscheinwerfer ließ er sie beide abrupt los, so dass sie fast hingefallen wären. Aus dem Augenwinkel bekam Lucinda mit, dass die anderen ebenfalls herauskamen, aber niemand sagte etwas.
    Gideon hatte sich vor ihnen aufgebaut, und er sah gar nicht mehr wie ein exzentrischer alter Mann im Bademantel aus. Er

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